Alter | 42 Jahre | ||
Geschlecht | weiblich | ||
Raucher | nein | ||
Anamnese | Angeborener Ventrikelseptumdefekt; farbliche Veränderungen der Zähne nach Einnahme von Tetracyclin zwischen dem ersten und siebten Lebensjahr aufgrund multipler Pneumonien | ||
Grund des Besuchs | Schmerzen in Regio 47 | ||
Diagnose | Nicht erhaltungswürdiger Zahn 47 mit akuter apikaler Parodontitis; Sekundärkaries an WSR-behandeltem Zahn 12 | ||
Therapie | Extraktion von Zahn 12; Versorgung mit einer vollkeramischen Adhäsivbrücke |
Der dentale Befund zeigte ein prothetisch und konservierend versorgtes Gebiss mit einem deutlich tastbaren, kariösen Randspalt und einem erhöhten Lockerungsgrad der Krone am Zahn 12. Der röntgenologische Befund in Form eines Zahnfilms ließ erkennen, dass an dem Zahn eine Wurzelspitzenresektion durchgeführt worden war. Bis auf die wurzelkanalbehandelten Zähne 36 und 48 waren alle Zähne vital. Die Edelmetallversorgungen befanden sich ca. 20 Jahre in situ und bis auf okklusale Abrasionen sowie eine Abplatzung der Verblendung vom Brückenglied 24 in einem suffizienten Zustand. Im Rahmen des parodontalen Befundes wurde eine lokalisierte Gingivitis diagnostiziert, obwohl generell eine gute Mundhygiene vorlag. Die Patientin hatte eine Eckzahnführung bei Laterotrusion beidseits sowie eine Frontzahnführung bei Protrusion. Die Interkuspidationsposition entsprach der zentralen Kondylenposition.
Da Zahn 13 mit einer ausgeprägten Kompositfüllung versorgt war, kam er nicht als Pfeilerzahn in Frage. Anders verhielt es sich hingegen bei Zahn 11. Er wies zwar palatinal ebenfalls eine Kompositfüllung auf, aber diese konnte um 1 mm von dem Adhäsivflügel umfasst werden. Außerdem bot er genügend Schmelzoberfläche für einen suffizienten Halt, und auch die noch vorhandenen Mamelons ließen eine ausreichende Schmelztiefe vermuten. Die Patientin wünschte keine Infraposition des Zahnes 12, sondern möglichst eine gerade Zahnreihe, auch wenn dies mit einer Asymmetrie gegenüber dem Zahn 22 einherging. Um die Alveole möglichst für das spätere ovoide Pontic zu erhalten, wurde eine knochenschonende Extraktion angestrebt. Die Papillen wurden anschließend mesial und distal mit Einzelknopfnähten adaptiert. Um die Alveole zu erhalten, wurde frei Hand zervikal an der Interimsprothese ca. 3 mm dünnfließender Kompositkunststoff aufgetragen und eiförmig auspolymerisiert.
Vor der Präparation erfolgte eine Markierung der zu präparierenden Flächen im Mund mit einem wasserfesten Filzstift. Hierbei wurde vor allem approximal darauf geachtet, möglichst den späteren Verlauf des Adhäsivflügels zu konturieren. Mit einem Feinkorndiamanten wurden eine inzisale Abschlusskante und zwei kugelförmige Retentionsvertiefungen zur Gewährleistung einer genauen Reposition des Adhäsivflügels sowie ein approximaler Kasten (2 x 2 x 0,5 mm) für den späteren Verbinder präpariert.
Im Sägeschnittmodell sind Abschlusskante und flacher approximaler Kasten deutlich sichtbar. Am distalen Retentionselement ist die Probe noch lokal perforiert. Das Gerüst wurde vom auswärtigen Dentallabor aufgewachst und per CAD/CAM aus Zirkonoxidkeramik gefräst. Nach Überprüfung der Flügelschichtstärken (möglichst 0,8 mm, jedoch nie dünner als 0,6 mm) erfolgten intraoral eine Kontrolle der Passgenauigkeit des Gerüstes mit einem niedrigviskösen Silikon und eine Anpassung, bis eine gleichmäßig dünne Schicht vorhanden war.
Anschließend wurde das Gerüst mit Fit Checker fixiert und die Okklusion im Patientenmund überprüft.
Der nächste Schritt bestand in der Verblendung der Restauration im Labor mit der Vorgabe, ein ausgeprägtes ovoides Pontic-Design zu gestalten.
Im Anschluss an die Säuberung des Zahnes mit Bimsmehl und Anlegen von Kofferdam erfolgte eine erneute Anprobe. Die definitive Befestigung der Adhäsivbrücke erfolgte mit einem phosphatmonomerhaltigen Kleber.
Bei der Kontrolle nach 1 Woche war die Patientin mit dem optischen Eindruck sehr zufrieden und klagte weder über Probleme noch über Einschränkungen. Die Ränder wurden mit Feinkorndiamanten und Gummipolierern definitiv ausgearbeitet.
Außerdem erhielt die Patientin erneut eine Unterweisung zur Reinigung der Adhäsivbrücke.
Vor allem eine gute Weichgewebsästhetik bildet ohne chirurgischen Eingriff eine Herausforderung. Auch bei der vorgestellten Patientin sieht man trotz des angestrebten Erhalts der Alveole einen vestibulären Einfall des Alveolarknochens in der horizontalen Ebene. Ein möglicher Grund hierfür könnte eine zu kurze Pontic-Auflage sein. Da jedoch die Lachlinie der Patientin nicht stark gingival verläuft, wirkt sich die Knochenresorption kaum auf die Ästhetik aus.
Die Papille erscheint ebenfalls mesial von Zahn 12 noch etwas zu kurz. Dies hätte mit einem weiter zervikal gestalteten Kontaktpunkt optimiert werden können. Für eine abschließende Beurteilung der Papillenausdehnung war es jedoch 1 Woche nach dem Einsetzen zu früh.
Zusammenfassung | Ein besonders minimalinvasives Verfahren für den Zahnersatz stellt der Einsatz der Adhäsivbrücke dar. Der hier vorgestellte Fall zeigt, dass bei guten theoretischen Kenntnissen, Beachtung der strengen Indikation sowie einer konstruktiven Kommunikation mit dem Labor und dem Patienten eine Lückenversorgung mittels einflügeliger Adhäsivbrücken im Schneidezahnbereich eine feinmotorisch eher einfache, praxistaugliche Therapie ist, die nicht viel klinische Erfahrung erfordert. Die Adhäsivbrücke stellt also nicht nur wegen der Minimalinvasivität, sondern auch aus wirtschaftlicher Sicht eine Alternative zu einem Implantat oder einer konventionellen Brücke dar. Gerade für junge Patienten mit einer Aplasie oder einem traumatischen Frontzahnverlust, bei denen noch nicht implantiert werden sollte und die Nachbarzähne keiner Überkronung bedürfen, ist diese Therapieform besonders geeignet. (Quelle Originalbeitrag: Delfs J. Die einflügelige Schneidezahn-Adhäsivbrücke – techniksensitiv, aber dennoch praxistauglich. Quintessenz 2018;69(10):1148-1155.) |