Seiten: 127, Sprache: DeutschSchmidt, K. / Swoboda, H.Aufgrund der großen klinischen Bedeutung einer gezielten Auslösung der Knochenbildung - etwa bei der Frakturheilung, bei der Auffüllung von Defekten, bei der Augmentation atrophischer Skelettbereiche, bei Zysten, bei Tumoren, bei Mißbildungen, im Rahmen entzündlicher Prozesse oder bei Implantaten - hat sich dieses Arbeitsgebiet in den letzten Jahren stürmisch entwickelt. Dabei hat sich gezeigt, daß eine Vielzahl verschiedener Zytokine in vitro gewisse Aktivitäten im Sinne einer osteoblastischen Differenzierung von mesenchymalen Zellen erkennen lassen. In vivo sind die Resultate mit den isolierten Zytokinen jedoch bis heute bescheiden und die Nebenwirkungen unübersehbar, so daß eine klinische Anwendung kaum in Frage kommt. Anders ist die Situation bei der Anwendung geeignet zusammengesetzter Komplexe aus Matrixproteinen und Zytokinen, mit deren Hilfe sich die Knochenbildung in vivo kontrolliert auslösen läßt, ohne daß die bekannten Probleme einer Anwendung reiner Zytokine auftreten. In der vorliegenden Arbeit wird eine ausführliche Übersicht gegeben über einige an der osteoblastischen Differenzierung beteiligte Zytokine sowie über Matrixkomponenten und die als Substrat für die Differenzierung dienenden Zellen. Die durch matrixgebundene Zytokine ausgelöste induktive Knochenbildung wird den physiologisischen Prozessen der chondralen und desmalen (intramembranösen) Osteogenese gegenübergestellt, wie sie sich etwa während der Embryonalentwicklung abspielt, aber auch den resorptiven und formativen Phasen im Rahmen des physiologischen Remodelings des reifen Knochens. Querverbindungen zur Hämatopoese und zur Adipozytendifferenzierung sind unübersehbar. Es wird ersichtlich, daß matrikrine Mechanismen bei der physiologischen Regulation von Morpho- genese und Morphostase des Knochens eine große Rolle spielen und daß Komplexe von Matrixproteinen und Zytokinen ein hohes therapeutisches Potential in der rekonstruktiven Knochenchirurgie unter einer Vielzahl verschiedener Indikationen aufweisen.
Schlagwörter: Osteogenese, Osteoinduktion, Matrixproteine, Zytokine, Knochenstoffwechsel