ScienceSeiten: 317-336, Sprache: Englisch, DeutschLückerath, Walter / Grüntgens, Alexander / Stoilov, MilanBei der als Standardverfahren in der rekonstruktiven Zahnmedizin angewandten Zuordnung von Ober- und Unterkiefer in der maximalen Interkuspidationsposition sind durch Ungenauigkeiten der Prozesskette sowohl im analogen als auch im digitalen Workflow Korrekturen der Vertikalrelation nach Montage der Modelle/Orientierung der STL-Files im analogen und virtuellen Artikulatorraum notwendig.
Material und Methode: Die vorliegende In-vivo-Studie umfasst 32 weibliche und 21 männliche, allgemeinmedizinisch und funktionell gesunde Probanden im Alter von 18 bis 79 Jahren. Die Ober- und Unterkiefer der Probanden wurden jeweils analog mit einer Präzisionsabformung sowie digital mit einem Intraoralscanner gescannt und im Folgenden mit analogen Durchbissregistraten und intraoralen Bukkalscans („digitale Durchbissregistrate“) in einen Artikulator Artex CR bzw. in einen digitalen Artikulationsraum analog dem Artex CR montiert. Im analogen Workflow wurde die Unterkieferreferenzposition intraoral mit einem Durchbissregistrat in maximaler Unterkieferposition definiert und die Modelle in maximaler Interkuspidation analog montiert. Die vertikale Position des montierten analogen Modells wurde in den digitalen Artikulatorraum übertragen und als Referenzwert (Nullposition) definiert. Durch Einschleifen der analogen Modelle gegeneinander wurde die Montagesituation in die sogenannte „Ideale vertikale Dimension“ (IVD) vertikal abgesenkt. Die vertikale Höhe dieser eingeschliffenen Montagesituation wurde erneut durch einen Artikulationsscan digital erfasst, montiert und zum Referenzwert in Beziehung gesetzt. Das Ausmaß der vertikalen Absenkung vom Referenzwert in die IVD wurde als Differenzwert 1 definiert. Im digitalen Workflow wurde die maximale Interkuspidationsposition mithilfe von intraoralen Bukkalscans vermessen und die intraoralen Ganzkieferscans (STL-Files) digital montiert. Die vertikale Höhe der mit den Bukkalscans montierten intraoral gewonnenen STL-Files des Ober- und Unterkiefers des Probanden dienten im Folgenden zur Bildung des Differenzwertes 2.
Ergebnisse: Für den analogen klinischen Goldstandard wird eine mittlere vertikale Absenkung der Montagehöhe des Unterkiefermodells von 0,201 mm (SD: ± 0,079 mm [Differenzwerte 1]) gemessen, während die virtuelle Absenkung der digitalen Modelle – angezeigt an der Durchdringung der STL-Datensätze bei der Verwendung von intraoralen Ganzkieferscans und intraoralen Bukkalscans – bei 0,531 mm (SD: ± 0,136 mm) (Differenzwerte 2) lag. Damit führt der Gebrauch von Bukkalscans zur digitalen Montage der STL-Files (Modellanaloge) der Probanden zu einer signifikant größeren Reduktion der vertikalen Relation im Vergleich zum analogen Goldstandard, was digital durch eine Überlappung der digitalen Zahnreihen bzw. Penetration der STL-Files ineinander ermöglicht wird. Sind intraorale Einzelzahn- bis hin zu Quadrantenscans eine rein digitale Möglichkeit zur Herstellung von akzeptablem festsitzendem Zahnersatz, so ist der Gebrauch von intraoralen Ganzkieferscans bis zur Lösung des vertikalen Missmatches bei der digitalen Montage ohne analoge Kontrollmontage problematisch.
Schlagwörter: Intraoralscan, maximale Interkuspidation, Unterkieferposition, vertikale Relation, instrumentelle Funktionsanalyse, Okklusionsanalyse, digitale Relationsbestimmung, digitale Bissnahme, Durchbissregistrat