Arteriovenöse Malformationen (AVM) sind angeborene Gefäßmissbildungen, die im Hirngewebe oder dessen unmittelbarer Nachbarschaft wachsen und in die Umgebung infiltrieren können. Sie bestehen aus einem Nidus, in den zuführende arterielle Gefäße münden und venöse Gefäße herausführen. Da die AVM aber oft ein unübersichtliches Knäuel ist, kann man die einzelnen Elemente schwer unterscheiden. Der Nidus ist definitionsgemäß der Ort, an dem die Arterien ohne zwischengeschaltetes Kapillarbett kurzschlussartig direkt in die Venen übergehen. Dies führt zu einem hohen Blutdruck und -fluss in den Venen, die erweitert sein und perforieren können. Wenn eine AVM spontan blutet, kann sie „symptomatisch“ werden, d.h. Beschwerden hervorrufen. Eine Abschätzung der Blutungswahrscheinlichkeit von AVM ist für den Einzelfall nahezu unmöglich, insgesamt geht man von einer jährlichen Blutungsinzidenz zwischen 1 – 4% aus.
Im vorliegenden Fall berichten wir über einen 70-jährigen Patienten mit einer AV-Malformation der Temporalregion links, der im Juli 2022 aufgrund einer seit ca. drei Jahren progredienten Halsveneneinflussstauung links mit Rückstau bis in die linke Schläfenregion konsiliarisch in unserer Klinik vorgestellt wurde. Weiterhin klagte der Patient über wiederholt unter Ruhebedingungen auftretende Strömungsgeräusche mit Tinnitus und über ein Schwirren links temporal sowie Schmerzen bei Berührung der klinisch diskret erhabenen Weichgewebsveränderung. Im CT der supraaortalen Gefäße zeigte sich eine ausgeprägte extrakranielle Gefäßektasie links temporal mit Kontrastierung der Vv. jugularis externa und interna bereits in der arteriellen Phase, in erster Linie bei high-flow-AV-Fistel. Zur weiteren Diagnostik wurde dann eine zerebrale Panagiografie durchgeführt. Diese bestätigte das Vorliegen einer extrakraniellen galealen arteriovenösen High-Flow-Malformation mit arterieller Versorgung vor allem aus Ästen der Arteria temporalis superficialis und venöser Drainage hauptsächlich über die linke Vena jugularis externa. Vor diesem Hintergrund wurde die AVM zunächst interventionell von unseren Neuroradiologen durch einen kombinierten transvenösen-transarteriellen Eingriff zirkulatorisch ausgeschaltet und eine Woche später durch uns schlussendlich chirurgisch über einen Hemibügelschnitt entfernt. Durch die stattgehabte Embolisation ergaben sich intraoperativ keine relevanten Blutungskomplikationen.
Nach aktuellen Therapiestandards werden größere AVM in der Regel zuerst katheterbasiert embolisiert und im Intervall in einer Operation vollständig entfernt. Aus unserer Erfahrung nach ist ein Abstand von einer Woche zwischen Embolisation und Operation optimal.
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