Ziel: Mit vorliegenden Studie sollten die Merkmale der Gelenkkinematik bei Patienten mit Kondylusrekonstruktion anhand einer Simulation ihrer Unterkieferbewegungen untersucht werden, die auf einer intraoralen Registrierung mittels Kieferregistriersystem und Intraoralscanner basierte.
Material und Methode: In die Studie wurden Patienten, bei denen eine unilaterale Unterkiefer-Segmentektomie und Kondylusrekonstruktion mit autogenem Knochen durchgeführt wurde, sowie gesunde Freiwillige aufgenommen. Die Eingruppierung erfolgte nach rekonstruierten bzw. nicht rekonstruierten Kondylen. Mit einem Kieferregistriersystem (zebris) wurden zunächst die Unterkieferbewegungen aufgezeichnet. Anhand dieses Registrats wurde die Gelenkkinematik in einem Modell simuliert. Die Neigung der Bahn des Kondylenpunktes, die Grenzbewegungen, die Kieferdeviation und der Kauzyklus wurden analysiert. Schließlich wurden ein t-Test und eine einfaktorielle Varianzanalyse durchgeführt.
Ergebnisse: Insgesamt wurden 20 Patienten, davon 6 mit Kondylusrekonstruktion und 14 mit Erhaltung des Kondylus, sowie 10 gesunde Freiwillige inkludiert. Die Patienten mit Kondylusrekonstruktion zeigten insgesamt flachere Bewegungsbahnen der Kondylenpunkte: Der mittlere Neigungswinkel dieser Bewegungsbahnen während der maximalen Kieferöffnung war nach einer Kondylusrekonstruktion (0,57 ± 12,54°) signifikant kleiner als nach einer Kondyluserhaltung (24,70 ± 3,90, p = 0,014), ebenso der Neigungswinkel während der Protrusion (Kondylusrekonstruktion: 7,04 ± 12,21°, Kondyluserhaltung: 31,12 ± 6,79°, p = 0,022). Bei den gesunden Freiwilligen betrug der Neigungswinkel der Kondylusbahn bei maximaler Kieferöffnung 16,81 ± 3,97° und in Protrusion 21,54 ± 2,80°, ohne statistische Signifikanz der Unterschiede zu den Patienten. Der Kondylus der betroffenen Seite neigte bei allen Patienten während der Kieferöffnung und Protrusion zu einer Deviation nach lateral. Patienten mit rekonstruiertem Kondylus wiesen eine stärkere Einschränkung der Mundöffnung und der Unterkieferbewegungen sowie kürzere Kauzyklen auf als Patienten mit erhaltenem Kondylus.
Schlussfolgerung: Patienten, die eine Kondylusrekonstruktion erhalten hatten zeigten flachere Bewegungsbahnen der Kondyluspunkte, einen größeren Umfang lateraler Bewegungen und kürzere Kauzyklen als Patienten mit erhaltenem Kondylus. Die verwendete Methode der Simulation der Unterkieferbewegungen auf Grundlage einer intraoralen Registrierung mittels Kieferregistriersystem und Intraoralscanner war in der Lage die Kondylenbewegungen adäquat zu simulieren.
Schlagwörter: Digitaltechnik, patientenspezifische Modellierung, Elektromyografie, Unterkiefertumor, Unterkieferzyklus, Bewegungsumfang, Kiefergelenk