Ziel: Individuell hergestellte aktive Elemente könnten die Effizienz der kieferorthopädischen Behandlung verbessern und Nebenwirkungen verringern. Ziel dieser In-vitro-Studie war es zu untersuchen, ob individuell konstruierte, numerisch simulierte, 3-D-gedruckte elastische Ketten geeignete Kräfte für kieferorthopädische Zahnbewegungen generieren können.
Material und Methode: Zunächst wurde unter Verwendung einer hochpräzisen Wägezelle, eines Messverstärkers sowie eines Mikrocontrollers für die Signalverarbeitung ein individuelles Messgerät konstruiert. Außerdem wurden elastische Ketten in unterschiedlichen Längen digital konstruiert und aus zwei thermoplastischen Polyurethanfilamenten (TPU) und einem thermoplastischen Elastomerfilament (TPE) gedruckt. Mit den CAD-Daten der Ketten wurde eine Finite-Elemente- Analyse (FEA) durchgeführt, um die für verschiedene Aktivierungsstrecken zu erwartenden Zugkräfte zu berechnen. Schließlich erfolgte ein Vergleich der in-vitro-gemessenen Kraftentwicklung der Testketten mit den Ergebnissen der FEA.
Ergebnisse: Für das individuell konstruierte Messgerät belegten ein Intraklassen-Korrelationskoeffizient von 0,999 und Dahlberg-Fehler von 0,05 N eine hohe Messgenauigkeit. Die gemessenen Kräfte lagen im Bereich von 168 g bis 680 g, und die Korrelation zwischen den gemessenen und den mittels FEA berechneten Kräften war signifikant (R = 0,91 bis 0,98).
Diskussion: Die vorliegende Studie zeigte einen Workflow für die Herstellung eines aktiven kieferorthopädischen Elements, das nahezu exakt die mittels FEA vorhergesagten Kräfte entwickelte. Die künftige praktische Anwendung im Kontext vollständig individualisierter, digital geplanter Behandlungsansätze erscheint vielversprechend. Aus exemplarischer Anwendung gewonnene Erkenntnisse können so in die patientenspezifische digitale kieferorthopädische Behandlungsplanung integriert werden. Die Kombination aus DVT-Wurzelrekonstruktion und Intraoralscans mit individuellen Brackets und Bögen bildet eine ideale Grundlage für die Implementierung mechanischer und numerischer Simulationen. Dies wäre der nächste Schritt von einer Formen- hin zu einer Kräfte-orientierten Planung, deren Ziel eine Verkürzung der Behandlungszeit und die Verringerung unerwünschter Nebenwirkungen (bspw. Wurzelresorption) ist.
Schlussfolgerung: Die vorliegende Studie demonstriert erstmals die Möglichkeit der reproduzierbaren individuellen Konstruktion und additiven Fertigung elastischer Ketten mit vordefinierten Kräften.
Schlagwörter: Gummikette, Power Chain, individuelles aktives Element, Kieferorthopädie, CAD/CAM, 3-D-Druck, Finite-Elemente-Analyse