In dem Webinar „Zahngesundheit in Schwangerschaft und Kleinkindalter“ von Philips zeigte DH Carmen Brennecke den mehr als 150 Teilnehmern Ende August 2023 unter anderem, wie diese ihre Patienten zahngesund durch die Schwangerschaft begleiten können.
Zunächst erläuterte Brennecke die Bedeutung einer guten Mundhygiene in der Schwangerschaft:
- Laut Offenbacher et al. 1996: Parodontitis erhöht das Risiko einer Frühgeburt um das 7,5-fache, das eines zu geringen Geburtsgewichts um das 7-fache. Über einen möglichen Zusammenhang zwischen einer Parodontitis und einem negativen Schwangerschaftsausgang gibt es mehrere Studien. Die Ergebnisse werden kontrovers diskutiert. [Albert et al., 2011; Jeffcoat et al., 2014; Konopka und Paradowska-Stolarz, 2012; Offenbacher et al., 1996; Sanz et al., 2013].
- Schwangerschaftsbeschwerden wie etwa Erbrechen oder Sodbrennen mit Reflux und die oftmals gesteigerte Lust auf Süßes oder Saures nehmen großen Einfluss auf die Zahngesundheit.
- Veränderungen durch die Hormonumstellung ab dem zweiten Schwangerschaftsmonat (erhöhte Blutungsneigung, da Schleimhäute besser durchblutet werden) können zu einer Schwangerschaftsgingivitis führen.
Hatte eine Patientin bereits vor der Schwangerschaft eine Parodontitis, ist das Risiko einer erneuten Erkrankung erhöht. „Darauf müssen wir bei der Betreuung der Schwangeren natürlich ein noch größeres Augenmerk richten“, so die Referentin.
Da sich in der Schwangerschaft auch die Zusammensetzung des Speichels verändert und sich damit das Remineralisationspotenzial reduziert, steigt auch das Risiko für Karies und Erosionen, warnte Brennecke. Daher ist es wichtig, auch die Ernährungsgewohnheiten abzufragen. Die Patientinnen sollen aber keinesfalls mit Informationen überfordert werden, sondern diese müssen auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmt sein.
Handhabung der Hilfsmittel vor dem Spiegel ausprobieren
Damit aus einer Schwangerschaftsgingivitis keine Parodontitis entsteht, „müssen wir die Patientin richtig instruieren, informieren und ein individuelles Behandlungskonzept erstellen“. Zunächst gilt es, in der Anamnese eine Kariesrisiko- und Parodontitis-Einschätzung vorzunehmen. Außerdem werden eine Plaquekontrolle, eine PZR und bei Bedarf eine Fluoridierung durchgeführt sowie die Ernährung besprochen.
„Letztlich ist es wichtig, dass das, was ich meiner Patientin an Hilfsmitteln empfehle, wirksam ist“, betonte die Referentin und verwies auf die Vorteile der Philips Sonicare Schalltechologie mit 62.000 Bewegungen pro Minute. Sie selbst stellt sich mit ihren Patienten vor einen Spiegel, zeigt ihnen dort die richtige Handhabung verschiedener Hilfsmittel und lässt die Patienten ausprobieren, ob sie zum Beispiel besser mit Zahnseide, Interdentalbürsten oder dem Powerflosser zurechtkommen. „Egal, für welches Hilfsmittel sich der Patient entscheidet, Hauptsache, es reinigt den Interdentalraum.“ Der Einsatz von Mundspüllösungen entsprechend Herstellerempfehlungen kann unterstützen. In welchen Zeitabständen eine Patientin einbestellt werden sollte, hänge unter anderem davon ab, ob sie beispielsweise bereits eine Parodontitis hatte, sie zu einer Gingivitis neige oder Medikamente einnehme, die Einfluss auf eine Xerostomie haben.
Aufklärung im ersten Schwangerschaftstrimenon
Im ersten Trimenon sollte viel Aufklärungsarbeit betrieben werden, rät Brennecke. Schwangere sollten über den erhöhten Progesteron- und Östrogenwert informiert werden, damit sie verstehen, was in ihrem Körper und eben auch mit ihrer Mundschleimhaut passiert. In dieser Zeit würden das Kariesrisiko ermittelt, Mundhygiene-Indizes erhoben und -Instruktionen gegeben.
Sind bereits behandlungsnotwendige Kariesläsionen vorhanden, werden diese am besten im zweiten Trimenon behandelt – Ausnahmen sind Schmerztherapien, die zu jedem Zeitpunkt der Schwangerschaft behandelt werden müssen. Für die Behandlung von Patienten mit einem hohen Parodontitis-Risiko verwies Brennecke auf die Behandlungsempfehlung der DG Paro.
Ab der 20. Schwangerschaftswoche sinkt der pH-Wert des Speichels: „Der neutrale pH-Wert in der Mundhöhle liegt bei 7, und wir werten Karies ab 5,5. Bei einer Schwangeren sinkt der pH-Wert automatisch und kann einen Wert von bis zu 5,9 erreichen“, betonte die Referentin. Das Risiko, dass eine Schwangere Karies entwickelt, sei daher etwas erhöht. Außerdem sinke der Kalzium- und Phosphatgehalt im Speichel, was eine Reduzierung des Remineralisationspotenzials zur Folge hat.
Erneute PZR im dritten Trimenon
Im dritten Trimenon wird erneut eine PZR durchgeführt. Jetzt sollte die Mundsituation so gut sein, dass die Patientin „beruhigt in die Phase der Geburt und die erste Zeit mit dem Kind hineingehen“ kann, so Brennecke. Spätestens jetzt werde auch der Partner oder die Partnerin auf eine mögliche Kariesaktivität untersucht. Sei während der Schwangerschaft weiterer Behandlungsbedarf entstanden (Füllungen, Zahnersatz etc.), werde dieser erst nach der Geburt therapiert.
Brennecke empfahl, einer Schwangeren als weitere Informationsquelle den Beileger für den Mutterpass zur zahnärztlichen Früherkennungsuntersuchung auszuhändigen, der kostenfrei bei den Landeszahnärztekammern angefordert werden kann.
Im ersten Trimenon einer Schwangerschaft steigen die Östrogen- und Progesteronwerte und somit die Entzündungsbereitschaft der Gingiva; eine Plaque-bedingte Gingivitis kann jetzt verstärkt werden. Außerdem kann es zur Bildung von Pseudotaschen kommen, und möglicherweise entsteht eine vermehrte Anhaftung der Bakterien.
Im zweiten Trimenon können notwendige zahnärztliche Maßnahmen am sichersten durchgeführt werden, zum Beispiel eine Kariestherapie, nicht-chirurgische Parodontitistherapien mit desinfizierenden Taschenspülungen und Wurzelkanalbehandlungen.
Ab dem 8. Monat, also im dritten Trimenon, hat die Schwangerschaftsgingivitits ihre stärkste Ausprägung. Daher sind in dieser Zeit eine erneute PZR und die Senkung der Keimbelastung sinnvoll.
Birgit Strunk