Seiten: 9-28, Sprache: Englisch, DeutschSchindler, Hans J. / Türp, Jens ChristophKlinische Implikationen für die Therapie mit OkklusionsschienenDie Kiefermuskulatur zeichnet sich durch funktionelle, histochemische und mikromorphologische Besonderheiten aus, die sie wesentlich von der quergestreiften Muskulatur des Rumpfes und der Extremitäten unterscheidet. Insbesondere die Ausstattung der Muskelfasern mit einer redundanten Vielfalt an Kombinationen von Myosin-Isoformen verleiht dieser Muskulatur ein schier unerschöpfliches Repertoire unterschiedlicher Kontraktionseigenschaften. Zusammen mit der heterogenen Aktivierbarkeit, die es gestattet, sehr diskrete Kraftvektoren innerhalb des individuellen Muskels zu generieren, stellt dies die Grundlage für die äußerst anspruchsvolle feinmotorische Kapazität der Kaumuskeln dar. Ihre differenzierte innere Struktur bietet darüber hinaus einen Ansatzpunkt für wissenschaftlich begründete Hypothesen, die einerseits die Entstehung von Muskelläsionen, andererseits aber auch die Wirkungsweise von Okklusionsschienen bei der Therapie myofaszialer Schmerzen plausibel erklären können.
Schlagwörter: Kiefermuskulatur, differenzierte Aktivierung, Muskelschmerz, temporomandibuläre Dysfunktion, Schienen
Seiten: 29-41, Sprache: Englisch, DeutschLeckel, Michael / Rammelsberg, Peter / Schmitter, MarcFolgende Fragestellungen sollten bei Patienten mit kraniomandibulären Dysfunktionen (CMD) in Bezug auf einen ausgedehnten muskuloskelettalen Schmerz untersucht werden: In welchem Ausmaß sind CMD-Patienten und symptomfreie Probanden von Nacken- und Rückenschmerz betroffen? Existieren Unterschiede zwischen Patienten und Probanden? Gibt es außerdem Unterschiede zwischen CMD-Untergruppen, die durch myofaszialen Schmerz, Erkrankungen des Kiefergelenks bzw. eine Kombination aus beidem charakterisiert sind? Zu diesem Zweck wurden 134 Patienten mit CMD und eine Kontrollgruppe mit 38 symptomfreien Probanden in Bezug auf die Intensität des CMD-bezogenen Schmerzes sowie auf das Vorhandensein von Nacken- und Rückenschmerz untersucht. Patienten mit muskulären und kombiniert muskulär-arthrogenen Beschwerden waren signifikant häufiger von Nacken- und Rückenschmerz betroffen als CMD-freie Probanden. Patienten, die nur gelenkbezogene Diagnosen aufwiesen, unterschieden sich nicht signifikant von der Kontrollgruppe. Die Gruppe der Patienten mit muskelbezogenen und kombinierten Diagnosen gab signifikant höhere Werte für CMDbezogene Schmerzintensität an als die Gruppe mit arthrogenen Beschwerden. Die Analyse der Daten mittels multivariater logistischer Regression ergab, dass das Kriterium "myofaszialer Schmerz der Kaumuskulatur" der vorhersagekräftigste Parameter für das gleichzeitige Auftreten von Nacken- und Rückenschmerz war. Das gleichzeitige Vorhandensein von Gelenkdiagnosen und myofaszialem Schmerz ergab im Vergleich zur Kontrollgruppe ebenfalls ein erhöhtes Risiko für ausgedehnten muskuloskelettalen Schmerz. Hingegen zeigte sich, dass das ausschließliche Bestehen von Gelenkdiagnosen ohne myofaszialen Schmerz nicht mit einem erhöhten Ausmaß an Nacken- und Rückenschmerz einherging. Hinsichtlich des Auftretens von Nacken- und Rückenschmerz bei CMD-Patienten existieren signifikante Unterschiede zwischen verschiedenen CMD-Subgruppen, die durch Gelenkbeschwerden und/oder myofaszialen Schmerz der Kaumuskulatur gekennzeichnet sind. Dies könnte mit unterschiedlichen Reaktionslagen der nozizeptionsverarbeitenden Anteile des Nervensystems zusammenhängen, was wiederum in unterschiedlichen Intensitätsgraden und Verteilungsmustern des muskuloskelettalen Schmerzes auch in anderen Körperregionen seinen Niederschlag finden könnte.
Schlagwörter: Orofazialer Schmerz, muskuloskelettaler Schmerz, kraniomandibuläre Dysfunktionen, Nackenschmerz, Rückenschmerz, ausgebreiteter Schmerz
Open AccessSeiten: 43-55, Sprache: Englisch, DeutschPeroz, Ingrid / Herrligkoffer, Klaus / Lange, Klaus-PeterHintergrund: Die Magnetresonanztomografie (MRT) gilt als Goldstandard zur Darstellung von Diskusverlagerungen (DV). Ziel der Untersuchung war es, Patienten mit MRT-verifizierter DV ohne Reposition nach Schienentherapie klinisch und MRT-basiert nachzuuntersuchen.
Patienten und Material: Von 28 Patienten mit DV ohne Reposition lagen zum Zeitpunkt des Therapiebeginns erstellte sowie bei der Zweituntersuchung nach einer mittleren Beobachtungszeit von 23,3 Monaten angefertigte MRT-Aufnahmen vor. Alle Patienten waren konservativ therapiert worden. Diskus, Kondylus, Fossa articularis, Lagebeziehung des Kondylus in der Fossa, Translation des Kondylus und das Vorhandensein von Gelenkergüssen wurden morphologisch in parasagittalen Schichtaufnahmen beurteilt.
Ergebnisse: Muskeldruckdolenzen, Schmerzintensität und Kieferöffnungsweite verbesserten sich nach der Schienentherapie signifikant. Der Kondylus zeigte signifikant zunehmende degenerative Veränderungen, die Translation des Kondylus nahm zu und eine etwaige Ergussbildung nahm ab. Die Diskusform, die Kondyluslage und der Grad des Internal Derangements zeigten keine signifikanten Veränderungen.
Schlussfolgerung: Trotz Schienentherapie konnten morphologische Veränderungen bei DV ohne Reposition nicht verhindert werden, während sich die klinische Situation deutlich verbesserte.
Schlagwörter: Diskusverlagerung ohne Reposition, Magnetresonanztomographie, kraniomandibuläre Dysfunktion, Internal Derangement
Seiten: 57-76, Sprache: Englisch, DeutschAhlers, M. Oliver / Jakstat, Holger A.Computergestützte Diagnostik ermöglicht individuelle Auswertung, Therapieplanung und PatienteninformationFunktionsdiagnostische Maßnahmen werden heute stufenweise indiziert und erbracht. Bei begründetem Verdacht auf das Vorliegen einer kraniomandibulären Dysfunktion (CMD) steht am Anfang der Diagnostik-Kaskade die "klinische Funktionsanalyse". Wesentliche Bestandteile dieser Untersuchung sind seit Jahrzehnten bekannt. Seit den 1990er Jahren neu hinzugekommen sind Anforderungen, in Erweiterung der klinischen Untersuchung nach Anzeichen für eine Beteiligung psychosomatischer und orthopädischer Einflüsse zu suchen. Für die Auswertung der Untersuchung stehen heute computergestützte Systeme zur Verfügung, welche die gefundenen Befunde den passenden Diagnosen zuordnen helfen (CMDfact). Die selben Daten können auch für neue Beratungssysteme und in evidenzbasierten Expertensystemen zur Therapieplanung eingesetzt werden. Davon ableiten lassen sich zudem Systeme zur halbautomatischen Erstellung von Untersuchungsberichten an überweisende Kollegen (Arztbrief-Assistent CMD). Mit den Ergebnissen der klinischen Funktionsanalyse abzugleichen sind die Befunde bildgebender Untersuchungen. Computergestützte Systeme für diesen Zweck stehen kurz vor der klinischen Anwendung (CMDtomo), und Systeme zur Verarbeitung instrumenteller Befunde befinden sich in der Entwicklung (CMD3D). Absehbar ist daher, dass die Bedeutung der klinischen Funktionsanalyse eher noch zunehmen wird, weil softwaregestützte Diagnoseinstrumente dem Praktiker die Auswertung der Befunde erleichtern und ihn somit in die gleiche Situation einer kollegialen Abstimmung versetzen werden, wie sie theoretisch an spezialisierten Zentren gegeben ist.
Schlagwörter: Klinische Funktionsanalyse, kraniomandibuläre Dysfunktion, CMD-Screening, computergestützte Dokumentation