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Individualität pflegen und trotzdem gemeinschaftliche Ziele im Team erreichen

(c) Ariya J/Shutterstock.com

In einem zahnärztlichen Team arbeiten ganz unterschiedliche Persönlichkeiten, Generationen und Nationalitäten zusammen. Diese Unterschiede beeinflussen die Zusammenarbeit im Team.

Die meisten Menschen sind überzeugt, dass ihre eigene, natürlich subjektive Sichtweise auf die Welt die (einzig) richtige ist. Weit gefehlt! Menschen ticken ganz unterschiedlich, haben ihre eigenen Werte und Persönlichkeitsstrukturen. Das setzt im Team viel Verständnis füreinander voraus, denn die Akzeptanz für andere Denk- und Verhaltensweisen sollte im Team vorhanden sein.

Es macht durchaus Sinn, Energie in das Design einer förderlichen Teamkultur zu stecken, in der die „Andersartigkeit“ von Kollegeninnen und Kollegen akzeptiert und als Bereicherung, nicht als Bedrohung empfunden wird.

Im „Team Journal – Präventionsmedizin und Oralprophylaxe“ wird das Fachwissen vermittelt, das ZMP, DH, Zahnärztinnen und -ärzte und alle Fortbildungswilligen für einen erfolgreichen Arbeitsalltag brauchen. Besonders hervorzuheben ist der Fokus auf die Präventionsmedizin in der Rubrik „Interdisziplinär“, die den Patienten als Ganzes betrachtet. Mehr Infos zur Zeitschrift, zum Abo und zum Bestellen eines kostenlosen Probehefts finden Sie im Quintessenz-Shop.

Andere Menschen – andere Verhaltensweisen

Es gibt eine Vielzahl von Persönlichkeitsmerkmalen, die Menschen voneinander unterscheiden. Da sind zum Beispiel die Introvertierten, ruhigen, zurückhaltenden Personen, die von anderen oft als zögerlich, unsicher oder gar langweilig empfunden werden, was deren Persönlichkeit jedoch nicht gerecht wird. Die Extrovertierten sind häufig die Tonangeber im Team, werden als stark und entscheidungsfreudig wahrgenommen, während andere sie eher als zu laut, zu fröhlich und zu oberflächlich wahrnehmen.

Wie kommt diese unterschiedliche Wahrnehmung zustande? Andere Verhaltensweisen als die eigene erstaunen, ja irritieren uns. Während wir in bestimmten Situationen auf unsere ganz eigene Weise reagieren, verhalten sich andere ganz anders. Wir verstehen nicht, warum sie oder er nicht ähnlich wie wir handeln oder denken.

Auch Personen aus unterschiedlichen Generationen verhalten sich in bestimmten Situationen unterschiedlich. In jeder Generation gibt es andere Werte und Verhaltensweisen, die Menschen und deren Verhalten prägen.

Perfektion trifft Kreativität

Einzelne Persönlichkeitsmerkmale prägen einen Menschen stark. Wer das Streben nach Ordnung in seiner Persönlichkeit sehr ausgeprägt hat, braucht Organisation, Struktur und arbeitet vorausplanend. Überraschungen im Arbeitsalltag vermeiden solche Persönlichkeiten durch akribische Planung. Oft werden sie von anderen auch als perfektionistisch und stur wahrgenommen, weil sie wenig Toleranz für kreative, unorthodoxe Handlungsweisen aufbringen können. Umgekehrt fehlt dieses Verständnis meist ebenso.

In der Motivationsforschung gibt es weitere Werte, wie zum Beispiel „Einfluss“. Menschen, die durch dieses Motiv geprägt sind, wollen Führung und Verantwortung übernehmen. Diese Persönlichkeit lebt und arbeitet am liebsten selbstbestimmt, fühlt sich unabhängig und lässt sich ungern von anderen etwas sagen. Sie wird Unverständnis ernten von der Kollegin, die sich lieber abspricht und sich gerne im Team einbringt, sich dem Team oft sogar bereitwillig unterordnet. Wen mag es verwundern, dass es bei solch unterschiedlichen Persönlichkeitsausprägungen zu Unverständnis füreinander und zu Konflikten kommen kann?

Unterschiedlichkeit als Teambereicherung nutzen

Nun könnte man die Liste unterschiedlicher Persönlichkeitsmerkmale endlos weiterführen und vergleichen, was an dieser Stelle jedoch nicht möglich ist. Interessierte finden am Ende des Beitrags weiterführende Links zum Thema.

Wichtig zu wissen ist, dass Menschen unterschiedliche Motivausprägungen haben, sie Dinge und Situationen anders wahrnehmen als Sie selbst, ihnen andere Dinge wichtig sind und sich anderen Werten verpflichtet fühlen.

Für das Team heißt das, andere Persönlichkeiten müssen in ihrer Einzigartigkeit bedingungslos akzeptiert werden. Und zwar gänzlich ohne Wertung. Das eine Verhalten ist nicht besser als das andere – sondern spiegelt einfach die jeweilige Persönlichkeitsstruktur wider. Diese kann man nicht ändern – man kann aber lernen, damit umzugehen, indem man sich austauscht, sich besser kennenlernt, um sich dadurch besser versteht.

Das Zwiebel-Modell unserer Persönlichkeit

Unsere Lebensmotive, also die Werte, die unserem Handeln in ganz unterschiedlicher Ausprägung zugrunde liegen, sind tief in unserer Persönlichkeit verankert und prägen den einzelnen Menschen in hohem Maße. Lebensmotive sind laut aktueller Persönlichkeitsforschung (zum Beispiel Reiss Motivation Profile) ab dem 14. Lebensjahr festgelegt und ändern sich nicht mehr wesentlich. Hinzu kommen die Glaubenssätze, die uns prägen und ebenfalls tief in uns verankert sind. Sie entstehen in der Erziehung, aus Erfahrungen und aus unserem sozialen Umfeld.

Nicht so tief in unserer Persönlichkeit verankert und deshalb veränderbar sind Fähigkeiten und Verhalten. Und genau an diesen beiden Faktoren kann man sehr gut ansetzen, um eine erfolgreiche Teamkultur zu entwickeln (Grafik).

Fähigkeiten und Verhalten passend zur Praxis entwickeln

Wir verstehen nun, dass die Persönlichkeit nicht verändert werden kann, das Verhalten jedoch schon. Aus einer ordnungsliebenden, strukturierten Kollegin wird wohl kaum eine flippige, chaotische Person werden, die auch mal „Fünfe gerade sein lässt“.

Aber – und das ist die gute Nachricht – auf Fähigkeiten und Verhalten haben wir Einfluss und sollten diesen auch ganz gezielt einsetzen. So kann von Kollegeninnen/Kollegen erwartet werden, Rücksicht auf die strukturiert arbeitende Kollegin zu nehmen, indem sie nicht zu häufig gestört wird. Und die perfektionistische Kollegin muss akzeptieren, dass die Kollegin einen anderen, jedoch ebenso erfolgreichen Weg zur Lösung einer Aufgabe wählt als sie selbst.

Vorgehensweisen tolerieren, nicht missionieren

Will heißen: Rücksicht nehmen, andere Vorgehensweisen tolerieren und andere nicht missionieren. Denn wichtig ist das Ergebnis – nicht der Weg dorthin.

Sie als Mitarbeiterin/Mitarbeiter prägen das Bild der Praxis stark mit. Ihre Fähigkeiten, Ihr Verhalten repräsentiert die Praxis nach außen. Verständlich, dass diese Außenwirkung nicht nach Ihren Vorstellungen, sondern im Sinne der Praxis erfolgen sollte, ja erfolgen muss. Was heißt das nun im Teamalltag?

Jede und jeder wird nach ihren/seinen Fähigkeiten eingesetzt, Talente werden erkannt und ausgebaut. Und es wird ein einheitlicher Verhaltenskodex als Basis der Zusammenarbeit gepflegt.

Eine Investition in das Team, die sich auszahlt
Wer Interesse an seinem Persönlichkeitsprofil hat, melde sich gerne. Das Ausfüllen der Fragen geht online, das Auswertungsgespräch ebenso. Mehr zum Thema finden Sie unter praxis-knigge.de und www.rmp.eu

1. Fähigkeiten erkennen, fördern und gezielt einsetzen

Jemand, der entgegen seiner Persönlichkeitsstruktur arbeiten muss, wird mehr Anstrengung benötigen, um die erwünschte Leistung zu erzielen. Was nicht heißt, dass die ruhige und zurückhaltende Kollegin nicht die Rezeption übernehmen kann. Es kommt darauf an, Fähigkeiten weiter zu entwickeln, die für eine Position wichtig sind. Und hier kann gezieltes Training und Coaching helfen, aber auch die Unterstützung des Teams.

Beispiel: Die langjährige Rezeptionskollegin verlässt die Praxis, die Stelle muss neu besetzt werden. Die Praxisleitung will ganz bewusst keine neue Mitarbeiterin dafür einstellen, damit Patienteninnen/Patienten ein bekanntes Gesicht an dieser wichtigen Position vorfinden.

Kollegin A ist extrovertiert und kommunikativ, sodass sie auf den ersten Blick gut für den Job an der Rezeption geeignet scheint. Doch sie ist oft unorganisiert, „verquatscht“ sich gerne und verliert unter Stress leicht den Überblick und den Sinn für Prioritäten. Ihr wird die Stelle deshalb vorerst nicht angeboten.

Persönlichkeitstraining für den „letzten Schliff“

Kollegin B ist eher ruhig und zurückhaltend, manchmal ein bisschen zu leise, aber gut strukturiert, kann Prioritäten setzen und bleibt auch in stressigen Situationen ruhig und überlegen. Sie hat Interesse an der neuen Herausforderung und akzeptiert, dass sie dafür einige Fähigkeiten hinzuerwerben beziehungsweise ausbauen muss.

Strukturiert zu arbeiten und dabei Prioritäten setzen zu können sind ideale Voraussetzungen für die Arbeit an der Rezeption. Sie bekommt ein Persönlichkeitstraining, in dem sie lernt, kompetent und sicher aufzutreten, ihre kommunikativen Fähigkeiten werden durch einen entsprechenden Kurs und ein Stimmtraining optimiert. Und die Talente der extrovertierten Kollegin werden in anderen Bereichen zum Einsatz kommen.

So erfolgt eine gekonnte Verknüpfung zwischen vorhandenen Lebensmotiven und der Förderung von Fähigkeiten. Das ist für Praxis und Mitarbeiterin ideal.

2. Verhalten trainieren

Das Verhalten jeder einzelnen Mitarbeiterin und jedes einzelnen Mitarbeiters kann nicht ihr/ihm selbst überlassen werden. Sowohl für den kollegialen Umgang im Team als auch mit Patienteninnen/Patienten, der Chefin/dem Chef etc., sollte es Vorgaben geben. So wird sichergestellt, dass sich alle im Sinne der Praxis verhalten und damit ein exzellenter Außenauftritt gewährleistet ist. Und dass im Team ein wertschätzender Umgang gepflegt wird. Denn auch den Umgang im Team kann man erlernen und optimieren (Teamimpulse 2024 – Chancen für das gesamte Team).

Bewährt haben sich Verhaltens- und Prozesstrainings für immer wiederkehrende Situationen im Praxisalltag, zum Beispiel:

  • Empfang von Patienteninnen/Patienten an der Rezeption, Telefonkommunikation
  • Aufruf aus dem Wartezimmer, Betreuung im Behandlungszimmer
  • Verhalten in schwierigen Patientensituationen, zum Beispiel im Beschwerdefall
  • Verhalten bei Unstimmigkeiten bei Teamkonflikten
  • Umgang mit eigenen Fehlern und Fehlern anderer
  • Verwendung positiver Sprachmuster

Verhaltensregeln geben Sicherheit

Oft werden Regeln oder Vorgaben als überflüssig oder gar spießig empfunden. Doch Verhaltensregeln geben Sicherheit im Praxisalltag. Nur wer weiß, welches Verhalten erwünscht ist, kann diese Erwartungen auch erfüllen.

Die Erkenntnisse aus der Motivationspsychologie machen eindrücklich klar, dass Menschen sich in bestimmten Situationen sehr unterschiedlich verhalten können. Und dies nicht immer im Sinne der Praxis oder des Teams. So ist ein einheitlicher Verhaltenskodex eine gute Lösung, die Praxis und Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter gleichermaßen nützt. Natürlich muss eine regelmäßige Auffrischung (zum Beispiel einmal jährlich) erfolgen, insbesondere, wenn neue Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter, Azubis oder Zahnärztinnen/Zahnärzte ins Team kommen. Am besten wird der Kodex in das Praxis -QM aufgenommen und jedem neuen Teammitglied ausgehändigt.

Verhaltensregeln müssen von allen mitgetragen werden

Fazit: Eine förderliche Teamkultur hat viele Einflussfaktoren. So sollten Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter die Werte der Praxis teilen, gemeinsame Ziele verfolgen und einen wertschätzenden Umgang pflegen. Dies gelingt, indem unterschiedliche Persönlichkeiten in ihrer Andersartigkeit akzeptiert, aber nicht be- oder abgewertet werden.

Um eine zufriedenstellende Zusammenarbeit zu gewährleisten, braucht es gemeinsame Verhaltensregeln als Orientierungshilfe. Diese müssen von allen mitgetragen werden, besonders Führungskräfte und die Chefin/der Chef sind hier Vorbilder.

Wenn dann noch die Möglichkeiten bestehen, eigene Fähigkeiten und Talente auszubauen sowie einen regelmäßigen Austausch zu pflegen, stehen die Zeichen gut, dass ein leistungswilliges, persönlichkeitsorientiertes und tolerantes Miteinander entsteht.

Teamkultur ist also keine leere Worthülse, sondern vielmehr ein Projekt, an dem latent gearbeitet werden muss. Störungen erkennen, miteinander reden, einen ehrlichen und vertrauensvollen Umgang pflegen, Regeln akzeptieren sind unverzichtbare Basics dafür.

Sybille David-Hebgen bietet seit 1984 zahnärztliche Praxisberatung und hat 2012 das Praxisknigge-Konzept entwickelt. Zu ihrem Angebot gehören Seminare, Workshops, Praxisberatung, Coaching von Teams, Einzelcoaching für Zahnärztinnen/Zahnärzte und Führungskräfte und sie ist als Praxisknigge-Lehrcoach tätig.
Seminarthemen und Praxistrainings gibt es zu den Themen Kommunikation, Service-Exzellenz/Praxisknigge, Mitarbeiter-Trainings (Patientenkommunikation, Beschwerdemanagement,), Teamkultur und Rezeptionstraining. Sie ist Personalanalytikerin Reiss Profile (RMP-Master) und erstellt Persönlichkeitsanalysen für Zahnärztinnen und Zahnärzte, insbesondere in Mehrbehandlerpraxen. David-Hebgen ist zudem Buchautorin von Der Praxisknigge, Der Azubiknigge und Der Rezeptionsknigge sowie regelmäßige Fachautorin in namhaften Fachmedien.
Bei Interesse – zum Beispiel an einem Praxisknigge-, Team-, Rezeptions- oder Azubi-Training – wenden Sie sich bitte an die Autorin des Beitrags.
Kontakt: Sybille David-Hebgen, Zahnärztliche Praxisberatung/Praxisknigge, www.praxis-knigge.de

Quelle: Team Journal 5/2021 Praxisführung Team