In der Schweiz stellen schwere Stich- und Schussverletzungen nur einen kleinen Teil der Kiefer- und Gesichtsverletzungen dar. Schussverletzungen im Gesichtsbereich sind jedoch aufgrund der komplexen Anatomie, ästhetischen Überlegungen, funktionellen Beeinträchtigungen und psychologischen Auswirkungen besonders herausfordernd. Dieser Fallbericht beschreibt das klinische, radiologische und operative Management eines 16-jährigen Patienten, der auf einem Open-Air-Festival in Zürich durch ein Projektil in regio parotideomasseterica verletzt wurde. Der Patient berichtete von stechenden Schmerzen unterhalb des linken Ohrs, einer blutenden Wunde und leichter Benommenheit. Er nahm jedoch weder einen Schuss noch ein ähnliches Ereignis wahr. Am folgenden Tag suchte er die Notaufnahme aufgrund anhaltender Kopfschmerzen auf. In der initialen Computertomografie (CT)-Aufnahme wurde das Projektil nicht identifiziert, sodass in der Gesamtkonstellation die Diagnose einer Prellung gestellt wurde. In der Folge konsultierte der Patient einen Zahnarzt wegen Kieferbeschwerden und Gingivitis. Auch auf der Panoramaschichtaufnahme (PSA) wurde das Projektil übersehen. Erst nach einer späteren radiologischen Reevaluation der bereits akquirierten Bilddaten gelang es, das Projektil zu identifizieren. Nach Überweisung an einen Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen ermöglichte eine prä-operative digitale Volumentomografie (DVT) eine präzise Planung der operativen Entfernung, welche komplikationslos verlief. Der vorliegende Fall demonstriert die Relevanz und Notwendigkeit präziser Diagnostik sowie interdisziplinärer Zusammenarbeit, insbesondere einer effektiven Kommunikation zwischen verschiedenen Fachbereichen.
Manuskripteingang: 15.09.2024, Manuskriptannahme: 11.11.2024
Keywords: Schussverletzung, Projektil, Fremdkörper, Trauma, forensische Medizin