FallberichtDOI: 10.53180/dzz.2022.0024Seiten: 290-299, Sprache: DeutschSonnenschein, Sarah / Lux, Christopher J. / Zingler, Sebastian / Freudlsperger, ChristianEinführung: Die kieferorthopädische Therapie von erwachsenen Patienten mit interdisziplinärem Behandlungsbedarf stellt oft eine Herausforderung dar und erfordert zum Erreichen eines optimalen Ergebnisses eine gute Abstimmung aller Behandler. Der Fallbericht beschreibt die gemeinsame Therapie einer 40-jährigen Patientin mit einer Angle-Klasse III, Zwangsbissführung, ausgeprägten Zahnfehlstellungen und Parodontitis. Weiterhin bestand Bedarf an konservierender Behandlung aufgrund insuffizienter Restaurationen und kariöser Läsionen.
Behandlungsmethode: Die Therapie umfasste kieferchirurgische, kieferorthopädische, parodontale und konservierende Behandlungen sowie eine abschließende Zahnumformung. Nach ausführlicher Planung erfolgte zunächst die systematische Parodontitistherapie. Nachdem stabile parodontale Verhältnisse erreicht waren und gehalten werden konnten, folgten die kieferorthopädische präoperative Ausformung mittels Multibracketapparatur und abschließend eine bimaxilläre Umstellungsosteotomie. Zur ästhetischen Korrektur der Oberkieferfrontzähne wurde eine direkte Formkorrektur mittels Komposits durchgeführt.
Ergebnis: Dank der guten interdisziplinären Zusammenarbeit der zahnmedizinischen Fachdisziplinen Oralchirurgie, Parodontologie und Kieferorthopädie sowie abschließender Zahnumformung konnte die einwandfreie und schmerzfreie Funktion des Kiefers unter gesunden parodontalen Verhältnissen hergestellt und ein ästhetisch zufriedenstellendes Erscheinungsbild der Zähne erreicht werden.
Schlussfolgerung: Bei Patienten mit Bedarf an interdisziplinärer Behandlung sollte eine gemeinsame Ziel- und Behandlungsplanung angestrebt werden. Um ein optimales Therapieergebnis zu erreichen, müssen die einzelnen Behandlungsschritte stets zeitlich und zwischenergebnisorientiert geplant und gegebenfalls angepasst werden.
Schlagwörter: Dysgnathie, Parodontitistherapie, prä- und postoperative kieferorthopädische Therapie, orthognahte Chirurgie, Zahnumformung
WissenschaftDOI: 10.53180/dzz.2022.0025Seiten: 300-306, Sprache: DeutschHarms, Carolin Sabine / Husemann, Vesna / Schäfer, Edgar / Dammaschke, TillOriginalarbeitEinleitung: Ziel der Arbeit war der Vergleich verschiedener Methoden zur Entfernung von Kalziumhydroxid (Ca(OH)2) aus Wurzelkanälen.
Material und Methoden: 160 extrahierte menschliche Zähne wurden in 2 Gruppen aufgeteilt. In Gruppe 1 (n = 80) wurden alle Wurzelkanäle mit Handinstrumenten bis zur ISO-Größe 40 und in Gruppe 2 (n = 80) mit rotierenden Nickel-Titan-Feilen (Mtwo) bis zur Größe 04/40 aufbereitet. Nach Spülung wurden alle Wurzelkanäle mit Ca(OH)2 gefüllt und die Zugangskavität provisorisch verschlossen. Alle Zähne wurden für 7 Tage bei 37 °C und 100 % Luftfeuchtigkeit gelagert. Nach der Lagerung wurde bei der Hälfte der Proben beider Gruppen (n = 40) eine Wurzelkanalspülung ohne vorherige Instrumentierung durchgeführt. Bei der anderen Hälfte (n = 40) wurden die Wurzelkanäle mit einer Hedströmfeile ISO Größe 45 auf Arbeitslänge instrumentiert. Alle Proben wurden in Untergruppen (n = 10) aufgeteilt und mit 5 ml NaCl-Lösung 0,9 %, CHX 2 % bzw. NaOCl 2,5 % mit oder ohne Ultraschallaktivierung gespült. Mittels rasterelektronenmikroskopischer Auswertung wurde die Sauberkeit der Wurzelkanalwände auf einer Skala von 1 (kein Ca(OH)2 sichtbar) bis 5 (ausgeprägte Ca(OH)2-Schicht) bewertet. Die erhobenen Daten wurden mittels Kruskal-Wallis-Test statistisch ausgewertet (p < 0,05).
Ergebnisse: Durch Ultraschall aktiviertes NaOCl entfernte signifikant mehr Ca(OH)2 als alle anderen Lösungen oder Methoden (p < 0,05). Die Konizität der Instrumente (Handinstrumente 2 % oder NiTi-Feilen 4 %) sowie die Instrumentierung vor der Spülung hatten keinen signifikanten Einfluss (p > 0,05). Bei allen getesteten Spüllösungen war das Ergebnis innerhalb der jeweiligen Gruppe unabhängig von der Lage der untersuchten Stelle im Wurzelkanal (p > 0,05).
Schlussfolgerung: Nur die passive Ultraschallaktivierung war in der Lage, Ca(OH)2 ausreichend aus dem Wurzelkanal zu entfernen. Weder die Konizität der verwendeten Instrumente noch eine Instrumentierung vor der Spülung hatte einen signifikanten Einfluss auf die Entfernbarkeit von Ca(OH)2.
Schlagwörter: Instrumentenkonizität, Kalziumhydroxid, passive Ultraschallspülung (PUI), Wurzelkanalaufbereitung, Wurzelkanalspülung
WissenschaftDOI: 10.53180/dzz.2022.0026Seiten: 307-317, Sprache: DeutschRehnisch, Carolin / Feußner, Oskar / Klima, Isabell / Rabkow, Nadja / Pukas, Lilith / Sapalidis, Alexandra / Ehring, Emilia / Keuch, Lea / Watzke, StefanOriginalarbeitEinführung: Depressionen sind weltweit eine der Hauptursachen für krankheitsbedingte Behinderung. Ein erster Erkrankungsgipfel wird in den jungen Erwachsenenjahren verzeichnet. Unter den epidemiologischen Untersuchungen junger Menschen liegen vor allem Studien für Studierende vor. Die psychische Gesundheit Zahnmedizinstudierender wurde bisher in der Forschung wenig thematisiert. Viele Studierende berichten subjektiv von psychischen Beschwerden, während die Studienlage dazu national und international dürftig ist. Dies vorliegende Studie untersucht die psychische Gesundheit von Studierenden der Zahnmedizin einer mittelgroßen deutschen Universität.
Methodik: Eine Stichprobe von n = 153 Zahnmedizinstudierenden beantwortete das Beck-Depressions-Inventar-II zum Erfassen depressiver Symptome, das NEO-Fünf-Faktoren-Inventar zur Erhebung des Persönlichkeitsmerkmals Neurotizismus und einen Fragebogen zur Selbstbeschreibung und zum Studium, der 8 Risikofaktoren, 5 studienbezogene Belastungsfaktoren und 8 Resilienzfatoren enthielt, die in der Literatur beschrieben wurden.
Ergebnisse: 41,8 % der Studierenden zeigten milde (18,3 %), moderate (17,0 %) oder schwere (6,5 %) depressive Symptome. Es wurden 5 potenzielle Risikofaktoren, 4 Belastungsfaktoren und 5 Resilienzfaktoren identifiziert, die einen kumulativen Effekt hatten: Je mehr Risikofaktoren bzw. Belastungsfaktoren die Studierenden angaben, dest mehr depressive Symptome wiesen sie auf. Umgekehrt verhielt es sich mit den Resilienzfaktoren.
Diskussion: Die Prävalenz depressiver Symptome Zahnmedizinstudierender übersteigt sowohl die der Allgemeinbevölkerung als auch die in vorangegangenen nationalen und internationalen Studien über Depressivität bei Studierenden. Neurotizismus und der Konsum von Drogen und Medikamenten sind potenzielle Risikofaktoren, Überforderung und Leistungsdruck studienbezogene Belastungsfaktoren. Emotionale Unterstützung und Zufriedenheit mit dem Studium wirken protektiv gegen depressive Symptomatik.
Schlussfolgerung: Von Bedeutung sind die Ergebnisse nicht nur wegen des aktuellen Leidensdrucks der Zahnmedizinstudierenden, sondern auch im Hinblick auf ihre potenzielle Rolle im Gesundheitswesen. Studierende sollten hinsichtlich dieser Thematik informiert und sensibilisiert werden. Eine Aufklärung zum Thema Depressionen ist sinnvoll, um zu entstigmatisieren und das Bewusstsein für die Erkrankung zu schärfen. Universitäre Programme können zudem zum frühen Erkennen und zu einer sekundären Prävention von depressiven Symptomen beitragen, um die mentale Gesundheit potenzieller Zahnärzte zu schützen.
Schlagwörter: Depression, depressive Symptome, mentale Gesundheit, Prävalenz, Prävention, Resilienzfaktoren, Risikofaktoren, Zahnmedizinstudierende
WissenschaftDOI: 10.53180/dzz.2022.0027Seiten: 318-326, Sprache: DeutschGroß, DominikOriginalarbeitEinleitung: Otto Walkhoff gilt als einer der bedeutendsten Zahnärzte des frühen 20. Jahrhunderts. Doch während er als Namensgeber wissenschaftlicher Entwicklungen („Walkhoff-Paste“, „Walkhoff-Auftreiber“) bleibende Bekanntheit erlangte, ist das Wissen um seine Persönlichkeit und um die Hintergründe seiner Entpflichtung eher bruchstückhaft. Noch weitaus weniger Beachtung fand lange sein Verhältnis zum Nationalsozialismus. Der vorliegende Beitrag nimmt die bestehenden Forschungslücken zum Anlass für eine synoptische Analyse von Walkhoffs Leben und Werk.
Material und Methode: Methodische Grundlage der Studie sind archivalische Aktenbestände, eine autobiografisch geprägte Schrift Walkhoffs (1934) sowie die 1939 publizierte „Geschichte der Familie Walkhoff“. Zudem erfolgte eine umfassende Reanalyse von Sekundärquellen (Dissertationen, Fachaufsätze, Laudationes, Nekrologe) zu Walkhoff und seinem Umfeld.
Ergebnisse: Walkhoff war ein Pionier der zahnärztlichen Radiologie und Endodontie sowie der zentrale Wegbereiter des zahnärztlichen Promotionsrechts. Zugleich trug er über Jahrzehnte Konflikte mit Kollegen und Behörden aus, die letztlich zu seiner forcierten vorzeitigen Emeritierung führten. Politisch schloss Walkhoff sich ungewöhnlich früh (1929) der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) an. Diskussion und
Schlussfolgerung: Walkhoff war fachlich außergewöhnlich anerkannt, als Persönlichkeit jedoch hochumstritten. Er trat der NSDAP zu einem Zeitpunkt bei, als es weder politisch opportun noch karrierefördernd war. Er blieb der NS-Ideologie bis zu seinem Tod treu und positionierte sich noch 1934 – und somit ein Jahr nach dem Machtwechsel – expliziert als Anhänger Hitlers. Zugleich setzte er sich zu zwei 1933 aufgelösten demokratischen Parteien, BVB und SPD, in eine kritische Distanz.
Schlagwörter: DGZMK, Nationalsozialismus, NSDAP, Radiologie, Zahnerhaltung