Eine vor kurzem in Deutschland durchgeführte Auswertung der Inhalte zahnmedizinischer Webseiten hat gezeigt, dass das sogenannte Phase-1/Phase-2-Konzept zur Behandlung von Patienten mit kraniomandibulären Dysfunktionen (CMD) nach wie vor relativ weit verbreitet ist. Zusammenfassende kritische Fachartikel zu dieser bis in die 1970er-Jahre zurückreichenden Therapiestrategie sind jedoch rar und im zahnärztlichen Schrifttum weit verstreut. Dies erschwert eine wissenschaftsgestützte Einschätzung zu dieser Thematik, zum Beispiel in Zusammenhang mit der Erstellung von Gutachten für Versicherungen oder Gerichte. In diesem Beitrag folgt auf eine kurze Beschreibung dieses therapeutischen Konzepts eine kritische Bewertung desselben. Es wird deutlich, dass diese Strategie keine wissenschaftliche Grundlage hat und ihre weitere Anwendung klinisch und medizinethisch bedenklich ist. Schließlich werden zwei Erklärungen gegeben, warum dessen ungeachtet dieses Zweiphasenkonzept von einigen Zahnärzten immer noch angeboten wird.
Schlagwörter: Myoarthropathien, Unterkiefer, orale Schienen, Malokklusion, zahnärztliche Prothetik, Kieferorthopädie, Überbehandlung, ökonomische Faktoren, zahnärztliche Ethik, evidenzbasierte Zahnmedizin