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    Digitale Techniken in der prothetischen Diagnostik verbessern die Kommunikation zwischen Patient, Behandler und Techniker und erhöhen die Vorhersagbarkeit der Ergebnisse

    Direktes Mock-up mithilfe eines zweiphasigen Silikonschlüssels vom gedruckten Modell.

    Die Diagnostik ist entscheidend für den vorhersagbaren Erfolg einer restaurativen Therapie. Hierbei müssen sich Patient und Zahnarzt vor der Anfertigung der definitiven Restauration auf ein gemeinsames Behandlungsziel einigen, um später Enttäuschungen zu vermeiden. Allerdings kann es schwierig sein, die Patientenwünsche vollständig zu erfassen. Ein nützliches Hilfsmittel zur Lösung dieses Problems sind das diagnostische Wax-up und Mock-up. Mit diesem zeitaufwendigen Verfahren wird jedoch nur eine einzige Variante des möglichen Behandlungsergebnisses visualisiert. Die moderne Digitaltechnik bietet nützliche Funktionen, die bei diesem diagnostischen Schritt zu einer Entscheidungsfindung beitragen können. Im vorliegende Beitrag für das Quintessenz Team Journal 1/2021 beschreiben Vincent Fehmer et al.  die Möglichkeiten der Digitaltechnik für die prothetische Diagnostik erörtert und die Verfahren anhand von Patientenfällen beschrieben.

    Den Erfordernissen einer modernen Zahnarztpraxis entsprechend, wendet sich das „Quintessenz Team-Journal“ an das gesamte zahnärztliche Team: Zahnärztinnen, Zahnärzte sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von Auszubildenden bis zur Dentalhygienikerin. Neben dem Basiswissen für die Auszubildende sorgen Beiträge aus dem klinischen Bereich für ein Kompetenz-Plus. Mehr Infos zur Zeitschrift, zum Abo und zum Bestellen eines kostenlosen Probehefts finden Sie im Quintessenz-Shop.

    Einleitung

    Patienten, die eine ästhetische Aufwertung ihres Lächelns wünschen, haben nicht selten ein bestimmtes Ergebnis vor Augen. Dieses imaginierte Aussehen kann individuell sehr unterschiedlich sein und die Einigung über das Behandlungsziel zu einer Herausforderung für das Behandlungsteam machen. Das Team aus Zahntechniker, Zahnarzt und Patient muss das gewünschte Ergebnis vor Beginn der restaurativen Behandlung festlegen. In dieser diagnostischen Phase werden die Bedürfnisse des Patienten erfasst und ein Einverständnis über das Aussehen der definitiven Restauration hergestellt. Dieser Vorgang ist in einer umfassenden restaurativen Therapie entscheidend, um zufriedenstellende Ergebnisse erreichen zu können3,10,14,17. Zudem lässt sich anhand der Visualisierung des Endergebnisses frühzeitig erkennen, welchen Bedarf es an komplementären Behandlungen gibt, wie Kronenverlängerungen oder kieferorthopädischen Zahnbewegungen. Ferner bietet sie auch Anhaltspunkte bei der Zahnpräparation, da mithilfe von Silikonschlüsseln der für die Restaurationen benötigte Raum exakt ermittelt werden kann. 

    Die Diagnostik kann zu drei Zeitpunkten erfolgen: Der erste und zugleich ideale Zeitpunkt ist vor der Durchführung invasiver Maßnahmen. Sobald der Patient die Praxis mit der Bitte um zahnärztliche Hilfe aufgesucht hat und eine gründliche allgemeine und dentale Anamnese und Untersuchung vorgenommen wurde, sollte eine Diagnose durchgeführt werden. Das Behandlungsteam trägt alle beim ersten Termin erhobenen Informationen zusammen und beginnt mit der Diagnose parodontaler, endodontischer, kariologischer und funktioneller Probleme. Zudem müssen weitere wichtige Aspekte überlegt werden, wie die ästhetischen Anliegen des Patienten und die Wahl prothetischer Materialien. Eine detaillierte ästhetische Analyse ist erforderlich, um die Bedürfnisse des Patienten besser verstehen zu können. Angesichts der komplexen und subjektiven Natur ästhetischer Vorstellungen müssen alle Parameter objektiv physisch realisiert werden, um sicherstellen zu können, dass alle Angaben korrekt verstanden wurden10,17
    Das diagnostische Wax-up ist ein nützliches Werkzeug für eine solche objektive Realisierung15,17,19. Es verbessert die Kommunikation zwischen Patient, Zahnarzt und Techniker und bietet eine dreidimensionale Vorschau auf das vorläufige Behandlungsziel8,10,17. Normalerweise modelliert der Zahntechniker eine mögliche dentale Konfiguration in Wachs, wobei er klinische Fotografien und anatomische Strukturen auf dem diagnostischen Modell (bestehende Okklusionsebene, Länge und Position der vorhandenen Zähne) als Anhaltspunkte verwendet. Dieser Arbeitsschritt erfordert viel Zeit und Energie, da der Techniker alle ästhetischen Richtlinien berücksichtigen und auf den individuellen Fall anpassen muss. Das Wax-up wird später im Mund einprobiert, und zwar mithilfe von Silikonschlüsseln und selbsthärtendem Kunststoff als diagnostisches Mock-up, um seine Integration in das Lächeln und das Gesicht des Patienten zu prüfen10. Allerdings ist ein solches Vorgehen in bestimmten klinischen Situationen nicht machbar, da es nur bei der Planung additiver Rekonstruktionen funktioniert. Da das Mock-up den unpräparierten Zähnen aufliegt, lassen sich nur labiale Konturen oder Volumenvergrößerungen darstellen. Falls ein Substanzabtrag erforderlich ist, muss das Wax-up zu einem späteren Zeitpunkt in den Mund übertragen werden. 

    Der zweite Zeitpunkt, an dem das ästhetische und funktionelle Ziel der geplanten Rekonstruktion bewertet werden kann, ist die provisorische Phase. Ist eine neue Ästhetik beim Lächeln beabsichtigt, werden bevorzugt indirekte Schalenprovisorien eingesetzt2. Patienten mit insuffizienten Restaurationen oder unästhetischen Zähnen profitieren sehr von dieser Provisorientechnik, da die ästhetische Verbesserung direkt nach der ersten Präparation sichtbar gemacht wird. 
    Der dritte und letztmögliche Zeitpunkt, um die gewünschte Form der Restauration zu bestimmen, ist die Wax-up-Einprobe. Nach der definitiven Abformung und vor der Gerüstherstellung wird über den präparierten Pfeilern auf dem definitiven Modell ein neuer Entwurf modelliert. Dieser Arbeitsschritt berücksichtigt die während der beiden vorherigen diagnostischen Schritte (diagnostisches Wax-up und provisorische Phase) gesammelten Eindrücke des Patienten und des Behandlungsteams. Der Techniker modelliert in zahnfarbenem Wachs eine Wachseinprobe, die in Form und Farbe der definitiven Restauration gleicht. Wenn größere Lücken versorgt werden beziehungsweise die Restauration mehrere Einheiten umfasst, muss die Wachsstruktur gegebenenfalls mit einem Metall- oder Kunststoffgerüst verstärkt werden. Die Plastizität des Wachses ist vorteilhaft bei diesem diagnostischen Schritt, weil direkte Anpassungen während der Einprobe möglich sind.
    Nachdem sich der Patient und das Behandlungsteam auf eine optimale Lösung geeinigt haben, dient die Wachseinprobe als Referenz für die Bestimmung der Form und Dicke des Gerüsts und die Verblendung der definitiven Restauration. Es ist aufwendig, das gewünschte ästhetische Resultat zu bestimmen und zu visualisieren, bevor der Zahntechniker mit der Herstellung der definitiven Restauration beginnt. Doch selbst wenn Zeit und Mühe in den diagnostischen Entwurf investiert wurden, passt das Resultat mitunter weder zur Physiognomie oder Person des Patienten noch trifft es das von Patient und Behandlungsteam festgelegte Ziel. In diesen Fällen können geringfügige Änderungen am ersten Entwurf versucht werden. Allerdings sind die Möglichkeiten für solche Modifikationen begrenzt und häufig ist eine neue dia­gnostische Version erforderlich. Lässt sich das festgelegte ästhetische Resultat mit der Wachseinprobe nicht umsetzen, kann der Patient unzufrieden sein und das Behandlungsteam frustriert. Außerdem steigen Zeitaufwand und Kosten, da weitere diagnostische Schritte nötig werden. 

    Diese Nachteile können mit com­pu­ter­gestützten Verfahren überwunden werden. Die Technik verändert in immer stärkerem Maß die Art und Weise, wie Zahnmedizin heute praktiziert wird. CAD/CAM-Prozesse verwandeln früher manuell ausgeführte Arbeiten in einfachere, schnellere und besser vorhersagbare maschinelle Verfahren18. Die moderne industrielle Produktentwicklung wäre ohne CAD-Techniken nicht denkbar. Kein Ingenieur würde heute noch einen Prototypen durch manuelles Schichten oder Abtragen herstellen. Vielmehr wird eine virtuelle Entwicklungsumgebung verwendet, in der verschiedene Varianten ohne nennenswert erhöhten Zeitaufwand oder Einfluss auf die Kosten getestet werden können. Das manuelle Zuschneiden von Formen hat sich zum virtuellen Design von Volumina mithilfe spezieller Software weiterentwickelt.

    In der Prothetik verwandeln sich Wachs und Modelliertechnik in Software und Mausklicks. Das Behandlungsteam nutzt hierbei virtuelle Bibliotheken, aus denen diverse Zahnformen gewählt werden können (Exocad, 3Shape, Dental Wings, Dentsply Sirona). In diesen Software-Tools sind zahlreiche Zahnformen nach Parametern wie Größe, Patientenalter oder Phänotyp geordnet. Darüber hinaus können reale Zähne als Vorlagen verwendet werden, um Vorschläge für Zahnmorphologien zu generieren16. Diese Standardformen können später modifiziert und individuell an den jeweiligen Patienten angepasst werden. Die manuelle Arbeit, ein Wax- up zu erstellen, fällt weg und reduziert die Arbeitszeit deutlich. Damit kann der Zahntechniker seine ungeteilte Aufmerksamkeit auf die Zahnform und -stellung richten. Darüber hinaus lassen sich mit bestimmten Softwares fotorealistische dreidimensionale Rekonstruktionen des Patientengesichts in das virtuelle Design integrieren9. Die Gesichtsrekonstruktion ist eine Projektion zweidimensionaler Fotografien auf einen virtuellen dreidimensionalen Schädel oder wird direkt mit einem 3-D-Gesichtsscanner vorgenommen. Unter Berücksichtigung wichtiger fazialer Referenzen, wie der vertikalen Gesichtsmittellinie, der Lachlinie oder der tatsächlichen Horizontalebene, kann das neue Lächeln virtuell gestaltet werden.

    Vorteilhaft ist weiterhin, dass ein initialer Entwurf schnell modifiziert und ohne zusätzlichen Aufwand eine andere Zahnkonfiguration ausprobiert werden kann. Damit kann der Zahntechniker auf effektive Weise mehrere Varianten der künftigen Restauration generieren. Verschiedene Varianten bei einem einzigen Termin anbieten zu können, verkürzt die Diagnosephase und wird den Wünschen anspruchsvoller Patienten und Zahnärzte eher gerecht. Bislang wurden in der Zahnmedizin Restaurationen hauptsächlich mit subtraktiven CAM-Verfahren hergestellt. Restaurationen entstehen hierbei mithilfe einer computergesteuerten Fräsmaschine durch die Reduktion eines soliden Materialrohlings auf das gewünschte D-Objekt11. Diese Verfahren haben allerdings Nachteile wie die Verschwendung größerer Materialmengen, die Unmöglichkeit, geometrische Formen unterhalb des Fräsendurchmessers umzusetzen, und die Tatsache, dass eine Massenproduktion von Komponenten nicht möglich ist1,18.

    Diese Einschränkungen lassen sich durch additive Verfahren überwinden, zum Beispiel über die Materialschichtung. Ein Beispiel für diese Technologie sind 3-D-Drucker, mit denen gleichzeitig mehrere Stücke präzise und kostengünstig hergestellt werden können. Diese 3-D-­Drucker tragen lichthärtende Materialien in extrem dünnen Schichten auf, die jeweils unmittelbar nach der Ablagerung mit ultraviolettem Licht gehärtet werden, sodass voll auspolymerisierte Objekte entstehen4. Das duale Strahldrucken erfordert zwei Materialien: ein hartes Grund- und ein gelartiges Stützmaterial. Das Stützmaterial dient dazu, komplexe Konfigurationen des Grundmaterials während der Herstellung in Position zu halten und lässt sich nach dem Drucken leicht mithilfe von Wasserstrahlen entfernen. Auf diesem Weg können Formen mit Genauigkeiten im Bereich von wenigen Mikrometern in verschiedenen Photopolymer-Kombinationen gedruckt werden, sodass Materialien mit spezifischen mechanischen und optischen Eigenschaften entstehen. So lassen sich Werkstücke mit verschiedenen Härten, Steifigkeiten, Farben, Transparenzen, Hitzebeständigkeiten und Oberflächentexturen herstellen. Diese Herstellungstechnik hat das Indikationsspektrum der computergestützten Zahnmedizin deutlich erweitert. 
    Ziel dieses Beitrags ist, die Vorteile eines CAD/CAM-Workflows für den Dia­gnoseprozess im Rahmen einer umfassenden restaurativen Behandlung zu zeigen. Hierzu werden eine computergestützte Diagnose- und Behandlungssequenz im Detail beschrieben und klinische Beispiele vorgestellt, um mögliche Behandlungsergebnisse zu zeigen. 

    Workflow für CAD/CAM-­Mock-ups 

    Abbildung 1 zeigt die einzelnen Behandlungsschritte und den geschätzten Zeitaufwand bei der Durchführung einer digitalen und einer konventionellen ästhetischen Diagnose. Die Aufnahme der anatomischen Daten beider Kiefer kann direkt, durch Erfassen der Volumeninformationen, mit einem intraoralen Scanner oder auch durch Digitalisierung eines Gipsmodells mit einem Laborscanner erfolgen (Abb. 2 und 3)7. Die erzeugten STL-Daten werden in eine Software importiert, mit der dentale Restaurationen gestaltet werden können. Zunächst wird der betroffene Pfeilerzahn ausgewählt und dann aus der virtuellen Bibliothek ein spezifischer Zahnformensatz gewählt. Die Zahnformen werden vom Techniker manuell im Kiefer angeordnet (Abb. 4). Änderungen der mesiodistalen, vestibulooralen und apikokoronalen Dimensionen, der Zahnachse oder der Zahnstellung lassen sich mit der Design-Software leicht ausführen. Sobald eine erste Variante fertiggestellt ist und auf dem Computer gespeichert wurde, können weitere Versionen mit wenigen Klicks effizient generiert werden. Beispielsweise lässt sich eine Standard-Zahnaufstellung leicht individualisieren, indem durch einfaches Ziehen an einem virtuellen Punkt Zähne intrudiert oder rotiert werden.  Die gewählten Entwürfe werden dann als STL-Datensätze gespeichert und an einen 3-D-Drucker gesendet, der die Restaurationen schichtet (Abb. 5).
    Inzwischen sind für die Herstellung starrer, zahnfarbener Restaurationen biokompatible Photopolymere verfügbar. Trotz dieser Biokompatibilität empfehlen die Hersteller, den Kontakt mit der Mundschleimhaut auf 24 Stunden zu beschränken. Das Material eignet sich daher also für die Anfertigung diagnostischer Mock-ups, aber nicht für die Provisorienherstellung. Die einfache Handhabung, die Schnelligkeit und die geringen Kosten dieses diagnostischen Ablaufes sowie die Genauigkeit des Mock-up machen das Verfahren hochgradig effizient und sehr empfehlenswert. Der folgende Patientenffall verdeutlicht das beschriebene Vorgehen.

    Klinischer Fallbericht 

    Eine Patientin (52 Jahre) stellte sich an der Universitätsklinik für Zahnmedizin in Genf für die Behandlung ihrer frakturierten Krone 21 und mit dem Wunsch einer ästhetischen Verbesserung ihrer Frontzähne vor (Abb. 6a). Die Patientin war sich über ihre Parafunktion bewusst, die zur Abnutzung der natürlichen Zähne geführt hatte. Ihre Funktion war ungleichmäßig, aufgrund der unterschiedlichen Abnutzung der natürlichen Zähne und der Keramikrestaurationen. Die provisorische Phase ging mit einer Bisshebung einher, die mit direkten Kunststoffrestaurationen realisiert wurde und die mit einem Schlüssel auf die Zähne gepresst wurden. Die Patientin gewöhnte sich schnell an die neu definierte vertikale Relation und gleichmäßig neu eingestellte Funktion. Vor der Überführung in die finalen Rekonstruktionen wurde die patientenspezifische Funktion, die in der provisorischen Phase getestet wurde, mit einem digitalen Gesichtsbogen (Tizian JMA Optic by zebris System; Schütz Dental GmbH) aufgezeichnet und die Rekonstruktionen unter Berücksichtigung der individuellen Bewegungen der Patientin in einer CAD-Software designt (Tizian Creativ RT; Schütz Dental) (Abb. 6b und c). In der abschließenden Behandlungsphase zur Wiederherstellung der Frontzahnästhetik mithilfe von Kronen und Veneers wurden die final designten Rekonstruktionen vor der Umsetzung in Keramik im digitalen Workflow 3-D-gedruckt (Straumann CARES P30; ­Straumann; SHERAprint-model, Shera), um dann die Passung und die exakte Form im Detail intraoral zu überprüfen. Die Rekonstruktionen können dabei gegebenenfalls ohne großen Aufwand angepasst werden, was in diesem Fall nicht notwendig war (Abb. 6d). Nach einer Ästhetikeinprobe wurden die Veneers und Kronen unter absoluter Trockenlegung mit einem lichthärtenden Komposit (Variolink Esthetic LC; ­Ivoclar) eingesetzt (Abb. 6e).

    Diskussion 

    Digitale Technologien ermöglichen deutliche Verbesserungen in vielen Bereichen der Human- und Zahnmedizin. Eine der Disziplinen, die von diesem technologischen Fortschritt besonders profitieren, ist die Prothetik1. Besonders die CAD/CAM-Technologie hat die Herstellung provisorischer und definitiver prothetischer Komponenten stark beeinflusst1,11,18. In dem Maß, in dem digitale Technologien sich etablie­ren und weiterentwickeln (intraorale Scanner, Modellscanner, Softwares für virtuelles Restaurationsdesign, 3-D-Drucker), ergeben sich neue Indikationen in anderen Abschnitten des prothetischen Behandlungsablaufs.

    Dieser Artikel zeigt die Vorteile, die neue Digitaltechnologien für die prothetische Diagnostik mit sich bringen. Die Diagnostik ist in der ästhetischen Zahnmedizin für einen vorhersagbaren Behandlungserfolg von entscheidender Bedeutung. Grundvoraussetzungen für zufriedenstellende Ergebnisse sind das Verständnis für die Bedürfnisse des Patienten und die Einigung auf ein klares Behandlungsziel17.
    Nicht in allen Fällen jedoch lassen sich die Wünsche des Patienten leicht erfassen, sodass die konventionelle Diagnostik mit einem Einzel-Wax-up und -Mock-up nicht ausreicht, um das gewünschte Behandlungsziel festzulegen. Werden weitere Wax-ups benötigt, kann zusätzlicher Zeit- und Kostenaufwand entstehen. Virtuelle Techniken vereinfachen diesen Arbeitsschritt und senken die Kosten, da sie Einschränkungen bei der manuellen Arbeit des Zahntechnikers aufheben, sodass er sich vollständig auf die Zahnform und -aufstellung konzentrieren kann. Steht der virtuelle Entwurf des geplanten Restaurationsvolumens, kann es ohne großen Aufwand variiert werden. So lassen sich verschiedene Varianten gestalten und ohne Mehrkosten in demselben 3-D-Druckgang realisieren. Die Kosten für das Druckmaterial sind gering und machen das Verfahren erschwinglich. Die Möglichkeit, aus einer Reihe von Vorlagen zu wählen, verbessert die Teamkommunikation und die Zufriedenheit von Patient, Zahnarzt und Zahntechniker und erleichtert die Entscheidungsfindung. 

    Trotzdem gibt es gewisse Nachteile bei der Herstellung von Mock-ups mit additiven Verfahren. Die anfänglichen Investitionen in die Hardware (optischer Scanner, 3-D-Drucker) sind erheblich. Weiterhin ergeben sich Schwierigkeiten bei der digitalen Ausarbeitung morphologischer Details. Die Beherrschung und effiziente Bedienung der Design-Software erfordert vom Techniker einen zeitaufwendigen Lernprozess. Und auch dann noch müssen feine Details (Inzisalkantenmerkmale und -zwischenräume, Oberflächentexturen usw.) von Hand eingearbeitet werden, um hervorragende Ergebnisse zu erreichen. Zudem können die Drucker gegenwärtig keine Strukturen mit Dicken unter 0,3 Millimeter herstellen. Dies ist problematisch, wenn sehr dünne labiale Schalen erstellt werden sollen, um ein klobiges Aussehen des Mock-ups zu vermeiden. Außerdem sind die verfügbaren 3-D-Druck-Materialien für das hier vorgestellte Protokoll biologisch und mechanisch nicht stabil genug, um sie für Provisorien oder definitive Restaurationen verwenden zu können.
    Der digitale Workflow wird also unterbrochen, sobald die definitive Restauration hergestellt werden muss. Eine direkte Überführung der diagnostischen Blaupause in die definitive Restauration ist mit computergestützten additiven Verfahren noch nicht zu verwirklichen. Die manuelle Schichtung und Ausarbeitung der definitiven Restauration durch den Zahntechniker führt zu leichten Abweichungen von den diagnostischen Entwürfen, die jedoch in den vorgestellten Fällen gut akzeptiert wurden. Dagegen lassen sich mit subtraktiven CAM-Verfahren Provisorien und definitive Restaurationen in der gewünschten CAD-Form herstellen5,12. Aber auch diese Workflows unterliegen, trotz ihrer Effi­zienz, gewissen Einschränkungen, wie begrenzten Farbpaletten, einer nicht unerheblichen Materialverschwendung, der Unmöglichkeit, Geometrien unterhalb des Werkzeugdurchmessers zu realisieren und der fehlenden Möglichkeit, mehrere Restaurationen simultan zu produzieren1,18. Additive Herstellungsverfahren für polychromen Polymerdruck oder, noch interessanter, zur Keramikschichtung wären extrem hilfreich.

    Gegenwärtig bieten einige 3-D-Druck-Anbieter die Möglichkeit, nicht dentale Keramiken zu drucken (Shapeways; Materialise). Hierzu wird mit einer Walze eine dünne Schicht Keramikpulver auf eine Druckplattform aufgebracht. Anschließend bringt der Druckkopf an den erforderlichen Stellen ein organisches Bindemittel auf. Das Werkstück wird schichtweise aufgebaut, indem die Druckplattform schrittweise abgesenkt wird und neue Pulverschichten mit der Walze aufgebracht werden. Ist das Werkstück fertig gedruckt, kommt es in einen Trockner, wo die Festigkeit der Keramikpulverstruktur erhöht wird, bis sie in einem Keramikofen klassisch gebrannt werden kann. Die technischen Verfahren sind also mittlerweile verfügbar und ihre Vorteile können daher sicher bald im zahnmedizinischen Bereich eingesetzt werden. Zwar gibt es gegenwärtig – obwohl der computergestützte Keramikdruck bereits machbar ist – keine CAD-Software, mit der sich die Zahnfarbe erfassen und das polychrome Keramikpulver-Layout für das Werkstück entwickeln lässt. Da es sich hierbei jedoch lediglich um ein technisches Problem handelt, hängt die Lösung nur von der Bereitschaft der Industrie ab, in entsprechende Entwicklungen zu investieren. 

    Trotz der erheblichen finanziellen Investition in die technischen Voraussetzungen für den digitalen Workflow (Software, Scanner, Drucker), der noch bestehenden Grenzen dieser jungen Technologien und des Lernprozesses, der notwendig ist, um die virtuellen Werkzeuge korrekt einsetzen zu können, ist die Digitalisierung der Zahnmedizin ein unaufhaltsamer Prozess, der zu noch höheren Standards in der Zahnmedizin führen dürfte. Die Implementierung dieser Techniken in die prothetische Diagnostik verbessert die Kommunikation zwischen Patient, Behandler und Techniker ohne zusätzliche Behandlungskosten. Damit steigt auch die Vorhersagbarkeit des Behandlungsergebnisses – ein Aspekt, der in der modernen restaurativen Zahnmedizin essenzielle Bedeutung hat. 

    Hinweise 

    Die Autoren danken Dr. Philipp Grohmann für die freundliche Erlaubnis zur Veröffentlichung des dritten Falls und seine Mitarbeit bei der Entwicklung des vorgestellten Konzepts. Sie danken außerdem Urs Rohner für die vorzügliche Anfertigung der definitiven Restaurationen des zweiten Falls. Die Autoren erklären, dass sie bezüglich der vorgestellten Technologien keinen Interessenkonflikten unterliegen. Diese Veröffentlichung ist eine aktualisierte Version des Beitrags aus der deutschsprachigen Ausgabe des International Journal of Esthetic Dentistry 2015;3:348–366.

    Ein Beitrag von Vincent Fehmer, Felix Burkhardt, Prof. Irena Sailer, alle Genf, Dr. Manuel Sancho-Puchades, Prof. Christoph Hämmerle, beide Zürich

    Literatur auf Anfrage über news@quintessenz.de

    Reference: Prothetik Digitale Zahnmedizin Digitale Zahntechnik Zahntechnik