Seiten: 121-131, Sprache: DeutschBastian, Bele/Georg, Thomas/Lisson, Jörg A.Bei der operativen Korrektur von Kieferfehlstellungen ist die chirurgische Verlagerung der Kiefer nicht mit einer gleich starken Verlagerung der Weichgewebe verbunden. Ein System zur Vorhersage der horizontalen Weichteilveränderungen nach einer isolierten Oberkiefervor- oder Unterkieferrückverlagerung stammt von Wolford et al. Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, die Zuverlässigkeit dieser Vorhersagen zu überprüfen. Weiterhin wurde untersucht, ob die Angaben von Wolford et al. auch eine präzise Prognose der Weichteilveränderungen nach kombinierter Oberkiefervor- und Unterkieferrückverlagerung zulassen. Zu diesem Zweck wurden die prä- und postoperativen Fernröntgenseitenaufnahmen von 62 ausgewachsenen Patienten ausgewertet. Es handelte sich um 18 Patienten mit Unterkieferrückverlagerung, 17 Patienten mit Oberkiefervorverlagerung, 15 Patienten mit Unterkiefervorverlagerung und 12 Patienten mit kombinierter Oberkiefervor- und Unterkieferrückverlagerung. Als Operationstechniken wurden die sagittale Spaltung nach Obwegeser/Dal Pont und die Le Fort-I-Osteotomie angewendet. Um die Differenzen zwischen den vorhergesagten und den tatsächlich erzielten horizontalen Weichteilveränderungen auf signifikante Unterschiede zu überprüfen, wurde der t-Test für verbundene Stichproben angewendet. Zur Optimierung der Vorhersage wurden Regressionsgleichungen errechnet. Demnach lässt sich die postoperative Oberlippenposition nach Oberkiefervorverlagerung vorhersagen, indem die geplante Verlagerung des Inzision superius mit dem Faktor 0,72 multipliziert wird (korrigiertes R2 = 0,865). Zur Vorhersage der postoperativen Position der Oberlippe durch eine kombinierte Oberkiefervor- und Unterkieferrückverlagerung muss nach der aufgestellten Regressionsgleichung die Verlagerung des Inzision inferius mit dem Faktor 0,46 multipliziert werden und nachfolgend von der geplanten Verlagerung des Inzision superius subtrahiert werden (korrigiertes R2 = 0,907). Für die übrigen Weichgewebepunkte sind die von Wolford et al. angegebenen Werte zuverlässig. Mit Ausnahme des Wertes für die Oberlippe ist es somit sinnvoll, die Werte von Wolford et al. auch zur Vorhersage des Weichgewebeprofils nach kombinierter Oberkiefervor- und Unterkieferrückverlagerung anzuwenden. Ungeachtet der vorstehend beschriebenen Zusammenhänge darf nicht vergessen werden, dass jeder Patient ein Individuum ist, so dass eine Prognose trotz eines hohen R2-Wertes im Einzelfall nicht zutrifft.
Schlagwörter: Orthognathe Chirurgie, Ästhetik, Weichteilvorhersage, Profilvorhersage