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Verfügbare Vitalitäts- und Sensibilitätstest können nicht zwischen reversibler und irreversibler Pulpitis unterscheiden

Sensibilitätstestung mit einem Kältespray über die Applikation mit einem Schaumstoffpellet.

Die Beurteilung des pulpalen Infektions- und Entzündungsgrades über eine korrekte Diagnose des Status der Pulpa ist für den Erfolg bei vitalerhaltenden Maßnahmen oder der Schmerztherapie wichtig. Die Basis der Diagnostik des Pulpastatus stellen seit jeher Sensibilitätstests dar, die Rückschlüsse auf die Vitalität des untersuchten Zahns zulassen sowie eine Abgrenzung zwischen gesundem und erkranktem Pulpagewebe erlauben. Allerdings sind alle verfügbaren Tests mit Ungenauigkeiten assoziiert und korrelieren bisweilen nur unzureichend mit den histologischen Befunden der Pulpa. Wie sich aus der Kombination von Anamnese, klinischer Untersuchung, erweiterten Tests und radiologischer Untersuchung die aktuelle Pulpadiagnostik generiert und welche Fragen bisher noch nicht diagnostisch beantwortet werden können, stellen Prof. Sebastian Bürklein et al. in ihrem Beitrag für die Endodontie 2/21 zur Diskussion.

Fast jede zahnärztliche Maßnahme tangiert das endodontische System, und jährlich ca. zehn Millionen in Deutschland durchgeführte Wurzelkanalbehandlungen belegen den Stellenwert der Endodontie in der Zahnmedizin. Die Zeitschrift „Endodontie“ hält ihre Leser dazu „up to date“. Sie erscheint vier Mal im Jahr und bietet praxisrelevante Themen in Übersichtsartikeln, klinischen Fallschilderungen und wissenschaftlichen Studien. Auch neue Techniken und Materialien werden vorgestellt. Schwerpunkthefte zu praxisrelevanten Themen informieren detailliert über aktuelle Trends und ermöglichen eine umfassende Fortbildung. Die „Endodontie“ ist offizielle Zeitschrift der Deutschen Gesellschaft für Endodontologie und zahnärztliche Traumatologie (DGET), des Verbandes Deutscher Zertifizierter Endodontologen (VDZE) und der Österreichischen Gesellschaft für Endodontie (ÖGE). Abonnenten erhalten kostenlosen Zugang zur Online-Version (rückwirkend ab 2003 im Archiv) und zur App-Version. Mehr Informationen zur Zeitschrift, zum Abonnement und kostenlosen Probeexemplaren im Quintessenz-Shop.

Einleitung

Mit Zahnschmerzen als Leitsymptom suchen Patientinnen und Patienten in der Regel zahnärztliche Notdienste auf. Jedoch ist im klinischen Alltag die Differenzierung zwischen einer vitalen und lediglich reversibel erkrankten Pulpa und einer vitalen, aber irreversibel erkrankten Pulpa nicht immer eindeutig möglich. Im diagnostischen Prozess, bestehend aus den Ergebnissen der Anamneseerhebung (allgemein und speziell) und der klinischen Untersuchung, werden letztlich Abweichungen von der vermeintlichen Norm aufgezeigt. Deshalb erfolgt die Diagnose des Pulpazustands stets aus der Synthese von Anamnese, klinischer Untersuchung, erweiterten Tests und radiologischer Untersuchung und kann nicht nur als Ergebnis eines einzelnen bestimmten Tests angesehen werden. 

Die Histologie stellt zwar die beste Methode zur Bestimmung des Entzündungszustands von Pulpagewebe dar1,2, kann als ein invasives Verfahren jedoch nicht als Mittel der Wahl angesehen werden, da es mit einer Vitalerhaltung der Pulpa oder einer anderen klinischen Therapie des Zahns nicht kombinierbar ist. Klinisch relevant ist durch das Zusammentragen aller diagnostischen Ergebnisse die Differenzierung zwischen reversibler und irreversibler Pulpitis. Der Entzündungszustand stellt einen klinisch relevanten Indikator für das pulpale Regenerationspotenzial dar. Während man bei der reversiblen Pulpitis erwartet, dass sich die Pulpa nach Entfernung des verursachenden Reizes erholt, ist dies im Gegensatz dazu bei einer irreversiblen Entzündung eher nicht der Fall. Folgende Pulpazustände sind klinisch relevant:

  • gesunde Pulpa,
  • reversibel entzündete Pulpa,
  • irreversibel entzündete Pulpa,
  • Pulpanekrose.

Leider korrelieren alle verfügbaren Diagnoseverfahren zur zuverlässigen Identifikation des Entzündungsstadiums der Pulpa nur bedingt mit deren histologischem Zustand3. Nach wie vor gehört die Sensibilitätsprüfung zu den wichtigsten Hilfsmitteln bei der Diagnose pulpaler Erkrankungen und apikaler Parodontitiden. In der Begrifflichkeit werden fälschlicherweise Sensibilität (= nervale Versorgung der Pulpa) und Vitalität (= Versorgung der Pulpa mit Blut und Blutgefäßen [Durchblutung]) häufig als Synonyme gebraucht. 

Pulpatests

Einfach, objektiv, standardisiert, reproduzierbar, nicht schmerzhaft, verletzungsfrei, genau und kostengünstig sollte der ideale Test sein, um den Zustand der Pulpa zu beurteilen. Thermische Sensibilitätstests, wie zum Beispiel Kältetests (Kältespray, CO2-Schnee), Wärmetests (­erwärmtes Wasser, warme Guttaperchastange) (Abb. 1 bis 3), oder elektrische Pulpatestgeräte (EPT) (Abb. 4 und 5) werden in der Endodontie meist eingesetzt. Letztlich wird beurteilt, ob es auf einen entsprechenden Stimulus eine Reaktion gibt oder nicht. Wenn Pulpanervenfasern eine Reizweiterleitung generieren, kann die Pulpa als vital und möglicherweise überlebensfähig beurteilt werden.

Für die Vitalerhaltung ist die Nutrition beziehungsweise Blutversorgung der Pulpa elementar, um die Nervenfasern am Leben und funktionstüchtig zu halten. Wenn also die Sensibilitätsprobe positiv ausfällt, ist mit einer hohen Wahrscheinlichkeit ebenfalls davon auszugehen, dass die Vitalität der Pulpa gegeben ist. Im Idealfall sollte im Sinne von Bestätigungstests eine Kombination aus verschiedenen Pulpatests verwendet werden. Die Durchblutung ist das genaueste Kriterium zur Bestimmung der Pulpavitalität, da sie Auskunft darüber gibt, ob das Pulpagewebe vital oder nekrotisch ist4. Laser- oder ultraschallgestützte Durchflussmessungen – beruhend auf dem Doppler-Effekt – oder Messungen mit der Pulsoxymetrie erlauben prinzipiell eine direkte Bewertung der Durchblutung des Zahns.

Innervation des Pulpa-Dentin-Komplexes

Odontoblasten, Fibroblasten, undifferenzierte mesenchymale Zellen sowie neutrophile Granulozyten, dendritische Zellen und gelegentlich Makrophagen gehören zu den Zellen des pulpalen Gewebes. Innerhalb der koronalen Pulpa divergieren die Nervenbündel. Zur Pulpa-Dentin-Grenze hin verzweigen sie sich und bilden dort ein Netzwerk (Raschkow-Plexus), aus dem die Endaxone nach der Passage der zellfreien Zone (Weil‘sche Zone) teilweise als freie Nervenenden die Odontoblastenzellschicht durchlaufen und das Dentin erreichen5–7. Zu verstehen, wie die Mechanismen der pulpalen Innervation funktionieren, erleichtert die Interpretation der Testergebnisse zum Pulpa­status:

Mit den myelinisierten (A-Fasern) und nicht myelinisierten Fasern (C-Fasern) finden sich zwei Arten von sensorischen Fasern in der Pulpa. Während sich die C-Fasern im Pulpagewebe befinden, durchdringen die A-Fasern überwiegend das Dentin und sind entsprechend ihres Durchmessers und ihrer Leitungsgeschwindigkeiten untergliedert in Aβ- und Aδ-Fasern. Die Aβ-Fasern reagieren empfindlicher auf Stimulationen als die Aδ-Fasern, die etwa 90  Prozent der A-Fasern ausmachen8. Die neuronale Dichte ist im Bereich der Pulpahörner am größten, deshalb empfiehlt es sich, dort den Stimulus (Sensibilitätstest) zu platzieren8. Aktiviert durch hydromechanische Ereignisse in den Dentintubuli, wie sie zum Beispiel nach Präparation oder Trocknung im Luftstrom auftreten, vermitteln Aδ-Fasern akute, starke Schmerzen, die C-Fasern eher einen stumpfen, brennenden und schlecht lokalisierbaren Schmerz. Sie werden nur durch Reize aktiviert, die das Pulpagewebe erreichen. C-Fasern haben einen höheren Schwellenwert als die A-Fasern und ihre Aktivierung ist meist mit Gewebeschäden verbunden8

Sensibilitätstests

Die meisten Tests beurteilen primär die Integrität der Aδ-Nervenfasern im Dentin-Pulpa-Komplex durch einen kurzen Stimulus auf die Außen­fläche des Zahns. Der Sensibilitätstest fällt positiv aus, wenn die Aδ-Nervenfasern erfolgreich stimuliert werden und der Patient mit der Bestätigung, ­etwas gespürt zu haben, darauf reagiert. Die Reaktion weist zunächst nur auf eine (bis zu einem gewissen Grad) bestehende Funktion der Nervenfasern hin, gibt aber keinen direkten Hinweis auf die pulpale Durchblutung. Bei fehlender Durchblutung/Gefäßversorgung der Pulpa wird diese schnell hypoxisch und die Aδ-Fasern verlieren ihre Funktionalität. Dennoch kann es auch Fälle geben, in denen zwar ein Blutfluss zur Pulpa stattfindet, die Aδ-Nervenfasern aber nicht mehr funktionieren, wie zum Beispiel nach einem Zahntrauma.

Thermische Tests

Diese Tests beruhen auf der Anwendung von Kälte- und Wärmereizen auf einen Zahn, um die Empfindlichkeit gegenüber thermischen Veränderungen zu bestimmen. 

Kältetests

Ein Kältetest funktioniert denkbar einfach: Die Kälteapplikation verursacht eine Kontraktion des Dentinliquors in den Dentintubuli, wodurch ein schneller Abfluss der Zellflüssigkeit induziert wird. Diese Bewegung des Dentinliquors führt zu hydrodynamischen Kräften auf die Aδ-Nervenfasern im Pulpa-Dentin-Komplex. Allerdings ist bei der Untersuchung mehrwurzeliger Zähne Vorsicht geboten, da die Tests positiv ausfallen ­können, obwohl nur noch ein Wurzelkanal tatsächlich vitales Pulpagewebe enthält, während Großteile der Pulpa bereits nicht mehr funktionstüchtig sind. 
Die Unterscheidung zwischen reversibler und irreversibler Entzündung ist das eigentlich klinisch relevante Kriterium zur Pulpadiagnostik, da die Therapieansätze hier differieren. Überdauert die Reizantwort (Schmerz) die Reizapplikation oder lässt diese nach der Entfernung des Reizes vom Zahn sofort nach? Ein anhaltender Schmerz, auch nach Entfernung des Kältereizes, steht primär für die Diagnose einer irreversiblen Pulpitis. Falls der Schmerz unmittelbar nach der Reizentfernung nachlässt, ist eine Diagnose einer reversiblen Pulpitis wahrscheinlicher. Zusätzlich sind weitere diagnostische Faktoren aus der speziellen Anamnese, wie zum Beispiel eine Vorgeschichte von Schmerzen beim Liegen, Nachtschmerz, Spontanschmerz und die Dauer der Schmerzen, bei der Verdachtsdiagnose des Pulpastatus zu berücksichtigen. 

Patienten können die thermischen Reize in­dividuell sehr unterschiedlich wahrnehmen. Eine Testung empfiehlt sich daher nicht nur am vermutlich erkrankten Zahn, sondern möglichst auch an einem gesunden Kontrollzahn (Nach­­bar- oder kontralateraler Zahn), um aus den unter­schied­lichen Reaktionen eine zuverlässige Ver­dachts­diagnose zu erhalten. Ethylchlorid (entstehende Verdunstungskälte −41°C) und Propan-Butan-­Gemische (−25°C) (Abb. 1) sind gängige komprimierte Kältemittelsprays. Ein weiterer effektiver Kältereiz ist Kohlendioxidschnee (CO2-Schnee, −72°C). Mit einem geeigneten Applikator wird hierbei ein festes Stück CO2-Schnee auf die bukkale Oberfläche des Zahns appliziert (s. Abb. 2). Eine schädigende Wirkung ist selbst bei längerer Applikation für den Zahn (Schmelz und Pulpa) nicht dokumentiert9. Bei keramischen Restaurationen kann CO2-Schnee jedoch bereits ab 5 Sekunden einen Lochfraß auf der Ober­fläche bewirken10

Ansonsten erfolgt die Applikation der Kältetests bis zu einer definitiven Reaktion des Patienten, wobei die maximale Dauer 15 Sekunden nicht übersteigen sollte. Die Tests gelten als umso zuverlässiger, je niedriger die Temperatur des Kältemittels ist, folglich korrelieren Sensibilität und vermutliche Vitalität des Zahns besser11.

Wärmetests

Pulpale oder periapikale Erkrankungen sind meist mit einer herabgesetzten Reizschwelle auf Wärme assoziiert, weshalb dieser Test hauptsächlich zur Verifizierung von (Mikro-)Abszedierungen angewendet werden kann.

Mit erwärmtem Wasser in einer Spritze oder einer erwärmten Guttaperchastange lässt sich die Testung leicht durchführen. Dazu wird entweder eine Guttaperchastange erwärmt, bis sie weich wird und leicht glänzt, und auf die vaselinbeschichtete Oberfläche (die Entfernung der klebrigen Guttapercha wird dadurch erleichtert) des Testzahns gehalten oder der entsprechend mit Kofferdam isolierte Zahn mit warmem Wasser umspült. 

Es sollte bei der Erwärmung der Guttapercha darauf geachtet werden, dass sie nicht zu heiß appliziert wird, denn Guttapercha erweicht bei etwa 65°C, kann aber deutlich höher erwärmt werden (s. Abb. 3). Eine übermäßige Erwärmung kann zu iatrogenen Pulpaschäden führen12. Mehr als 5 Sekunden sollte die Testung in keinem Fall dauern. Die Reizantwort bei zu langer Applikation läuft dann über eine zweiphasige Stimulation: Zunächst werden die Aδ-Fasern stimuliert, gefolgt von den C-Fasern13. Falls diese aktiviert werden, sind anhaltende Schmerzen und eine Schädigung des Gewebes vorprogrammiert. Eine unzureichende Erwärmung der Guttapercha kann jedoch eine fehlende Reizantwort zur Folge haben14, weil die Reizschwelle nicht erreicht wurde. Eine Möglichkeit stellt Reibungswärme dar, zum Beispiel die Friktionswärme eines Polierkelchs auf der bukkalen Zahnoberfläche bei langsam steigender Umdrehungszahl. Bei korrekter Nutzung von Wärmetests sind Pulpaschäden unwahrscheinlich15.

Elektrische Pulpatester

Der EPT ist ein batteriebetriebenes Gerät, das mit einer Sonde verbunden ist, die auf den zu untersuchenden Zahn aufgebracht wird (s. Abb. 4 und 5). Die Intensität des elektrischen Reizes wird langsam erhöht, bis der Patient ein warmes oder prickelndes Gefühl bestätigt. Die Anzeige dient jedoch nicht einer quantitativen Messung der Pulpagesundheit, sondern liefert lediglich den Nachweis, dass die Aδ-Fasern auf den elektrischen Reiz ansprechen. Bei der elektrischen Pulpatestung sollen intakte Aδ-Nerven im Pulpa-Dentin-Komplex durch Anlegen eines elektrischen Stroms an die Zahnoberfläche stimuliert werden. Ein positives Ergebnis ergibt sich aus einer Ionenverschiebung innerhalb der Dentinflüssigkeit in den Tubuli. Dies führt zu einer lokalen Depolarisation mit der nachfolgenden Erzeugung eines Aktionspotenzials aus intakten Aδ-Nerven16

Wie bei allen Tests erlauben auch hier Orte mit hoher neuronaler Dichte eine schnelle und starke Reaktion auf einen Reiz. Bei Inzisiven gelten die Schneidekanten als idealer Applikationsort, weil der Schmelz dort am dünnsten ist, während sich bei den übrigen Zähnen die Applikation in der Nähe der Pulpahörner empfiehlt.

Für die Applikation elektrischer Impulse auf die Zahnoberfläche sollten folgende Details beachtet werden: Das Trocknen des Schmelzes, das Anbringen eines interproximalen Kunststoffstreifens und/oder die Verwendung eines Kofferdams können die Übertragung auf benachbarte Zähne oder die Gingiva verhindern17 (s. Abb. 5). Wegen der Leitfähigkeit metallischer Restaurationen ist es nachvollziehbar, dass elektrische Pulpatester hier nicht verwendet werden sollten, da das umliegende Gewebe automatisch ebenfalls gereizt wird. Damit der maximale Strom von der Elek­trode zur Zahnoberfläche gelangen kann, empfiehlt es sich, gegebenenfalls ein leitfähiges Medium (zum Beispiel Zahnpasta) zu verwenden18. Bei gerade durchgebrochenen Zähnen mit nicht abgeschlossenem Wurzelwachstum ist zu bedenken, dass sie unter Umständen noch kein vollständig ausgebildetes pulpales Nervengeflecht aufweisen, weshalb die elektrische Pulpatestung falsch negativ ausfallen kann. Die Stimulation der Nachbarzähne oder des Parodontiums kann hingegen zu falsch positiven Ergebnissen führen19

Probetrepanation

Als „letzte Option“ bei der Sensibilitätsprüfung kann eine Probetrepanation vorgenommen werden. Sie wird in der Regel nur durchgeführt, wenn sich die Ergebnisse aller anderen Tests als nicht eindeutig erwiesen haben. Am nicht anästhesierten Zahn wird dazu eine Testkavität mit einem kleinen, kugelförmigen diamantierten Schleifkörper unter ausreichender Wasserkühlung bis in das Dentin präpariert, wobei aseptische Kautelen (Kofferdamisolation) eingehalten werden sollten. Der Patient wird gebeten, ein Zeichen zu geben, wenn während der Präparation ein Reiz oder Schmerzen auftreten. Sobald nach dem Kontakt des Schleifkörpers mit dem gesunden Dentin Schmerzen verspürt werden, wird der Eingriff beendet und die Kavität mit einer definitiven Füllung verschlossen. Der Zahn ist vermutlich vital. Andernfalls lässt sich die Kavität bis zur Eröffnung der Pulpakammer vertiefen und eine Wurzelkanalbehandlung muss eingeleitet werden.

Selektive Lokalanästhesie

Tab. 1 Sensitivität und Spezifität der gängigen klinischen Sensibilitätstests20.
Tab. 1 Sensitivität und Spezifität der gängigen klinischen Sensibilitätstests20.
Lassen die Symptome eine eindeutige Lokalisation des ursächlichen Zahns nicht zu oder liefert die Sensibilitätstestung ein unklares Ergebnis, ist eine genaue Diagnose äußerst schwierig. Hier kann eine selektive Anästhesie hilfreich sein. Dabei wird mit einer Infiltrationsanästhesie oder einer intraligamentären Injektion im Verdachtsbereich der Schmerzursache zunächst der am weitesten distal gelegene Zahn betäubt. Falls der Schmerz nach der Injektion weiterhin anhält, kann man sukzessive weiter mesial gelegene Zähne in identischer Weise anästhesieren, bis die Beschwerden womöglich verschwinden. Dieses Prozedere erlaubt Rückschlüsse auf den die Schmerzen verursachenden Zahn. Ist eine Lokalisierung zwischen Ober- und Unterkiefer nicht möglich, besteht noch die Möglichkeit einer Leitungsanästhesie im Unterkiefer. Die Schmerzausschaltung deutet dann auf die Beteiligung eines Unterkieferzahns auf der frag­lichen Seite hin. 

Limitationen und Grenzen der Sensibilitätstests

Alle diagnostischen Tests unterliegen einer gewissen Ungenauigkeit und die Möglichkeit eines falschen Ergebnisses sollte in Betracht gezogen werden, wenn dieses mit den weiteren Befunden nicht übereinstimmt. Prinzipiell werden die Tests in ihrer Aussagekraft nach den folgenden Kriterien bewertet: 

  • Sensitivität – bedingte Wahrscheinlichkeit, dass bei einem Patienten mit einer Erkrankung ein bestimmter diagnostischer Test positiv ist,
  • Spezifität – bedingte Wahrscheinlichkeit, dass bei einem Patienten, der eine Erkrankung nicht hat (also gesund ist), ein bestimmter diagnos­tischer Test negativ ist,
  • Positiver Vorhersagewert (PPV) – Anteil der positiven Testergebnisse, die tatsächlich positiv sind,
  • Negativer Vorhersagewert (NPV) –
Quelle: Quintessenz Endodontie 02/21 Endodontie