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Verlässlichkeit und Problematik der Implantatversorgung älterer Patienten – eine Fallserie

Versor­gung, welche vor ca. 20 Jahren inseriert wurde, mit jetzt periimplantären Veränderungen, die aufgrund des „Crowding“ nicht suffizient zu behandeln sind.

Im Praxisalltag entsteht zunehmend eine Patientenklientel, die vor 30 bis 40 Jahren bereits erfolgreich implantologisch rehabilitiert wurde und heute zu den sogenannten „Golden Agers“ zählt. Auch wird ein höheres Alter heute nicht mehr per se als entscheidender Risikofaktor für Komplikationen im Rahmen von implantologischen Behandlungen angesehen. Anhand von Fallbeispielen aus der eigenen Praxis beleuchten die Autoren Prof. Dr. Dr. Karl Andreas Schlegel, München, PD Dr. Christian Schmitt, Vilsbiburg, und Dr. Tobias Möst, Erlangen, in ihrem Beitrag für die Implantologie 2/20 die Verlässlichkeit und Problematik der Implantatversorgung älterer Patienten. Ihr Fazit: Bei geplanten Versorgungen gilt es allgemein, den potenziellen Gewinn an Lebensqualität und potenzielle Risiken der Therapie auf lange Sicht gegeneinander abzuwägen. Bestimmte Erfordernisse einer altersgerechten Implantatversorgung, vor allem auch im Hinblick auf ein gesteigertes Risiko für Mukositiden oder Periimplantiden, ­sollten dabei einkalkuliert werden.

In keiner anderen Disziplin der Zahnmedizin schreitet die Entwicklung so schnell voran wie in der Implantologie. Ziel der Zeitschrift ist es, dem Fortbildungsangebot im Bereich der Implantologie durch die Veröffentlichung praxisbezogener und wissenschaftlich untermauerter Beiträge neue und interessante Impulse zu geben und die Zusammenarbeit von Klinikern, Praktikern und Zahntechnikern zu fördern. Mehr Infos zur Zeitschrift, zum Abo und zum Bestellen eines kostenlosen Probehefts finden Sie im Quintessenz-Shop.

Der Ersatz von Zähnen durch enossale Implantate wurde in den vergangenen Jahrzehnten als eine alternative Versorgungsmöglichkeit etabliert und stellt aktuell ein festes Teilgebiet der Zahnheilkunde dar, das zunehmend auch seine in den ersten Jahren aufgestellten Therapiegrenzen verlässt1,2. Dem Patienten können mit diesem Zahnwurzel­ersatz hervorragende Langzeitüberlebensraten in Aussicht gestellt werden. 95,9–97,9 Prozent der Betroffenen profitieren mit einem Langzeitüberleben von mehr als 20 Jahren3−8. Damit hat die zahnärztliche Implantologie, trotz der mit dem Durchtritt in ein chronisch kontaminiertes Gebiet, der Mundhöhle, schwierigen Ausgangslage, alle anderen eingesetzten Implantate, seien es Hüft-, Knie- oder sonstige Implantate, an Zuverlässigkeit und Haltbarkeit mit großem Abstand in den Schatten gestellt. Daneben hat die Entwicklung der Medizin und auch Zahnmedizin der vergangenen Jahrzehnte dazu geführt, dass wir gerade in den Industrienationen eine zunehmende Population an älteren und betagten Patienten haben9. Dies ist eine per se erfreuliche Entwicklung, welche zeitgleich dazu führen sollte und muss, Behandlungskonzepte und Therapien neu zu überdenken. Auch die aktuelle Coronakrise hat uns gezeigt, dass bezüglich bestimmter Fragestellungen unter anderem ältere Menschen, verglichen mit jüngeren, höhere Risiken haben. Neben den allgemeinmedizinischen Faktoren sind es unter anderem die haptischen Fähigkeiten sowie der Geruchs- und visuelle Sinn, die in dieser Gruppe Probleme bereiten. Ebenso ist eine mit dem Alter wachsende Gruppe von Patienten auf externe Hilfe angewiesen. Bei ihnen ist die Hygiene, und gerade auch die Mundhygiene, ein Punkt, der zu berücksichtigen ist und entsprechend regelmäßig kontrolliert werden sollte.

Unstrittig ist, dass bei entsprechender oraler Hygiene die Langzeitprognose einer Implantatversorgung ähnlich zu sehen ist wie in anderen Altersgruppen. Das Alter stellt aus rein biologischer Sicht keinen Risikofaktor für negative Erfolgsraten dar. Anhand einiger Patientenfälle aus der eigenen Praxis soll dieser Beitrag Probleme aufzeigen und auch dazu anregen, bei anstehenden Versorgungen Therapiekonzepte gegebenenfalls kritisch zu überdenken.

Kasuistik 1

Der erste Fall, welcher als Einzelkasuistik schon vor geraumer Zeit publiziert wurde10, beschreibt den Fall einer 87-jährigen Patientin, welche zum Zeitpunkt der Vorstellung in der Praxis Schmerzen und eine Schwellung im Bereich des Kinns aufwies. Allgemeinanamnestisch lag bei der Patientin ein Morbus Parkinson vor. Des Weiteren war die Patientin dement und wurde von ihren Kindern im häuslichen Umfeld betreut. Als relevante Dauer­medikation war die Gabe des Thrombozyten­aggregationshemmers Acetylsalicylsäure (100 mg/Tag) zu nennen. Die extraorale Betrachtung zeigte eine Schwellung und Rötung in der Regio submentalis. Enoral waren vier interforaminäre Implantate (Ledermann-Schrauben) im Bereich des anterioren Unterkiefers vorhanden, die durch einen Steg verblockt waren. Diese waren anamnestisch vor mehreren Jahrzehnten alio loco inseriert worden. Eine regelmäßige Implantatnachsorge fand aufgrund des reduzierten Allgemeinzustands der Patientin nicht statt.

Fatalerweise kam es in dem dargestellten Fall zu einer derartig starken entzündlichen Destruktion des Kieferknochens, dass der Steg somit wie ein Hebel zur Mobilisierung der restlichen Implantate wirkte, zeitgleich aber bei oberflächlicher Betrachtung den Eindruck erweckte, dass die prothetische Arbeit noch intakt und voll funktionsfähig sei.
Zur bildgebenden Diagnostik wurde eine Panoramaschichtaufnahme angefertigt. Es zeigte sich eine ausgedehnte Aufhellung zirkulär um das Implantat in Regio 32. Es lag ein submentaler Abszess, ausgehend von einer akut exazerbierten Periimplantitis des Implantats 32, vor. Auch an den Implantaten 34 und 42 war ein periimplantärer Knochenverlust sichtbar (Abb. 1). Die Patientin wurde zur Therapie des Abszesses stationär aufgenommen.

Klinisches Vorgehen

Als Notfallbehandlung wurde am selben Tag eine Abszessspaltung und Drainage von en- und extraoral in Vollnarkose durchgeführt. Hierbei entleerte sich reichlich Pus. Zur langfristigen Drainage wurden Gummiröhrchen eingenäht. Die begleitende antibiotische Therapie erfolgte durch die Gabe von Amoxicillin in Kombination mit Clavulansäure (AmoxClav i. v. 2000/200 mg, Hexal). Als analgetische Bedarfsmedikation wurde Metamizol (Novaminsulfon-ratiopharm 500 mg/ml Tropfen, Ratiopharm) verabreicht.

Am Folgetag wurde die Entfernung des nichterhaltungsfähigen Implantats 32 vorgenommen. Hierfür wurde zunächst der implantatgetragene, verschraubte Metallsteg entfernt. Das Implantat in Regio 32 zeigte lediglich eine weichgewebige Verankerung und konnte problemlos entfernt werden. Das periimplantäre Weichgewebe wurde ebenfalls entfernt und einer histopathologischen Untersuchung zugeführt. Klinisch war die Knochenkontinuität nicht unterbrochen.

Einen Tag nach der Explantation wurde als bildgebende Diagnostik eine digitale Volumentomografie (DVT) angefertigt. Hierbei zeigte sich eine Kontinuitätsunterbrechung der Mandibula in Regio 32, die einer Fraktur des Unterkieferkörpers im Bereich des periimplantären Knochenverlusts entsprach (Abb. 2 und 3). Da am Vortag klinisch noch keine Fraktur sichtbar war, war diese als eine pathologische Unterkieferfraktur anzusehen, die postoperativ durch die extreme Schwächung des Knochens in Kombination mit dem akuten Entzündungsprozess entstanden war. Anamnestisch war keine zusätzlich herabgesetzte Knochenstabilität durch eine Osteoporose bekannt.

Folglich wurde nach einer submentalen Schnittführung die Stabilisierung der Unterkieferfraktur mithilfe einer Osteosyntheseplatte durchgeführt. Hierbei wurde das Implantat 42, bei welchem der Knochenverlust mehr als 50 Prozent der Implantatlänge betrug, ebenfalls entfernt. Da aufgrund des reduzierten Allgemeinzustands und der vorliegenden Demenz keine prothetische Versorgung möglich war, wurden die Implantate 34 und 44 bis auf das Knochenniveau reduziert, um eine weitere Schwächung des Kieferknochens zu vermeiden (Abb. 4).

Die histopathologische Untersuchung des bei der Explantation gewonnenen periimplantären Weichgewebes ergab das Vorliegen von Granulationsgewebe, ohne Anzeichen für Malignität. Die klinische Diagnose konnte somit bestätigt werden. Auf eine Entfernung des Osteosynthesematerials wurde verzichtet.

Kasuistik 2

Der zweite Fall beschreibt eine 94-jährige Patientin, welche einen guten Allgemeinzustand aufwies, selbständig ihren Haushalt führte und ca. 1988, also vor mehr als 30 Jahren, eine Versorgung nach dem Ledermannkonzept erhalten hatte. Anfang der 2000er Jahre wurde die Mesiostruktur durch eine Locatorversorgung ersetzt. In den vergangenen Jahrzehnten funktionierte die Versorgung, wie die Patientin berichtete, ohne größere Komplikationen. Jetzt berichtete sie über rezidivierende submentale Schwellungen und eine Fistelbildung nach extraoral im IV. Quadranten. Die klinische Inspektion ergab eine ausgeprägte Mukositis und Periimplantitis an allen vier Implantaten, wobei die Taschentiefe am Implantat 42 am stärksten ausgeprägt war (Abb. 5). Radiologisch war ein deutlicher periimplantärer Knochenverlust insbesondere in Regio 42 feststellbar (Abb. 6). Mit der Patientin wurden die verschiedenen Therapiemaßnahmen besprochen und die Entscheidung fiel letztendlich zugunsten einer zunächst initialen Oberflächen­reinigung der Implantate und Therapie der Mukositis, um klinisch von einem akut entzündlichen Stadium in ein chronisch entzündliches Stadium zu gelangen. Anschließend sollten das fragliche Implantat gekürzt und der Restknochen zur Frakturprophylaxe mit einer 2.3 Osteosyntheseplatte (Martin) versorgt werden. Es wurde besprochen, dass von einer Entfernung der Platte aufgrund der Gesamtsituation Abstand genommen und das Verankerungssystem auf den verbleibenden drei Implantaten abgestützt werden sollte (Abb. 7 bis 10). Antibiotisch wurde begleitend mit AmoxClav (Hexal, 875 mg) behandelt und als analgetische Bedarfsmedikation Metamizol (Novaminsulfon-ratiopharm, 500 mg/ml Tropfen, Ratiopharm) verschrieben.

Kasuistik 3

Zum Zeitpunkt der Erstvorstellung war der Patient 86 Jahre alt, er hatte in den 1980er Jahren alio loco eine steggetragene Implantatversorgung im Oberkiefer erhalten, zwischenzeitlich waren im Bereich des I. Quadranten zwei Implantate frakturiert und zeigten sich bei Erstvorstellung im Sinne einer Periimplantitis bis zum Apex in Granulationsgewebe stehend (Abb. 11). Ob nun die Periimplantitis ursächlich für die Fraktur oder die Fraktur ursächlich für die bindegewebige Erscheinung war, ist ex ante schwer zu entscheiden.

Dennoch wurde der Patient vom Hauszahnarzt mit der Vorgabe überwiesen, die Implantate entfernen und durch neue ersetzen zu lassen. Zeitgleich sollten der vorhandene Zahnersatz, also die steggelagerte Coverdenture im Oberkiefer, auch aus Kostengründen erhalten bleiben und die neu einzubringenden Implantate zur Ergänzung des Belastungspolygons gesetzt werden. Anamnestisch erwähnenswert ist die Tatsache, dass der Patient ca. sechs Monate vor der Vorstellung die Diagnose Vorhofflimmern erhalten hatte und eine Dauermedikation mit Marcumar (Meda Pharma) bekam.

Zunächst war geplant, die neu zu setzenden Implantate in die vorhandene Stegkonstruktion einzuarbeiten. Nach Rücksprache mit dem Hauszahnarzt wurde diese Idee verworfen und man einigte sich auf nachfolgendes Vorgehen: Abtrennen des Stegs mesial des vordersten linken Implantats mit 1 cm Überstand, Explantation der zwei Implantate im Oberkiefer rechts und anschließende Neuinsertion (Abb. 12).

Nach Rücksprache des Hauszahnarzts mit dem Patienten wurde entschieden, die Implantate zu entfernen und zeitgleich durch zwei neue Implantate zu ersetzen, um damit wieder ein ausgeglichenes Belastungspolygon zu schaffen und die Weiterverwendung der vorhandenen Coverdenture, nach entsprechender Umarbeitung, zu erlauben. Dieser Weg wurde zum einen aufgrund des fortgeschrittenen Alters und zum anderen aufgrund der finanziellen Situation des Patienten in allgemeiner Übereinkunft getroffen.

Im Rahmen eines anästhesiologischen Stand-bys wurde unter konsiliarischer Beratung durch den Hausarzt die Operation durchgeführt. Diese erfolgte richtlinienkonform bei Sistieren der ­Blutverdünnung mit zeitgleicher Durchführung einer perioperativen Antibiose mit Amoxiclavulan (Hexal). Trotz guter Führung des Patienten und umsichtigen Verhaltens patientenseits kam es erwartungsgemäß zu einem postoperativen Hämatom, welches sich klinisch als Monokelhämatom manifestierte.

Drei Monate später kam der Patient vor der prothetischen Neuversorgung wieder in unsere Sprechstunde. Hierbei zeigten sich gesunde periimplantäre Verhältnisse sowie ein entsprechender Periotestwert von über 70. Der Patient wurde zur Neuversorgung an seinen Hauszahnarzt zurücküberwiesen, welcher die Implantate, mit Locatoren versehen, in die bestehende Suprakonstruktion eingearbeitet hat (Abb. 13 und 14).

Kasuistik 4

Der hier vorgestellte vierte Fall ist eine 89-jährige Patientin, welche mit 58 Jahren implantologisch versorgt worden war. Hierbei wurden im Ober- und Unterkiefer je vier Tissue Level Implantate (Straumann) inseriert und eine offene Prothesengestaltung im Bereich der Implantate in Kombination mit einer teleskopierenden Versorgung als Therapiekonzept gewählt (Abb. 15).

2018 stellte sich die Patientin wieder vor, da die Ästhetik und Friktion der Arbeit im Laufe der Jahre, wie sie berichtete, etwas gelitten hatten (Abb. 16a bis b). Nach Durchführung der entsprechenden Vorarbeiten (Abb. 17 und 18) wurde bei der Patientin eine Neuanfertigung der Suprastruktur vorgenommen. Seitdem ist sie zum regelmäßigen Recall in das Recallsystem aufgenommen. Nach Rücksprache mit der Patientin wurde die Gestaltung der Neuanfertigung in Abweichung zur ursprünglichen Arbeit als Coverdenture durchgeführt (Abb. 19). Die Patientin berichtet, dass sie durch die gewählte Gestaltungsvariante die Arbeit nach wie vor sehr gut reinigen kann.

Diskussion

Zahnärztliche Implantate können heute durchaus Jahrzehnte lang halten. Dies ist natürlich sehr erfreulich, sollte aber zugleich zu Überlegungen hinsichtlich Entfernbarkeit und Art der prothetischen Versorgung führen, die dem dann fortgeschrittenen Alter der Patienten gerecht werden. In diesem Sinne wäre es durchaus wünschenswert, schon bei der Planung von implantatgetragenem Zahnersatz darauf zu achten, dass mit zunehmender Alterung bestimmte taktile Fähigkeiten oder der Visus der Patienten abnehmen werden und zum anderen ein nicht unerheblicher Teil dieser Population auf Pflegehilfe angewiesen sein wird. Wenn man die Zahlen des statistischen Bundesamtes ansieht, so gab es bereits 2005 1,75 Millionen Menschen, die über 65 Jahre alt und dauerhaft pflegebedürftig waren11. Bis Ende 2017 stieg die Zahl der Pflegebedürftigen insgesamt auf mehr als 3,4 Millionen, wovon 81 Prozent 65 Jahre oder älter waren12. Dies bedeutet natürlich auch, dass alle Therapiekonzepte, welche wir heute bei Patienten etablieren oder nach Überprüfung adjustieren, dem Rechnung tragen sollten. Patienten sollten in der Beratung darüber aufgeklärt werden, was auf Sicht von 10, 20 oder mehr Jahren eine vorhersagbare und handhabbare Lösung sein könnte. Angestrebt werden sollte ein vorausschauendes Planen der implantologischen Versorgung der Patienten, in dem berücksichtigt wird, dass die Versorgung beispielsweise bedingt abnehmbar einfach und pflege­fähig gestaltet wird und die gewählten Konstruktionen um- und gegebenenfalls sogar rückbaubare Suprakonstruktionen aufweisen.

Die ausgewählten Fälle zeigen, wenn auch exemplarisch, welche Auswirkungen unerkannte oder unbehandelte Mukositiden oder Periimplantiden haben können13−15. Man sollte gerade bei diesem Patientenkollektiv darauf achten, die Patienten dahingehend zu motivieren, dass auch bei jahre- oder jahrzehntelanger Abstinenz von Problemen die zumindest einmal jährliche stattzufindende Kontrolle beim Zahnarzt eine, wenn auch lästige, aber dennoch wichtige Übung zum Erhalt der Implantate und der Gesundheit im Allgemeinen darstellt. Da sich die Periimplantitis radiologisch gut nachweisen lässt, sollte eine regelmäßige radiologische Kontrolle der Versorgungen mit in die Nachsorge eingebunden werden. Wenn sich eine Periimplantitis bereits durch Lockerung des Implantats oder der gesamten Mesiostruktur zeigt beziehungsweise durch den Patienten oder seine Angehörigen wahrgenommen wird, ist es meist schon zu spät. Da es sich häufig um einen chronischen Entzündungsprozess handelt, kommt es selten zu Beschwerden. Nur in wenigen Fällen tritt eine akute Entzündung auf.

Besonders schwierig kann es werden, wenn Patienten, welche vor Jahren eine implantologische Versorgung „Zahn für Zahn“ erhalten haben, Probleme mit der Versorgung bekommen. Häufig verhindert das „Crowding“ der Implantate in diesen Fällen eine sinnvolle Therapie (Abb. 20). Ferner kann sich eine fehlende Abnehmbarkeit der Suprakonstruktion bei definitiver Zementierung als problematisch erweisen, wenn die Arbeit entfernt werden soll, was dann nur durch Auftrennen der Kronen zu realisieren ist.

Abb. 20 Versor­gung, welche vor ca. 20 Jahren inseriert wurde, mit jetzt periimplantären Veränderungen, die aufgrund des „Crowding“ nicht suffizient zu behandeln sind.
Abb. 20 Versor­gung, welche vor ca. 20 Jahren inseriert wurde, mit jetzt periimplantären Veränderungen, die aufgrund des „Crowding“ nicht suffizient zu behandeln sind.

Zwar gelten Unterkieferfrakturen, die im Zusammenhang mit implantologischen Versorgungen auftreten, als seltene Komplikationen. Sie sind aber häufig schwerwiegend. Die typische Lokalisation ist die interforaminäre Region im stark atrophierten Unterkiefer16. Hier sollte daher stets erwogen werden, ob eine Versorgung mit längen- oder durchmesserreduzierten Implantaten möglich erscheint, oder ob eine Augmentation des ortsständigen Knochens angezeigt ist.

Die vorliegenden Kasuistiken verdeutlichen, dass die regelmäßige Nachsorge und Kontrolle von Patienten, die eine Implantatversorgung erhalten haben, zwingend notwendig ist. Somit können Komplikationen bei Implantatversorgungen, wie beispielsweise entzündliche periimplantäre Erkrankungen, frühzeitig erkannt und therapiert werden17−21. Ein Ziel muss die Vermeidung einer fortschreitenden Knochendestruktion mit nachfolgend notwendiger Implantatentfernung sein. Hierfür werden aktuell verschiedene Maßnahmen diskutiert, die mit den Therapiemöglichkeiten in der Parodontologie vergleichbar sind.

Primär wird eine Entzündungskontrolle durch Beseitigung der bakteriellen Plaque durchgeführt. Diese kann durch lokal angewendete antimikrobielle Agenzien wie Chlorhexidingluconat-Gele und -Spüllösungen sowie eine systemische Antibiose, entsprechend der unterstützenden Therapie, im Sinne einer systematischen Parodontaltherapie ergänzt werden. Die Explantation ist bei weit fortgeschrittenem Knochenabbau ohne Aussicht auf eine Reosseointegration und daher als Ultima Ratio anzusehen16−21. In keinem Fall darf aber die Therapie einer Periimplantitis ausbleiben.

Das andere Ziel sollte ein entsprechendes vorausschauendes Planen der implantologischen Versorgung der Patienten sein.

Natürlich sollte nicht vergessen werden, dass die Implantattherapie gerade bei älteren Menschen auch Vorteile bringt, beispielsweise im Hinblick auf die Fähigkeit der Zerkleinerung der Nahrung, welche letztlich zu einer ausgewogeneren Ernährung beiträgt.

Ein Beitrag von Prof. Dr. Dr. Karl Andreas Schlegel, München, PD Dr. Christian Schmitt, Vilsbiburg, und Dr. Tobias Möst, Erlangen

Literatur auf Anfrage über news@quintessenz.de

Quelle: Implantologie 2/20 Implantologie