Sie sorgen für den zarten Schmelz beim Schokobrotaufstrich, machen den Muffin fluffig und den Keks schön mürbe – durch sie wird Süßes so sündhaft lecker. Die Rede ist von festen Fetten wie Backmargarine, Palm- oder Kokosfett. Leider aber haben diese Verführer die Tendenz zum Krankmachen. Laut WHO begünstigen diese festen Fette, beziehungsweise ihre gesättigten Fettsäuren, Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Feste Fette sind in Lebens- und Genussmitteln allgegenwärtig: in Backwaren, Brotaufstrichen, Marinaden, Soßen, Eiscremes, Pralinen und unzähligen Fertiggerichten. Je nachdem, wie diese festen Fette hergestellt werden, enthalten sie viele gesättigte Fettsäuren. Die als gesundheitlich stärker bedenklich geltenden trans-Fettsäuren sind weitestgehend in Lebensmittelprodukten ersetzt worden. Wissenschaftler wie Dr. Eckhard Flöter, Professor für Lebensmittelverfahrenstechnik, und sein Kollege Till Wettlaufer suchen weiter nach Wegen, feste Fette, die hoch an gesättigten Fettsäuren sind, in der Lebensmittelherstellung zu ersetzen. Dabei konzentrieren sie sich derzeit darauf, Alternativen zu finden für feste Fette in Soßen, Marinaden, Brotaufstrichen und Süßwaren. Ihr Forschungsprojekt „Oleoboost – Verbesserte Fettsäureprofile von Lebensmitteln durch nicht-triglyzeridbasierte Strukturierung von Rapsöl“ wird vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert.
Mit flüssigem Öl gelingt kein Teig
Als Alternativen bieten sich die Oleogele an, die aus heimischem Raps-, Sonnenblumen- oder Leinsamöl hergestellt werden. Diese gelierten Öle sind halbfest. „Der halbfeste Zustand ist notwendig, damit man zum Beispiel bei Backwaren einen Teig hinbekommt. Wenn Sie dem Mehl das flüssige Rapsöl untermengen würden und daraus einen Teig kneten wollten, würde das nicht gelingen. Eine Teigmasse entsteht so nicht“, sagt Flöter. „Wir suchen nach Substanzen, die Öle halbfest werden lassen.“
Einige dieser sogenannten Strukturanten gibt es bereits: Ethylzellulose, Monoglyceride, Sonnenblumenwachs oder die Kombination aus Oryzanol, das in Reiskleie- und Maiskeimöl zu finden ist, und Betasitosterol. Letzteres wird aus Sojaöl oder Holzöl gewonnen.
Doch die festen Fette zu ersetzen ist hochkomplex. Zum einen sind sie für Eigenschaften wie ein angenehmes Mundgefühl, cremige oder mürbe Konsistenz, Geschmack, Streichfähigkeit, Haltbarkeit, aber auch Verarbeitbarkeit zuständig. „Öle gelieren zu lassen, bekommt man mittlerweile hin, aber das auch in einem Croissant funktionieren zu lassen ist eine Herausforderung. Das Fett muss beim Ausrollen in Schichten die Teigschichten voneinander getrennt halten und sich im Mund auch noch zart schmelzend ausbreiten. Bisher bleiben die Gele eher am Gaumen kleben oder hinterlassen ein wachsartiges Gefühl, als ob man auf einen Lippenpflegestift gebissen hätte“, so Flöter.
Bewährt bei Muffins und Mürbeteig
Laut Forschungen des kooperierenden Max-Rubner-Instituts haben sich Oleogele auf Basis von Rapsöl, Ethylzellulose und Monoglyzeriden bei Mürbeteigen und Muffins bewährt. „Das Ergebnis ist toll, aber bei der Herstellung von Schlagsahne funktioniert es nicht. Das heißt: Ob mit einem Strukturanten die gewünschten Eigenschaften – cremig, fluffig, knackig, mürbe – in einem Produkt erzeugt werden können, hängt auch davon ab, wie das Produkt hergestellt wird, ob es geknetet, geschlagen oder gerührt wird,“, erklärt Wettlaufer. „Deshalb wird es schwer, eine begrenzte Anzahl von universell einsetzbaren Strukturanten für alle Produkte zu finden. Für jedes Produkt eine spezifische Lösung einzuführen ist jedenfalls nicht umsetzbar.“
Regional und nachhaltig
Rapsöl verfügt über einen hohen Anteil an gesundheitsförderlichen ungesättigten Fettsäuren, und das Verhältnis zwischen ungesättigten Omega-6 und Omega-3-Fettsäuren ist optimal. Daraus resultiert eine weitere Herausforderung: Während der Herstellung der Oleogele darf sich die Zusammensetzung der ungesättigten Fettsäuren nicht verändern, damit auch sie über die positiven ernährungsphysiologischen Eigenschaften verfügen wie das Rapsöl. „Aber auch die zunehmende Ablehnung der Konsumenten gegenüber Palmöl, dessen Anbau mit der Rodung des Regenwaldes und der Zerstörung des Lebensraumes der Orang-Utans in Verbindung gebracht wird, erfordert, diese festen Fette zu substituieren“, so Flöter. Die Nutzung von heimischen Ressourcen wie Raps- und Sonnenblumenöl entspricht jedenfalls dem Trend nach Regionalität und Nachhaltigkeit.
Vom Labor in die Anwendung
Im Projekt „Oleoboost“ soll die Forschung so weit vorangetrieben werden, dass der Schritt aus dem Labor in die Anwendung gelingt. Die Wissenschaftler wollen das Öl nicht nur im Reagenzglas gelieren lassen, sondern erreichen, dass das auch in einem Brotaufstrich funktioniert. Das heißt, die mit Oleogelen hergestellten Joghurts, Eiscremes, Pralinen, Marinaden, Soßen und Brotaufstriche sollen sich auf der Zunge genauso verführerisch anfühlen und schmecken wie die mit festen Fetten hergestellten. Einen Unterschied sollte der Verbraucher nicht spüren. „Und wenn ich von Anwendung spreche, meine ich die Überführung in den industriellen Maßstab und damit eine kostengünstige Produktion. Das ist nicht einfach“, so Flöter.