ParodontologieSeiten: 399-410, Sprache: DeutschSchlagenhauf, UlrichDer nächste Paradigmenwechsel?Nach aktuellem wissenschaftlichem Verständnis bildet nicht primär eine mangelhafte Mundhygiene, sondern eine durch Lebensstil, Ernährung sowie genetische Disposition induzierte, unphysiologische Veränderung des Keimspektrums (Dysbiose) des humanen Mikrobioms der Mundhöhle und des Darms den eigentlichen Ausgangspunkt für eine inadäquate, chronisch proinflammatorische Fehlregulation des mukosalen Immunsystems, welche sich nachfolgend u. a. als parodontale Entzündung und Plaqueakkumulation klinisch manifestiert. Hierbei sind das Überwachsen virulenter, parodontopathogener Keime und in gleichem Maße auch das Fehlen systemrelevanter entzündungsdämpfender Schlüsselkeime von Bedeutung. Die Substitution dieser Schlüsselkeime durch den gezielten Konsum von Lebensmitteln mit gesundheitsfördernden Mikroorganismen bildet die Basis des Konzepts der probiotischen Therapie. Zurzeit ist die verfügbare Evidenz zum klinisch relevanten Nutzen der probiotischen Therapie bei Patienten mit manifester Parodontalerkrankung noch fragmentarisch. Die Ergebnisse bereits vorliegender klinisch-experimenteller Interventionsstudien belegen jedoch in ihrer Mehrzahl eine klinisch bedeutsame Hemmwirkung der Gabe probiotischer Präparate auf die Ausprägung gingivaler Entzündungen sowie eine signifikante Förderung der Abheilung parodontaler Läsionen nach Scaling und Root Planing.
Schlagwörter: Bakterielle Plaque, mikrobieller Biofilm, parodontitisassoziierte Keime, humanes Mikrobiom, Probiotika, probiotische Therapie, Lactobacillus reuteri