Kieferorthopädie, 3/2024
Seiten: 207-215, Sprache: DeutschDelfs, Jesper / Chin, Shih-Jan / Böttcher, Angela / Kahl-Nieke, Bärbel / Vollkommer, Tobias / Schmid-Herrmann, Carmen / Smeets, Ralf / Gosau, MartinEinleitung: Der herkömmliche Herstellungsprozess von Trinkplatten für Neugeborene mit Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten birgt erhebliche Risiken, darunter die potenziell lebensbedrohliche Aspiration von Abformmaterial. Diese Arbeit stellt einen vollständig digitalen Workflow vor, der ein innovatives thermoelastisches Material verwendet und dadurch die Patientensicherheit, den Komfort und die Qualität der Platten durch verbesserte Präzision und Materialeigenschaften erhöht.Material und Methoden: Nach der Indikationsstellung für eine Trinkplatte wird ein intraoraler Scan durchgeführt, um die mit traditionellen Alginat- oder Silikonabformungen verbundenen Risiken zu vermeiden. Die Trinkplatte wird dann digital verarbeitet, geplant und mit einem 3-D-Drucker gedruckt. Nach dem Druck mit einem thermoelastischen Harz wird die Platte händisch ausgearbeitet, um eine optimale Passform und den größtmöglichen Komfort für den Patienten zu gewährleisten.Ergebnisse: Die digital hergestellten Platten weisen eine erhöhte initiale Passgenauigkeit auf und benötigen nur minimale Anpassungen am Patienten. Das thermoelastische Material erhöht den Patientenkomfort und reduziert Druckstellen im Vergleich zu herkömmlichen starren Kunststoffen. Darüber hinaus eliminiert der digitale Workflow das Aspirationsrisiko und die Notwendigkeit für wiederholte physische Abformungen.Diskussion: Der vollständig digitale Workflow zur Herstellung thermoelastischer Trinkplatten zeigt Verbesserungen gegenüber herkömmlichen Methoden. Es werden im Vergleich zu konventionell hergestellten Trinkplatten weniger Druckstellen und Frakturen verzeichnet. Obwohl es Herausforderungen beim Scannen kleiner Mundhöhlen oder komplexer Spaltdefekte gibt, stellen die Vorteile der digitalen Methode in Bezug auf Sicherheit, Genauigkeit und Qualität einen wertvollen Fortschritt in der Spaltversorgung dar.Schlussfolgerung: Der beschriebene digitale Workflow bietet eine vielversprechende Alternative zu herkömmlichen Methoden. Kontinuierliche Verfeinerungen und weitere Studien sind notwendig, um die Technik zu optimieren und die beobachteten Vorteile zu validieren.
Schlagwörter: CAD/CAM, digitaler Workflow, Trinkplatten, Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte, thermoelastisches Material, intraorales Scannen, 3-D-Druck
Kieferorthopädie, 4/2019
Seiten: 387-394, Sprache: DeutschSchmid, Carmen U. / Mahaini, Luai / Kahl-Nieke, BärbelEin ZwillingsvergleichDie Klasse-II-Anomalie stellt aufgrund ihrer hohen Prävalenz eine häufige kieferorthopädische Behandlungsindikation dar. Anhand eines eineiigen und somit genetisch identischen Zwillingspaars wird die Therapie der Klasse II mittels Vorschubdoppelplatte (VDP) und festsitzender Klasse-II-Mechanik (Sabbagh Universal Spring 2, SUS2) durch Überlagerung von Fernröntgenseitenbild(FRS)-Durchzeichnungen verglichen. Beide Patientinnen konnten erfolgreich in Klasse-I- Okklusion mit korrektem Overjet abgeschlossen werden. Es konnte gezeigt werden, dass mit beiden verwendeten Apparaturen effektiv die Klasse-II-Anomalie therapiert werden kann, wobei die orthopädische Wirkung der (bereits im späten Wechselgebiss und somit während des puberalen Wachstumsspurts einsetzbaren) Vorschubdoppelplatte gegenüber der festsitzenden Klasse-II-Mechanik dominiert. Die Entscheidung, welches Gerät zur Klasse-II-Therapie verwendet wird, sollte immer eine individuelle Fallentscheidung sein unter Berücksichtigung von Gebissentwicklungsphase bzw. Restwachstum, zu erwartender Compliance sowie dem Ausmaß der skelettalen bzw. dentoalveolären Anomalie.
Schlagwörter: Klasse II, Vorschubdoppelplatte, bissverlagernde Feder, Sabbagh Universal Spring, Zwillingsvergleich
Kieferorthopädie, 3/2019
Seiten: 251-261, Sprache: DeutschSchmid, Carmen U. / Kahl-Nieke, BärbelEin ÜbersichtsartikelDie unterminierende Resorption stellt einen relevanten, folgenschweren, aber nicht selten übersehenen Befund im frühen Wechselgebiss dar. Der Vorteil einer frühzeitigen Intervention ist die Prävention von Milchzahnverlust, Stützzoneneinengung und Mittellinienverschiebung. Je nach Ausprägungsgrad stehen verschiedene milchzahnerhaltende oder nicht milchzahnerhaltende Therapieoptionen zur Verfügung, die in diesem Übersichtsartikel dargestellt werden: Bei der unterminierenden Resorption der Milcheckzähne durch die lateralen Inzisivi stellt häufig die symmetrische - gegebenenfalls zeitversetzte - Extraktion der Milcheckzähne die Therapie der Wahl dar. In Regio der zweiten Milchmolaren stehen die approximale Schmelzreduktion, das Einbringen von Separiergummis, Drahtligaturen oder Separatoren oder die aktive Distalisierung mittels Teilmultiband-Bracket-Apparatur, Pendulum oder Halterman-Apparatur zur Verfügung. Muss der zweite Milchmolar extrahiert werden oder es kommt zur Exfoliation, ist bei Anlage des zweiten Prämolaren eine Distalisation beziehungsweise Aufrichtung des Sechsjahrmolaren - beispielsweise mittels einer aktiven Platte - zur Verhinderung der Stützzoneneinengung indiziert.
Schlagwörter: Unterminierende Resorption, Separator, Teilmultiband-Bracket-Apparatur, Halterman-Apparatur, aktive Platte
Es besteht kein Interessenkonflikt.
Kieferorthopädie, 2/2019
Seiten: 163-168, Sprache: DeutschSchmid, Carmen / Moeller, Richard-Tobias / Kahl-Nieke, BärbelDie Phlegmone stellt in der kieferorthopädischen Praxis eine extrem seltene, aber schwerwiegende Komplikation einer Stichverletzung mit einem kieferorthopädischen Bogen dar. Der Fallbericht zeigt eine Stichverletzung im Bereich der Grundgelenkbeugefalte mit einem Stahlbogen. Die sich zunächst als minimal darstellende Verletzung entwickelte sich im weiteren Verlauf zu einer Beugesehnenscheidenphlegmone mit typischen Symptomen. Es erfolgte eine chirurgische Revision unter Plexusanästhesie mit Keimabstrich, Spülung, Drainage und Hautnaht sowie einer keimspezifischen Antibiose. Entscheidend sind im Falle einer Beugesehnenscheidenphlegmone eine frühzeitige Vorstellung beim Durchgangsarzt bzw. die handchirurgische Revision und der Einsatz von keimspezifischen Antibiotika, um gravierenden Folgen vorzubeugen. Präventiv empfehlen sich ein vorsichtiger Umgang mit kontaminiertem spitzem Instrumentarium und Materialien, die Optimierung der Mundhygiene vor und während der Multiband-Bracket-Behandlung sowie eine Spülung mit Chlorhexidindigluconat-Lösung vor Behandlungsbeginn zur Bakterienreduktion.
Schlagwörter: Beugesehnenscheidenphlegmone, Handinfektion, Stichverletzung, Stahlbogen, Arbeitsunfall
Dentista, 3/2018
FokusSeiten: 34-35, Sprache: DeutschKahl-Nieke, BärbelEin StatementSeit Jahrzehnten wird Kieferorthopädie ohne Altersgrenzen angeboten, was sich auch auf internationalem Kongressparkett in den Vorträgen sowie in den internationalen wissenschaftlichen Zeitschriften widerspiegelt. Dies bedeutet aber keinesfalls, dass der Patient bzw. seine Eltern sich den Zeitpunkt zur kieferorthopädischen Therapie wirklich aussuchen können. Ganz im Gegenteil: Es ist die fachzahnärztliche Kunst, ein individuelles optimales Timing zu planen und anzubieten, was in angemessener Zeit effizient stabile Behandlungsergebnisse erzielt.