Ziel dieser systematischen Übersichtsarbeit war es, die Frage zu beantworten, ob Patienten mit Osteogenesis imperfecta (OI) prothetisch mit Implantaten versorgt werden können. Osteogenesis imperfecta ist eine seltene genetische Erkrankung, die durch einen Defekt des Kollagens Typ I gekennzeichnet ist und zu Knochenbrüchigkeit und Bindegewebsstörungen führt.
Fallbericht: Eine 64-jährige Patientin mit OI Typ 1 stellte sich im Mai 2019 zum ersten Mal in einer Spezialsprechstunde für seltene Erkrankungen mit oraler Beteiligung vor. Unter Lokalanästhesie und perioperativer Langzeitantibiose wurden in den Regionen 32 und 44 zwei Bereiche identifiziert, in denen die Insertion von zwei Tissue-Level Implantaten ohne Augmentation möglich war. Seit der Implantation hat die Patientin ein Jahr lang regelmäßig Kontrolluntersuchungen wahrgenommen und keine Anzeichen einer medikamentenassoziierten Osteonekrose oder einer periimplantären Infektion gezeigt. Auch die Taschensondierungstiefen sind stabil geblieben.
Aufgrund der unzureichenden Studienlage zu Implantaten bei Personen mit OI wurde eine systematische Übersichtsarbeit angefertigt. Die Einschlusskriterien waren die Diagnose einer Osteogenesis imperfecta und die Verwendung von Implantaten für die prothetische Versorgung. Die Suchanfragen basierten auf dem "Population Intervention Comparison Outcome" (PICO) Verfahren mit der Fragestellung: „Können Menschen mit Osteogenesis imperfecta (P) erfolgreich mit Zahnimplantaten (I) behandelt und prothetisch versorgt werden (O)?“. Die Überlebensrate der Implantate lag bei 94,0 %, mit einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 59,1 Monaten (±36,1). Insgesamt gingen sieben Implantate bei vier verschiedenen Patienten verloren.
Daher können Implantate eine praktikable Behandlungsoption für den Ersatz fehlender Zähne bei Patientenmit OI sein und sollten bei der Behandlungsplanung nach einer ausführlichen individuellen Risikoeinschätzung berücksichtigt werden.