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„XYZ, STL, OFF, PLY, OBJ und XML“ – ZTM Ralph Riquier mit Basiswissen für den digitalen Datenaustausch

Daten und Dateiformate ­beeinflussen die interdisziplinäre Zusammen­arbeit immer stärker. In diesem Beitrag ­werden offene Datei- und Daten­formate vorgestellt, die häufig im ­dentalen CAD-Bereich genutzt werden, wie XYZ, STL, OFF, PLY, OBJ und XML. In Bezug auf die Zahnmedizin lassen sich diese Dateiformate in drei unterschiedliche Datenkategorien einteilen: Volumen­daten, 3-D-Oberflächendaten, text­basierte Daten. Im Hintergrund steht die Überzeugung, dass ein ­offener, aber gleichzeitig auch ­verifizierter Daten­austausch nur möglich ist, wenn ­digitale Strukturen verstanden werden.

Die Quintessenz Zahntechnik, kurz QZ, ist die monatlich erscheinende Fachzeitschrift für alle Zahntechniker und zahntechnisch interessierte Fachleute, die Wert auf einen unabhängigen und fachlich objektiven Informationsaustausch legen. Im Vordergrund der Beiträge und Berichterstattung steht die Praxisrelevanz für die tägliche Arbeit. In dieser Zeitschrift finden sich Zahntechniker, Dentalindustrie und die prothetisch orientierte Zahnarztpraxis mit ihren Anliegen nach einer hochwertigen Fortbildung gleichermaßen wieder. Zur Online-Version erhalten Abonnenten kostenlos Zugang. Mehr Infos zur Zeitschrift, zum Abo und zum Bestellen eines kostenlosen Probehefts finden Sie im Quintessenz-Shop.

Einleitung

Dateien und Datenschnittstellen werden im zahntechnischen Alltag immer wichtiger. Die digitale Transformation eines Berufstandes bedeutet nicht zwangsläufig eine Veränderung des zu erstellenden Produktes. Auch nach Einführung des Digitaldrucks entstehen in der Druckerei immer noch Flyer, Kataloge etc., nur der Herstellungsprozess und dessen Effizienz sind anders. Ebenso werden im zahntechnischen Bereich weiterhin Kronen, Brücken etc. hergestellt, aber eben mit anderem Handwerkszeug. Dies bedeutet, dass ein Wandel in der Ausrichtung der Herstellungsabläufe unumgänglich wird. Und so verlagern sich auch die benötigten Kompetenzen des an der Produktion beteiligten Personals. Waren früher vorrangig manuelle Fähigkeiten entscheidend, um hochwertigen Zahnersatz herzustellen, werden zukünftig immer mehr kognitive Fähigkeiten an deren Stelle treten. Motorisches Feingefühl ist bei der digitalen Konstruktion von Kauflächen nicht vonnöten, das Wissen um die numerische Definition der benötigten funktionellen Freiräume hingegen schon.

Zudem wird sich die digitale Transformation im nächsten Schritt aus dem Bereich der reinen Fertigung in den Bereich der interdisziplinären Zusammenarbeit ausbreiten. Dieser Wandel wird das zahntechnische Berufsbild noch grundlegender verändern. Vernetzung und Kommunikation sind Triebfedern dieser Veränderung. Der Einzeller Labor weitet sich zu einem vernetzten Nervensystem aus, bei dem die zur Interaktion benötigten Vehikel Dateien sind.

Interoperabilität

Datenaustausch beinhaltet immer eine gemeinsame Basis der beteiligten Partner zur Dateninterpretation. Dies wird im Allgemeinen unter dem Oberbegriff Schnittstellenmanagement definiert. Ein Zitat aus Wikipedia beschreibt die Trivialität, aber ebenso die tiefgreifende Komplexität von Datenschnittstellen vollumfänglich: Die Kenntnis des Dateiformats ist essenziell für die Interpretation der in einer Datei abgelegten Information.1

Trivial einfach, weil: Man muss wissen, wie ein Dateiformat aufgebaut ist und was es beinhaltet, um es richtig weiterzuverarbeiten. Aber eben auch sehr komplex: Denn woher bekommt man die Kenntnis über den Aufbau?

Für genormte Dateiformate ist diese Kenntnis gelöst, da die Normung die Beschreibung des Dateiformates beinhaltet. Da im Dentalbereich zumeist keine genormten Dateiformate verwendet werden, ist das „Woher bekommt man die Beschreibung?“, gepaart mit dem häufig auftretenden geschlossenen oder abgestimmten Systemgedanken vieler Hersteller, für die Interoperabilität ein großes Problem.

Im zahntechnischen Bereich ist eine Vielzahl von unterschiedlichen Dateiformaten zu finden, die häufig denselben Zweck erfüllen. Viele dieser Formate sind proprietär, also herstellerspezifisch, und nicht veröffentlicht. Dies wird umgangssprachlich als „geschlossene Formate“ bezeichnet. Offene Formate hingegen sind solche, deren Aufbau bekannt (öffentlich) ist. Zielsetzung ist hierbei, eine Interoperabilität zwischen unabhängigen Softwaresystemen herzustellen, ohne sich weiter absprechen oder Schnittstellen definieren zu müssen. Allerdings unterliegen die meisten dieser offenen Softwareformate keiner Normung, sondern nur einer öffentlichen Spezifikation. Dies bedeutet, dass Firmen für spezielle Problemlösungen auch Derivate dieser Formate erstellen, die dann allerdings ohne erweiterte Spezifizierung nicht system­übergreifend genutzt werden können.

Dateiformate

Digitales Handwerkszeug 4.0 bedeutet, die eigenen Kompetenzen in den Bereich der Dateiformate und des Schnittstellenmanagements zu erweitern. Ein offener, aber gleichzeitig auch verifizierter Datenaustausch ist nur möglich, wenn digitale Strukturen verstanden werden. Grundlage ist dabei ein Verständnis der eingesetzten Formate und deren Aufgaben im digitalen Workflow.

Zu den offenen Datei- oder Datenformaten, die häufig im dentalen CAD-Bereich genutzt werden, zählen: DCM (DICOM, nicht zu verwechseln mit dem proprietären Format .dcm von 3Shape, Kopenhagen, Dänemark), XYZ, STL, OFF, PLY, OBJ, XML. Bezogen auf die Zahnmedizin lassen sich diese Dateiformate in drei unterschiedliche Datenkategorien einteilen: Volumendaten, 3-D-Oberflächendaten, textbasierte Daten.

Volumendaten

Volumendaten übermitteln Informationen zum inneren Aufbau des gemessenen Objektes. Der dreidimensionale Aufbau bildet sich aus Voxeln, die farblich (z. B. Grauwerte) den Übergang von einer Materie in die nächste aufzeigen. Volumendaten entstehen z. B. beim digitalen Röntgen, bei der Magnetresonanztomografie, Sonografie oder Computertomografie. Als einheitlicher Standard für Praxen und Krankenhäuser im gesamten medizinischen Bereich wurde hierfür das DICOM-Datenformat entwickelt. Als offener Standard soll es die Interoperabilität zwischen verschiedenen medizinischen Anwendungen gewährleisten. Das DICOM-Format ist kein Dateiformat, sondern ein Datenformat (Datencontainer), das neben den eigentlichen Aufnahmen auch Metainformationen beinhaltet, wie Patientennamen, Geräteparameter, behandelnder Arzt etc.

3-D-Oberflächendaten

Oberflächendaten geben die dreidimensionale Oberfläche eines Körpers wieder. Im Dentalbereich können sie entweder nach einer Vermessung (z. B. optischer 3-D-Scan) oder nach digitaler Konstruktion (zum Beispiel Brückengerüst) entstehen (Abb. 1).

XYZ-Koordinaten

Die einfachste Form, nach einer optischen- oder taktilen Vermessung die Messergebnisse darzustellen. Jeder gemessene Punkt erhält drei Koordinaten, die seine Position auf den X,Y,Z-Achsen eines kartesischen Koordinatensystems definieren. Diese Koordinaten werden in dem Dateiformat für jeden Punkt in einer Zeile tabellarisch aufgeführt (Abb. 2).

STL-Datei

Die Herkunft des Namens ist nicht eindeutig spezifiziert. Er steht für: Stereo Lithography oder Standard Tessellation Language oder Standard Triangulation Language. Das Dateiformat dient als Standardschnittstelle bei Vielflächennetzen, ist aber keine normierte Schnittstelle. Veröffentlich wurde es erstmalig 1988. Die 3-D-Oberfläche bildet sich aus vielen Dreiecken (Abb. 3). Das Format beinhaltet jedes Dreieck mit seinen Eckpunkten und deren Oberflächennormale (Richtungsvektor) (Abb. 4).

OFF-Datei

Das Objekt File Format ist ein sehr einfaches Format, das einzelne Polygone eines Polyeders beschreibt. Die erste Zeile der Datei besteht aus der Kennung des Dateiformats (off). Im Anschluss werden nacheinander die Eckpunkte der Polygone in ihren drei kartesischen Koordinaten (X,Y,Z) und die daraus resultierende Fläche aufgelistet (Abb. 5).

PLY-Datei

Das Polygon File Format wurde in den 90er-Jahren entwickelt. Es beschreibt eine Oberfläche anhand eines Vielflächennetzes aus Polygonen. Es besteht aus einem Dateikopf mit der Kennung des Dateiformats (ply). Danach folgt eine Liste der Eckpunkte und eine Liste der Polygone. Diese können Dreiecke oder Vierecke sein. Als zusätzliche Information kann dieses Format auch Farbinformationen beinhalten. Hierbei wird jedem Eckpunkt eine Farbe im RGB-Farbsystem zugeordnet. Die Flächen der Polygone färben sich im Verlauf entsprechend der Farbwerte der einzelnen Eckpunkte. Ebenso können Transparenzen der Flächen definiert werden (Abb. 6).

OBJ-Datei

Wavefront OBJ: Entwickelt wurde dieses Format 1989 von Wavefront Technologies. In diesem Format wird zum einen die geometrische Oberfläche eines Objekts als Vielflächennetz gespeichert und zum anderen können optische Materialeigenschaften, wie eine Textur, in einer separaten Materialdatei dem Objekt zugewiesen werden (Abb. 7).

Textbasierte Daten

Textbasierte Daten finden Verwendung, wenn Informationen von einer Software zur nächsten übergeben werden sollen. Diese Informationen können Funktionen oder Zustände sowie Beschreibungen sein. Im Dentalbereich werden diese Dateien häufig zur Übergabe von zusätzlichen Informationen (Patientenname, Präparationsgrenzen etc.) zu 3-D-Oberflächendaten verwendet. So kann das verwendete 3-D-Format einem Standard entsprechen und die zusätzlich benötigten, individuellen Informationen werden über die verknüpfte Textdatei übergeben.

XML

Extensible Markup Language: Dieses Format wurde vom World Wide Web Consortium 1998 herausgegeben und existiert in seiner fünften Überarbeitung. Das Format ist sowohl maschinen- als auch menschenlesbar und wird für den implementationsunabhängigen Austausch von Informationen zwischen eingesetzten Softwaresystemen eingesetzt. Es unterliegt Regeln, deren Ziel die „Wohlgeformtheit“ der Datei sicherstellen soll. Der logische Aufbau entspricht einer Baumstrucktur und ist hierarchisch organisiert (Abb. 8).

Fazit

Daten und Dateiformate werden in Zukunft die interdisziplinäre Zusammenarbeit immer stärker beeinflussen. Die digitale Transformation betrifft nicht mehr allein die Art der Herstellung, sondern wird vor allem durch die Vernetzung und den damit einhergehenden Datenfluss den Arbeitsablauf nachhaltig verändern. Handwerkszeug 4.0 bedeutet für den Zahntechniker, eine digitale Kompetenz aufzubauen, die über die Bedienung einer Software oder einer CNC-Maschiene weit hinaus geht. Digitale Kompetenz bedeutet Schnittstellenmanagemet, Datenhandling und Datenvalidierung. In einem interdisziplinär vernetzten digitalen Arbeitsumfeld, in das immer einfacher neue Anbieter einbrechen können, ist es essenziell für die zukunftsorientierte Laborausrichtung, den Datenstrom zu beherrschen.

 

Literatur

1. Wikipedia: Dateiformat. URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Dateiformat (Zugriff am 15.01.2019).

Quelle: Quintessenz Zahntechnik, Ausgabe 2/19 Digitale Zahntechnik Zahntechnik Unternehmen Dentallabor