Die antimikrobielle Resistenz stellt ein zunehmendes globales Problem dar, das durch den übermäßigen und falschen Einsatz von Antibiotika beim Menschen mitverursacht wird. Zahnärzte bilden die größte Fachgruppe in der medizinischen Versorgung und etwa 14 % aller Antibiotikaverordnungen erfolgen in zahnärztlichen Praxen. Daher ist es wichtig, die zahnmedizinischen Antibiotikaverschreibungen in der Primärversorgung zu überwachen, um Möglichkeiten zur Reduzierung unnötiger Verordnungen zu identifizieren. Dieser Artikel bietet einen Überblick über die verfügbaren Daten zur Verabreichung von Antibiotika in der Zahnmedizin in Deutschland. Penicilline machen demnach den größten Anteil der zahnärztlichen Verordnungen im Jahr 2022 aus, dabei führen die Aminopenicilline. Das Verordnungsvolumen für Clindamycin ist in den letzten Jahren deutlich rückläufig, der Wirkstoff ist aber nach wie vor eines der am häufigsten verordneten Antibiotika in der deutschen Zahnmedizin. Zahnärztliche Verordnungen machen fast 50 % der deutschen Gesamtverordnung für Clindamycin aus. Ergänzend werden in diesem Artikel auch die Ergebnisse einer retrospektiven Studie zur Antibiotikaverschreibung in zwei zahnärztlichen Praxen über einen Zeitraum von einem Jahr insbesondere im Hinblick auf die Verordnung im Rahmen der Therapie von Parodontitis und anderer Parodontalerkrankungen (PAR-Therapie) präsentiert. Knapp 79 % der peri- und postoperativen Verordnungen systemisch wirksamer Antibiotika standen im Zusammenhang mit endodontologischen (32,7 %) und chirurgischen (Extraktion, Osteotomie, Implantation mit und ohne Augmentation) Behandlungsmaßnahmen. Etwa 14 % der Verordnungen erfolgten im Rahmen von parodontologischen Indikationen (nichtchirurgische und chirurgische Parodontitistherapie sowie Behandlung von Parodontal[PA]-Abszessen). Die Entscheidungen für die zusätzliche Gabe von Antibiotika entsprachen oft nicht der aktuellen Leitlinienempfehlung für die Behandlung von Parodontitis. Schulung und Fortbildung sind wesentliche Instrumente der „Antibiotic Stewardship“-Programme, um eine rationale und verantwortungsvolle Anwendung von Antibiotika sicherzustellen. Fachgesellschaften sollten bei der Erstellung und Veröffentlichung von Leitlinien daher auch umfassende Strategien entwickeln, um den Informationsfluss im Versorgungsalltag zu gewährleisten.
Schlagwörter: systemisch wirksame Antibiotika, zahnärztliche Praxis, retrospektive Untersuchung