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Vor allem die häusliche Mundhygiene kann von diesen Hilfsmitteln profitieren

Eingesetzte Putzschiene im Oberkiefer mit eingeführter Interdentalraumbürste.

Im teilbezahnten Kiefer sind Teilprothesen in vielen Fällen die Standardtherapie zum Ersatz fehlender Zähne und in Deutschland sind heute neben Gussklammern Doppelkronen die überwiegend genutzten Retentionselemente. Immer häufiger werden, insbesondere bei ungünstiger Pfeilerzahnverteilung, auch Implantate zur Pfeilervermehrung inseriert. Trotz aller Vorzüge, die eine implantatprothetische Rehabilitation mit sich bringt, sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass im Durchschnitt jedes fünfte Implantat nach 10 Jahren von einer Periimplantitis betroffen ist. Oft ist die häusliche Mundhygiene bei implantatprothetischen Versorgungen erschwert und nicht adäquat. Eine adäquate Reinigung, sowohl der Implantate und der Pfeilerzähne als auch der Prothese, ist Voraussetzung für die Langlebigkeit der prothetischen Versorgung. In dem hier vorliegenden Beitrag stellen Prof. Dr. Nicole Passia und Prof. Dr. Matthias Kern für die Implantologie 2/21 anhand von Patientenfällen den Einsatz von Putzschienen zur Unterstützung der häuslichen Mundhygiene, insbesondere für die kritische Approximalflächenhygiene, vor.

In keiner anderen Disziplin der Zahnmedizin schreitet die Entwicklung so schnell voran wie in der Implantologie. Ziel der Zeitschrift ist es, dem Fortbildungsangebot im Bereich der Implantologie durch die Veröffentlichung praxisbezogener und wissenschaftlich untermauerter Beiträge neue und interessante Impulse zu geben und die Zusammenarbeit von Klinikern, Praktikern und Zahntechnikern zu fördern. Mehr Infos zur Zeitschrift, zum Abo und zum Bestellen eines kostenlosen Probehefts finden Sie im Quintessenz-Shop.

Einleitung

Im teilbezahnten Kiefer sind Teilprothesen in vielen Fällen die Standardtherapie zum Ersatz fehlender Zähne. Neben Gussklammern werden dabei heute in Deutschland überwiegend Doppelkronen als Retentionselemente genutzt1. Bei über Doppelkronen verankerten Teilprothesen gelten Karies und Parodontopathien als häufigste biologische Komplikationen2,3.

Obwohl Implantate nach wie vor nicht von den gesetzlichen Krankenkassen bezuschusst werden, wurden laut Fünfter Deutscher Mundgesundheitsstudie (DMS V) aus dem Jahr 2014 zu diesem Zeitpunkt zehnmal mehr Implantate inseriert als dies noch 1997 der Fall war4. Insbesondere zahnlose Patienten, die trotz technisch einwandfreier Gestaltung häufig sehr unzufrieden mit Retention und Funktion ihrer Unter­kiefertotalprothesen sind, profitieren enorm von einer Implantattherapie. Zwei Implantate im interforaminären Bereich gelten heute als Standardtherapie für den zahnlosen Unterkiefer5. In den vergangenen Jahren gewann auch die Pfeilervermehrung durch Implantate unter vorhandenen Teilprothesen zunehmend an Bedeutung. Dieses Verfahren wurde in unterschiedlichen klinischen Studien mit vielversprechenden Ergebnissen untersucht6,7. Trotz aller Vorzüge, die eine implantatprothetische Rehabilitation mit sich bringt, sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass im Durchschnitt jedes fünfte Implantat nach 10 Jahren von einer Periimplantitis betroffen ist8. Die häusliche Mundhygiene ist bei implantatprothetischen Versorgungen häufig insbesondere im Bereich der Approximalflächen nicht adäquat9. Abnehmbare Teilprothesen bergen die Gefahr vermehrter Plaqueakkumulation und Ausbildung von Gingivitiden10. Eine adäquate Hygiene sowohl der Pfeilerzähne als auch der Prothese ist Voraussetzung für die Langlebigkeit der prothetischen Versorgung. In der Regel werden Teilprothesen so gestaltet, dass eine suffiziente Reinigung der prothetischen Versorgung möglich ist. Trotzdem sind häufig aber gerade die mesialen und distalen Implantat- beziehungsweise Pfeilerzahnflächen für viele Patienten schwierig zu reinigen, insbesondere dann, wenn aus ästhetischen Gründen ein Cover-Denture-Design gewählt wurde. 

Auch bei konfektionierten Retentionselementen für implantatprothetische Versorgungen wird aus Stabilitätsgründen häufig auf eine geschlossene Gestaltung zurückgegriffen, die die interdentale Durchspülbarkeit des Zahnersatzes teilweise erheblich reduziert oder unmöglich macht. Laut einer systematischen Übersichtsarbeit kann der zusätzliche Einsatz von Zahnseide oder Interdentalraumbürsten im Vergleich zum alleinigen Zähneputzen mit einer Zahnbürste Gingivitis und Plaqueakkumulation deutlich reduzieren11. Wenn aber, wie im Falle teilbezahnter Kiefer, Nachbahrzähne fehlen und somit keine Führungsflächen für Interdentalraumbürsten vorhanden sind, gestaltet sich eine adäquate Reinigung approximaler Zahn- oder Implantatflächen oft schwierig. In diesen Fällen kann eine Putzschiene die Effektivität approximaler Mundhygienemaßnahmen erheblich verbessern12,13. In diesem Beitrag soll an Patientenfällen beispielhaft der Einsatz von Putzschienen gezeigt werden.

Fallbeispiele zum Einsatz von Putzschienen

Fallbeispiel 1

Ein 84-järiger Patient mit umfangreicher Pfeiler­vermehrung durch Implantate im Ober- und Unterkiefer stellte sich regelmäßig im Recall der prothetischen Klinik vor. Mit zunehmendem Alter zeigte sich eine Verschlechterung der Prothesen- und Mundhygiene, insbesondere im Bereich der Approximalflächen der Retentionselemente (Abb. 1 und 2). Ein geschlossenes Design der Oberkieferprothesen erschwerte die Hygiene zusätzlich. Zur Unterstützung der täglichen Mundhygiene sollte der Patient eine Putzschiene erhalten. Ziel war es, eine Putzschiene als Duplikat der prothetischen Versorgung, aber mit approximalen Führungsflächen anzufertigen, sodass der Patient die Putzschiene analog der Prothesen ein- und ausgliedern konnte und in Okklusion einen sicheren Sitz der Schiene verspürte, wodurch die Reinigung erleichtert werden sollte. Zu diesem Zweck wurden die Prothesen mittels Laborscanner (3shape D900) eingescannt (Abb. 3) und das Duplikat aus Kunststoff (Sheraprint-sg, SHERA Werkstoff-Technologie) gedruckt (Abb. 4). Dieses Kunststoffduplikat wurde im Anschluss mit Führungsrillen für Interdentalraumbürsten versehen (Abb. 5). Intraoral eingegliedert konnte der Patient nun mithilfe der Führungsflächen für Interdentalraumbürsten sehr einfach in Okklusion auch die approximalen Flächen der Retentionselemente reinigen (Abb. 6).

Fallbeispiel 2

Eine 65-jährige zahnlose Patientin äußerte den Wunsch nach einer implantatretinierten prothetischen Neuversorgung. Nach Insertion von sechs Implantaten im Oberkiefer und vier Implantaten im Unterkiefer erfolgte die prothetische Versorgung auf konfektionierten Syncone-Abutments (Dentsply Sirona) (Abb. 7a und b). Aus ästhetischen Gründen wurde ein geschlossenes Prothesendesign gewählt (Abb. 8). Im Recall zeigte sich vor allem an den approximal-marginalen Flächen der Syncone-Abutments eine Plaqueakkumulation (Abb. 9). Die Patientin berichtete von Schwierigkeiten bei der häuslichen Mundhygiene in diesen Bereichen, da sie weder mit Hand- noch mit elektrischer Zahnbürste diese Bereiche adäquat reinigen könne. Führungsflächen für Inderdentalraumbürsten fehlten. 

Zur Anfertigung zweier Putzschienen wurden Ober- und Unterkieferprothese erneut eingescannt und Duplikate aus Kunststoff gedruckt. Diese konnten analog der prothetischen Versorgung auf die Syncone-Abutments aufgeschoben werden (Abb. 10). Eingearbeitete Führungsflächen im marginalen Abutmentbereich (Abb. 11) ermöglichten nun den effizienten Einsatz von Interdentalraumbürsten (Abb. 12).

Diskussion und Schlussfolgerung

Zahnersatz sollte grundsätzlich so gestaltet werden, dass er für die Patienten reinigungsfähig ist12. In vielen Fällen muss aus ästhetischen oder funktionellen Gründen, vor allem bei implantatretiniertem Zahnersatz, ein geschlossenes Prothesendesign gewählt werden, welches insbesondere für ältere, manuell eingeschränkte Patienten bei der täglichen Mundhygiene eine Herausforderung sein kann, da Führungsflächen für Interdentalraumbürstchen fehlen. Die geschlossene Gestaltung lässt eine interdentale Durchspülbarkeit kaum zu und in der Folge werden insbesondere approximale Zahn- und Implantatpfeilerflächen zu Plaqueprädilektionsstellen, die aufgrund ihrer approximalen Lage schwierig zu reinigen sind. Bei inadäquater Hygiene sind gerade diese Bereiche anfällig für Karies, Parodontopathien oder Periimplatitis10

Abhilfe können die hier dargestellten Putzschienen schaffen, die – einfach in der Herstellung und ausgestattet mit einfach auffindbaren Führungsflächen für Interdentalraumbürstchen – die tägliche Reinigung approximaler Zahn- beziehungsweise Implantatflächen, nicht jedoch die Reinigung oraler und bukkaler Flächen unterstützen können. Sind sie als Duplikat der prothetischen Versorgung gestaltet, ist das Handling insbesondere für betagte Patienten sehr einfach. Die so gestalteten Schienen ermöglichen eine Reinigung in Okklusion und somit einen sicheren Sitz während der Hygienemaßnahmen. Natürlich lassen sich die Putzschienen auch analog mittels herkömmlicher Duplizierung der Prothese in PMMA-Kunststoff herstellen. Da derartige Putzschienen in den zahnärztlichen Gebührenordnungen nicht beschrieben sind, müssen sie in Deutschland über die GOZ anhand von Analogpositionen dem Patienten privat in Rechnung gestellt werden. 

Ein Beitrag von Prof. Dr. Nicole Passia und Prof. Dr. Matthias Kern, Kiel

Literatur auf Anfrage über news@quintessenz.de

Quelle: Implantologie 02/21 Implantologie