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Gemeinsame Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für dentale Sedierung (DGfdS), dem Berufsverband Deutscher Oralchirurgen (BDO) und der Schweizerischen Vereinigung für Kinderzahnmedizin (SVK)


Dr. Frank G. Mathers Bild: Privat

„Rund um die zahnärztliche Behandlung gab es auch bei der inhalativen Sedierung mit Lachgas Unsicherheiten und die Frage, ob in der umfassenden Patientenversorgung, die die Zahnärzteschaft zu jedem Zeitpunkt dieser Pandemie gewährleistet hat, auch die Lachgassedierung weiterhin möglich ist“, erklärt Dr. Frank G. Mathers, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für dentale Sedierung (DGfdS). „Daher haben sich Experten verschiedener Fachrichtungen und wissenschaftlichen Fachgesellschaften zusammengetan, um für Zahnärzte eine fundierte Aussage zu erarbeiten, ob Lachgassedierungen trotz des neuen Virus durchführbar sind, und auf welche Besonderheiten sie gegebenenfalls achten müssen. Eine breitgefächerte Koalition von Zahnärzten und Anästhesisten aus Deutschland und der Schweiz konnte kürzlich grünes Licht für die Sedierung mit Lachgas/Sauerstoff in Zeiten der Corona-Pandemie geben.

Erfreulich für Zahnärzte und Patienten gleichermaßen ist das Fazit, das die beteiligten Fachgesellschaften für Kinderzahnheilkunde, Oralchirurgie und Anästhesiologie die Lachgasanwendung, sofern sie von qualifizierten, erfahrenen Zahnärzten durchgeführt wird, auch in Zeiten von Corona für sicher halten. Dabei erinnert die Expertenrunde natürlich daran, wie wichtig es ist, die gültigen Hygienestandards einzuhalten.

Mit der Veröffentlichung dieser gemeinsamen Stellungnahme erhält die Zahnärzteschaft Sicherheit und Rückendeckung durch die zuständigen Fachgremien. Ängstliche Patienten können auch in Zeiten der Corona-Pandemie wie gewohnt die Lachgassedierung bei ihrem Zahnarzt in Anspruch nehmen, ohne ein zusätzliches Risiko damit einzugehen.“

Die Stellungnahme

Das Virus SARS-CoV-2 verursacht die Erkrankung Coronavirus Disease 2019 (COVID-19). Diese hochansteckende Infektion wird in erster Linie durch Tröpfchen oder Speichel übertragen, wobei Virus-RNA auch im Nasen-Rachen-Raum, Tränenflüssigkeit und Blut vorhanden sein kann. Möglich, wenn auch vergleichsweise selten, ist eine Infektion durch kontaminierte Oberflächen. Wesentlich ist eine gute Händedesinfektion, um das Risiko einer Ansteckung zu minimieren [1]. Die meisten Patienten zeigen einen asymptomatischen oder leichten Verlauf, statistisch erkranken 15 Prozent schwer und 6 Prozent benötigen eine intensivmedizinische Versorgung [2]. In der Frühphase imponiert Covid-19 bei symptomatischen Patienten ähnlich einer viralen Grippe und klinisch sind beide Erkrankungen nicht zu unterscheiden.

Zahnärztliche Behandlung

Zahnärztliche Behandlungen verursachen große Mengen potenziell kontaminierter Tröpfchen und Aerosole, so dass die üblichen Hygienemaßnahmen möglicherweise nicht ausreichen, um eine Ausbreitung des SARS-CoV-2 einzudämmen [3]. Die Entstehung von virushaltigen Aerosolen sollte soweit wie möglich minimiert werden. Ärzte und Assistenzpersonal sollten eine adäquate persönliche Schutzausstattung (PSA) tragen. Mundspülungen vor der Behandlung können unter Umständen die Viruslast senken, wobei oxidierende Lösungen wie einprozentiges H2O2 oder Povidon-Iod (zum Beispiel Betaisodona Mund-Antiseptikum) bei SARS-CoV-2 effektiver sind als Chlorhexidin [4]. Die Anwendung von Kofferdam trägt ebenfalls zur Reduzierung bei. Nur notwendiges Personal sollte im Behandlungsraum anwesend sein.

Inhalative Sedierung mit Lachgas/Sauerstoff

Die inhalative Sedierung mit Lachgas ist ein integraler Bestandteil der zahnmedizinischen Versorgung [5]. Die Methode wird in allen Bereichen der Zahnmedizin, bei Kindern und Erwachsenen, bei konservativen und chirurgischen Eingriffen eingesetzt. Geräteseitig sollten die Hygienemaßnahmen nach Herstellerangaben befolgt werden. In der Anästhesiologie werden HME (Heat Moisture Exchange) Filter zwischen Patienten und Gerät eingesetzt, um eine Verkeimung zu vermeiden, da ein Großteil des Expirationsgases in das Narkosegerät zurückgeleitet wird (Halb-Geschlossenes Kreissystem). Zahnärztliche Lachgasgeräte führen das Gas über eine „Einbahnstraße“ zum Patienten und die Ausatmung erfolgt ausschließlich in das Absaugsystem und nicht in das Lachgasgerät zurück (Halb-Offenes System).

Gas fließt bei zahnärztlichen Lachgasgeräten immer in Richtung Reservoirbeutel. Das Nicht-Rückatmungsventil bleibt stets geschlossen, bis der Patient einen negativen Druck durch die Inspiration im System erzeugt. Erst dann öffnet sich das Nicht-Rückatmungsventil und der Gasfluss im inspiratorischen Schenkel wird freigegeben. Gas kann ebenfalls auf der inspiratorischen Seite in Richtung Patient weitergeleitet werden, wenn durch die Einstellung eines Flows, der über dem Atemminutenvolumen (AMV) des Patienten liegt, ein Überdruck im Reservoirbeutel erzeugt wird.

Bei der Ausatmung schließt das Nicht-Rückatmungsventil und das exhalierte Gas wird komplett in die Absaugung abgeleitet. Es ist nicht möglich, ausgeatmetes Gas in das Gerät zurück zu atmen. Es müssten zwei Fehler gleichzeitig auftreten, um möglicherweise kontaminierte Aerosole in die Umgebungsluft zu bringen:

1. undichte Nasenmaske

2. fehlerhaft eingestellter Flow über dem AMV des Patienten (inspiratorischer Überdruck).

Bakteriologische Untersuchungen zeigen deshalb auch keine Kontamination des Geräts oder der gasführenden Schläuche, wohl aber der Nasenmaske, die ohnehin als Einmalprodukt eingesetzt oder nach Gebrauch sterilisiert wird [6].

Zusammenfassung

Die korrekt durchgeführte inhalative Sedierung mit Lachgas/Sauerstoff stellt an sich keine nachweisliche, zusätzliche Gefährdung für zahnärztliches Personal und/oder Patienten dar. Voraussetzung ist, dass die verschärften Hygienemaßnahmen der Fachgesellschaften und der Gerätehersteller eingehalten werden. Nur erfahrene Anwender sollten die Sedierung durchführen, um Fehler wie Überdruck im System und falsche Maskenplatzierung zu vermeiden. Zu beachten sind die zurzeit gültigen Indikationen zur zahnärztlichen Behandlung mit oder ohne Sedierung.

Dr. med. Frank G. Mathers (DGfdS), Dr. med. Dr. med. dent. Wolfgang Jakobs (BDO), Dr. med dent. Richard Steffen (SVK), Dr. med. dent. Jacqueline Esch (Spezialistin Kinderzahnheilkunde/Lachgastrainerin)

Literatur


[1] Larson, E.L., et al., An organizational climate intervention associated with increased handwashing and decreased nosocomial infections. Behav Med, 2000. 26(1): p. 14-22.
[2] Wu, Z. and J.M. McGoogan, Characteristics of and Important Lessons From the Coronavirus Disease 2019 (COVID-19) Outbreak in China: Summary of a Report of 72314 Cases From the Chinese Center for Disease Control and Prevention. JAMA, 2020.
[3] Cook, T.M., et al., Consensus guidelines for managing the airway in patients with COVID-19: Guidelines from the Difficult Airway Society, the Association of Anaesthetists the Intensive Care Society, the Faculty of Intensive Care Medicine and the Royal College of Anaesthetists. Anaesthesia, 2020. 75(6): p. 785-799.
[4] Peng, X., et al., Transmission routes of 2019-nCoV and controls in dental practice. Int J Oral Sci, 2020. 12(1): p. 9.
[5] Lyne, A., J. Johnson, and D. Baldwin, Reaction times of children having nitrous oxide inhalation sedation for dental procedures. Eur Arch Paediatr Dent, 2020. 21(1): p. 25-30.
[6] Russell, E.A., Jr. and A. Gross, Extent of bacterial contamination in a nonrebreathing inhalation sedation machine. Oral Surg Oral Med Oral Pathol, 1979. 48(3): p. 211-3.


Titelbild: Institut für dentale Sedierung
Reference: DGFdS Zahnmedizin Praxis

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