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KZBV kritisiert neues Impulspapier des Bundesgesundheitsministeriums und verweist auf Folgen der Budgetierung

Der KZBV-Vorstandsvorsitzende Martin Hendges (links, hier auf der Pressekonferenz zur Vorlage des Evaluationsberichts in Berlin mit Prof. Dr. Peter Eickholz) kritisiert die Budgetierung der PAR-Leistungen.

(c) Marschall/Quintessence News

Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat am 5. Oktober ein Impulspapier zur Früherkennung und Versorgung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorgelegt. Laut den Plänen des Ministeriums soll auf dieser Grundlage eine Gesetzesinitiative folgen.

Das Papier ist Teil der Neustrukturierung der Prävention und Aufklärung und der Bundeseinrichtungen im Gesundheitsbereich. Damit soll unter anderem die im Koalitionsvertrag festgehaltene Stärkung der Prävention umgesetzt werden.

So soll die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) ab 2025 in einem neuen „Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin“ (BIPAM) aufgehen. Dessen Fokus sollen, so Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach, vor allem die großen Volkskrankheiten, also die nicht übertragbaren Krankheiten wie Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein. Das BIPAM soll dazu auch diesen Teil aus dem Robert-Koch-Institut übernehmen, das sich künftig nur noch mit Infektionserkrankungen beschäftigen soll. Auch der neue Direktor oder „Errichtungsbeauftragte“ des BIPAM steht schon fest: Dr. Johann Nießen, bislang Leiter des Gesundheitsamts Köln und für die Übergangszeit Chef der BZgA.

Neues Institut greift zu kurz

Für den sehr engen Aufgabenbereich, wie er aus den ersten Statements und aus dem Impulspapier herauszulesen ist, kommt bereits Gegenwind aus dem Kreis der Public-Health-Experten. Allein mit Aufklärung sei diesen Krankheiten nicht beizukommen, es seien weitere Maßnahmen wie eine Zuckersteuer nötig. Auch greife der Fokus zu kurz, wichtige weitere Präventionsthemen und gesundheitsrelevante Bereiche seien nicht erfasst.

Im Impulspapier sind laut Deutschem Ärzteblatt bereits weitreichende Maßnahmen, wie Früherkennungsuntersuchungen mit standardisierten Fragebögen, neue Screenings, niedrigschwellige Beratungen in den Apotheken und durch die Krankenkassen, bis hin zu digitalen Untersuchungsheften für Erwachsene, die Stärkung von Disease-Management-Programmen (DMP) und die Reduzierung des Nikotinkonsums vorgesehen. Die Untersuchungsinhalte sollen von den Fachgesellschaften vorgegeben werden.

Kein Hinweis auf Parodontalerkrankungen

Allerdings fehlen in dem Papier noch Hinweise auf weitere Risikofaktoren wie Parodontalerkrankungen. Martin Hendges, Vorsitzender des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV), begrüßt das Papier, kritisiert aber diese beschränkte Sicht: „Die Früherkennung und Versorgung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist ein wichtiges Thema. Das Impulspapier gibt Hoffnung, dass die Politik erkannt hat, welche Relevanz die Prävention nicht nur im Bereich Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sondern für unser Gesundheitssystem im Allgemeinen hat.

Bei den vorgestellten Maßnahmen fehlt jedoch ein wesentlicher Aspekt: Die Berücksichtigung der neuen, präventionsorientierten Parodontitistherapie. Parodontitis ist eine komplexe Entzündungserkrankung des Menschen, an der jeder zweite Erwachsene leidet.“ Unbehandelt sei sie die häufigste Ursache für vermeidbaren Zahnverlust. Die Parodontitis stehe „in direkter Wechselwirkung mit Diabetes mellitus und nimmt zudem Einfluss auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Bei einer unbehandelten, schweren Parodontitis finden sich Veränderungen der Arterien, die das Risiko für koronare Herzerkrankungen und Herzinfarkt erhöhen. Zudem treten bei einer unbehandelten Parodontitis vermehrt Bakterien in die Blutbahn ein – Bakteriämie –, selbst bei alltäglichen Aktionen wie dem Kauen und Zähneputzen. Bei Patienten und Patientinnen mit entsprechender Veranlagung kann dies zu einer Herzinnenhautentzündung, einer sogenannten Endokarditis, führen“, so der KZBV-Vorstandsvorsitzende.

Widerspruch zwischen Präventionsförderung und Mittelentzug

Gerade vor diesem Hintergrund sei es widersprüchlich und „absolut unbegreiflich“, warum der neuen, präventionsorientierten Parodontitistherapie mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) die erforderlichen Mittel entzogen wurden. So sei es nicht mehr möglich, die neue Behandlungsstrecke flächendeckend auf ein Niveau zu heben, das der hohen Krankheitslast angemessen ist. „Das ist ein Desaster mit entsprechend negativen Auswirkungen auf die Mund- und Allgemeingesundheit der Bevölkerung“, so Hendges.

Langfristiger Schaden ausgelöst

Der langfristige Schaden, der durch die Gesetzgebung ausgelöst wurde, sei bereits jetzt deutlich spürbar, so Hendges: „Unser gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie kürzlich veröffentlichter Evaluationsbericht belegt eindeutig, dass die Neubehandlungsfälle seit Einführung des Spargesetzes rapide und stetig abnehmen. Im Juli 2023 ist die Zahl bereits auf das niedrige Niveau der alten PAR-Behandlungsstrecke im Vergleichsjahr 2019 zurückgefallen. Und der Trendverlauf weist auf noch weiter zurückgehende Neubehandlungsfälle hin – mit den entsprechenden Folgen“.

Parodontitis als Risikofaktor aufnehmen, Budgetierung aufheben

„Daher fordern wir das BMG nachdrücklich dazu auf, zum einen die Parodontitis als einen wesentlichen Faktor zur Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen in seinem Papier zu berücksichtigen sowie die neue präventionsorientierte Parodontitistherapie im Rahmen der geplanten Gesetzesinitiative als wesentlichen Baustein zu verankern. Es ist dazu auch zwingend erforderlich, die Leistungen der Parodontitistherapie von der Budgetierung des GKV-FinStG zeitnah – noch in diesem Jahr – auszunehmen. Nur dann können die Patientinnen und Patienten ein vollumfängliches Versorgungsangebot in Anspruch nehmen, das ihnen zusteht und dem aktuellen wissenschaftlichen Stand entspricht“, so der KZBV-Chef.

 

 

Reference: Politik Prävention und Prophylaxe Parodontologie

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