OriginalarbeitSprache: DeutschDie Osteoradionekrose des Kiefers stellt noch immer eine ernstzunehmende Komplikation im onkologisch-chirurgischen Therapiekonzept von Tumoren im Mund-, Kiefer- und Gesichtsbereich dar.
Im Rahmen einer retrospektiven Studie wurden 830 Patienten mit Tumoren im Kopf- und Halsbereich, welche in den Jahren 1969 – 99 strahlentherapeutisch behandelt wurden, untersucht, wovon bei 68 Patienten eine ORN auftrat. Dies entspricht einer Inzidenz von 8,2 %.
Der Unterkiefer war eindeutige Prädilektionsstelle der ORN. Als Risikofaktoren für die Entstehung einer ORN konnten das Tumorstadium, eine operative Therapie mit Unterkiefer-Kontinuitätsresektion und Zahnextraktionen in engem zeitlichen Abstand zur Bestrahlung identifiziert werden. Periradiäre Zahnextraktionen waren in 50 % der Fälle Auslöser einer ORN. Negativ wirkten sich zudem eine präoperative Radiatio im Vergleich zur postoperativen Bestrahlung sowie eine kombinierte präoperative Radio-/Chemotherapie gegenüber einer alleinigen präoperativen Radiatio aus. Lediglich bei 40 % der betroffenen Patienten konnte eine Ausheilung der ORN durch eine Kombinationstherapie aus Antibiotikagabe und chirurgischen Maßnahmen erreicht werden. Eine hyperbare Oxygenation wurde nur in Einzelfällen durchgeführt. Damit wird die Notwendigkeit einer engmaschigen Betreuung von bestrahlten Patienten vor und nach einer Radiatio dargelegt. Weiterhin wird die Notwendigkeit einer großzügigen Zahnsanierung in ausreichend langem Intervall vor einer Radiatio deutlich. Die Bedeutung der Zahnextraktion als Auslöser für eine ORN wird durch die Ergebnisse dieser Studie unterstrichen. Die Wirksamkeit einer Antibiotikaprophylaxe wird jedoch in Frage gestellt.