Der Spitzenverband MDS des Medizinischen Diensts der Krankenkassen hat seine jährliche Behandlungsfehlerstatistik vorgelegt. Bezugnehmend auf die dem MDK gemeldeten und untersuchten Meldungen zu vermuteten Behandlungsfehlern (14.133) liegt der Anteil der bestätigten Fehler bei gut einem Viertel der Meldungen. Kritisch sind aus Sicht des MDS sogenannte „Never Events“ – schwerwiegende Fehler, die bei entsprechenden Strukturen und Vermeidungskonzepten nicht passieren dürften.
Für die Zahnmedizin wurden für 2018 insgesamt 1.109 Fälle von möglichen Behandlungsfehlern gemeldet, bestätigt wurden davon 35,8 Prozent. Die festgestellten Fehler bezogen sich vor allem auf Extraktionen, Wurzelbehandlungen und Füllungstherapie – mit Blick auf die Gesamtzahl der in der gesetzlichen Krankenversicherung insgesamt erbrachten zahnmedizinischen Behandlungen ist die Zahl der gemeldeten und der bestätigten Fehler allerdings sehr gering.
Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) kritisiert die Flut der Berichte und deren Platzierung in der Öffentlichkeit. Die Berichts-Saison habe begonnen, so die KZBV: Krankenkassen und Medizinische Dienste veröffentlichten regelmäßig Rankings und Reporte, die sich unter anderem mit der Behandlungsqualität in Arzt- und Zahnarztpraxen befassen. „Unter dem Deckmantel von Wissenschaftlichkeit und Patientensicherheit sind sie zu einem politischen Kampfinstrument der Kostenträger geworden“, sagte Dr. Wolfgang Eßer, Vorstandsvorsitzender der KZBV.
„Über die nachweislich ausgezeichnete Versorgungsqualität in Deutschland sagen diese vermeintlich belastbaren Zahlenkolonnen wenig bis nichts aus. Vielmehr handelt es sich häufig um schlagzeilenträchtige PR-Rituale, die Patienten unnötig verunsichern, statt praktikable Lösungen für echte Verbesserungen aufzuzeigen. Angenommene Behandlungsfehler und angebliche Dunkelziffern lassen kaum seriöse Aussagen über die tatsächliche Versorgungsqualität zu.“
115 Millionen Behandlungen in der Zahnmedizin
Insbesondere übe die Vertragszahnärzteschaft seit Jahren methodische Kritik an der irreführenden Präsentation der Daten in Form reiner Fallzahlen. „Die Ergebnisse werden offensichtlich aus Effekthascherei bewusst nicht in ein transparentes Verhältnis zum Behandlungsaufkommen im jeweiligen Leistungsbereich gesetzt. Immerhin zählt die Zahnärzteschaft mit bundesweit etwa 42.000 Praxen zu einer der am häufigsten konsultierten Facharztgruppen. Unser Behandlungsaufkommen ist folgerichtig enorm. Den 94 Millionen Fällen von allgemeinen, konservierenden und chirurgischen Behandlungen sowie 115 Millionen Behandlungen in allen zahnärztlichen Leistungsbereichen im Jahr 2018 stehen meist wenige vermutete und noch weniger belegte Behandlungsfehler gegenüber“, sagte Eßer.
Berichtspflicht und Patientensicherheitsbeauftragte gefordert
Auf der Präsentation der Daten am 16. Mai in Berlin wurden von den Vertretern des MDS unter anderem gefordert, Patientensicherheitsbeauftragte zu etablieren und eine Berichtspflicht für Fehler, vor allem für Never Events, einzuführen. Fehler, die sicher zu verhindern wären und gleichzeitig große Schäden verursachen können – wie zum Beispiel Verwechslungen des Patienten, der Seite, des beabsichtigten Eingriffs oder eines Medikaments – seien für das Erkennen, Umsetzen und Bewerten von Sicherheitsmaßnahmen von großer Bedeutung. „Wenn ein Never Event geschieht, dann bedeutet das nicht, dass Einzelne in der Medizin oder in der Pflege einen besonders verwerflichen Fehler gemacht haben. Es zeigt vielmehr, dass Sicherheitsvorkehrungen unzureichend umgesetzt wurden und Risiken im konkreten Versorgungsprozess bestehen“, erklärte PD Dr. med. Max Skorning, Bereichsleiter Qualität und Patientensicherheit beim MDS.
Für die systematische Fehlervermeidung seien die gezielte Umsetzung von Sicherheitsmaßnahmen und das Messen der Schadensereignisse entscheidend. Denn nur dann kann man feststellen, ob die Maßnahmen zu weniger Fehlern und zu weniger Schäden führen. „Erfolge, die nicht klar gemessen werden, sind nicht von Dauer“, so Skorning. Auch die Autoren der Studie halten in ihrem Fazit fest, dass die Medizinischen Dienste immer wieder ähnliche beziehungsweise die gleichen Fehlerkonstellationen in der Begutachtung feststellten.
KZBV stellt Qualitätsförderung der Zahnärzte heraus
Der KZBV-Vorstandsvorsitzende hob das System der zahnärztlichen Qualitätsförderung und seine konkreten Beiträge für eine flächendeckend gute Versorgungsqualität hervor. „Die aktive Mitwirkung von Zahnärzteschaft und Praxispersonal ist dabei sehr ausgeprägt - das ist entscheidend! Qualitätsförderung und eine konsequente Fehlervermeidungskultur können nur in den Praxen nach dem Grundsatz ‚Jeder Fehler ist einer zu viel‘ erfolgreich gelebt werden. Trotz höchster Standards lassen sich Fehler nie völlig ausschließen. Statt aber auf noch mehr Bürokratie und Bevormundung setzen wir als Berufsstand auf Beteiligung und Verantwortung, um die Patientensicherheit kontinuierlich weiter zu verbessern“, betonte Eßer.
Er verwies zudem auf Einrichtungen wie die Patientenberatung der Zahnärzte, www.patientenberatung-der-zahnaerzte.de), das Online-Berichts- und Lernsystem „CIRS dent - Jeder Zahn zählt!“ (www.cirsdent-jzz.de), das einvernehmliche Gutachterverfahren in der GV, die Entwicklung wissenschaftlicher Leitlinien und die Fortbildung, die von Zahnärzten über den gesetzlich vorgegebenen Rahmen hinaus genutzt werde, um ihre Behandlungskonzepte zu erweitern und ihren Patienten so die Teilhabe am zahnmedizinischen Fortschritt zu sichern.
Alle Umfragen und Erhebungen wiesen für den Berufsstand regelmäßig Spitzenwerte aus: Vier von fünf Patienten würden ihren Zahnarzt weiterempfehlen. Die Gesamtzufriedenheit sei damit höher als bei Haus- und Fachärzten, so die KZBV.