Fallbericht: Das dargestellte Fallbeispiel zeigt einen 58-jährigen Patienten, der alio loco mit einer Tumorradikaloperation und anschließender Radiatio bei einem Plattenepithelkarzinomen des anterioren Unterkiefers vorbehandelt war. Mittels eines Spalthauttransplantats vom Oberschenkel konnte das Vestibulum wiederhergestellt und anschließend eine implantatgetragene prothetische Versorgung verankert werden. Nach ca. 6 Wochen hatte sich fixierte Gingiva gebildet und ein Prothesenlager ausgeformt. Anschließend wurde eine definitive steggetragene Prothese erstellt. Durch die Prothetik kam es darüber hinaus zu einer Verbesserung der Mundöffnung und des Weichgewebsprofils.
Diskussion: Studien zeigen, dass implantatgetragene Unterkieferprothesen eine zuverlässige und wirksame Methode zur Rekonstruktion des zahnlosen Unterkiefers mit einer hohen Patientenzufriedenheit und deutlich verbesserten Kaufunktion sind.
Durch die fortgeschrittene Unterkieferatrophie und die vorausgegangene Tumorradikaloperation kommt es zu einem Übergreifen der Mentalismuskulatur und der Gewebeansätze am Alveolarkamm sowie zu einer Verringerung der Größe und Form des Unterkiefers, insbesondere in der vestibulären Tiefe. Für eine langzeitstabile Verankerung mit Implantaten ist daher eine Vestibulumplastik indiziert.
Es wird allgemein empfohlen, die Vestibulumplastik 2 Monate vor dem Einsetzen der enossalen Implantate durchzuführen. Alternativ kann die Vestibulumplastik auch bei der Implantation erfolgen.
Bei der Verwendung von Gaumentransplantaten kommt es häufig zu postoperativen Schmerzen und die Transplantatgröße ist limitiert. Spalthauttransplantate werden insbesondere dann empfohlen, wenn ein großes Transplantat erforderlich ist. Die Immobilisierung und Adhäsion des Spalthauttransplantats sind kritische Faktoren neben einer adäquaten Gefäßversorgung des Empfängerbereichs. Darüber hinaus kommt es durch Mikrobewegungen beim Kauen zu einer lokalen Entzündung. Speichel sammelte sich unter dem Transplantat und kann dieses vom Transplantatbett trennen. Komplikationen an der Entnahmestelle sind selten. Die transplantierte Haut ist fest, unbeweglich, stabil und kann den funktionellen Belastungen des Prothesentragens standhalten.
Eine Kontraindikation besteht bei Patienten, die neben dem Spalthauttransplantat eine Alveoplastik benötigen. Da das Spalthauttransplantat supraperiostal eingebracht wird, schließt es eine gleichzeitige Alveoplastik aus.
Zusammenfassung: Ohne ein ausreichendes Vestibulum ist eine prothetische Rehabilitation im stark atrophierten Kiefer kaum möglich. Um eine langzeitstabile Implantatversorgung zu ermöglichen, muss ein ausreichendes Weichgewebslager mit einem stabilen periimplantären Gewebe und einer guten Hygienefähigkeit geschaffen werden. Goldstandart für die Vestibulumplastik ist das orale Schleimhauttransplantat. Diese ist jedoch nur begrenzt verfügbar, so dass zur Deckung ausgedehnter Weichgewebsdefizite in Folge einer Tumortherapie das Spalthauttransplantat verwendet werden kann.
Schlagwörter: Spalthauttransplantat, Vestibulumsplastik, Weichgewebsersatz