Durch den Trend zur Anstellung sinkt die Gesamtarbeitszeit der Ärzte und der Ärztemangel wird dadurch immer größer. Das ist ein Ergebnis des Ärztemonitors 2018, den die kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und NAV-Virchow-Bund am 18. Oktober 2018 Journalisten vorstellten.
Mehr als 51 Stunden arbeiten selbständige Ärzte wöchentlich, das sind über zehn Stunden mehr als angestellte Kollegen. Doch immer mehr Ärzte sind angestellt, viele davon in Teilzeit. Insgesamt hat sich laut Umfrage die Zahl der angestellten Ärzte seit 2012 mehr als verdoppelt. Damit bleibt zwar die Zahl der Ärzte konstant, aber die ärztliche Arbeitszeit verringert sich stetig.
„Insofern wird die Arbeitszeit des Arztes zunehmend zu einem knappen Gut“, sagte KBV-Vorstandsvorsitzender Dr. Andreas Gassen. Immerhin seien die durchschnittlichen Wochenarbeitsstunden von 57 im Jahr 2012 auf nunmehr 51 gesunken. „Wenn diese Entwicklung weiter geht, werden wir zusätzlich zum Ärztemangel auch einen Mangel an verfügbarer Arbeitszeit für Patienten haben.“
Politik produziert Arztzeitmangel
Dieser Trend werde durch die Politik gefördert, kritisierte Gassen. Diese unterstütze einerseits Strukturen wie das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ), das in erster Linie mit angestellten Ärzten arbeite, „und drangsaliert gleichzeitig die selbstständigen Praxisinhaber mit immer neuen kleinteiligen Regelungen. Dies birgt zudem die Gefahr, ältere, noch in der Versorgung tätige Ärzte früher als geplant in den Ruhestand zu bewegen und den dringend benötigten ärztlichen Nachwuchs in der ambulanten Versorgung nachhaltig zu verschrecken. Damit produziert und verschärft die Politik den Arztzeitmangel, den sie mit ihren Maßnahmen angeblich beseitigen will, auf absehbare Zeit selbst.“
Mit immer mehr Eingriffen sorge der Gesetzgeber dafür, „dass der seiner Natur nach freie Beruf des Arztes in Wahrheit längst nicht mehr frei ist“, betonte der KBV-Chef und verwies auf die nun per Gesetz geforderten 25 Sprechstunden, wobei die Ärzte im Schnitt 32 Sprechstunden in der Woche anböten.
Freiberuflichkeit als zentrales Element
„In Einzelpraxen arbeiten 90 Prozent der Ärzte in Vollzeit, in MVZ sind es nur 50 Prozent“, sagte Dr. Dirk Heinrich, Bundesvorsitzender des NAV-Virchow-Bundes. Das zeige, dass mit MVZ und angestellten Ärzten allein die Versorgung nicht aufrechterhalten werden könne. Deshalb müsse die selbstständig geführte Praxis – einzeln oder als Kooperation – gefördert werden, um bei gleichbleibender Arztzahl die Versorgung sicherzustellen. Dazu sei es jedoch erforderlich, die Rahmenbedingungen weiter zu verbessern, betonte Heinrich und forderte „die Beendigung der unseligen Budgetierung“.
Ärztemonitor 2018
Für die nunmehr vierte Befragung von KBV und NAV-Virchow-Bund hat das Meinungsforschungsinstitut infas rund 11.000 Telefoninterviews geführt. Der Ärztemonitor ist deutschlandweit die größte Erhebung unter niedergelassenen und angestellten ambulant tätigen Ärzten und Psychotherapeuten.