Beim Thema Endodontie zeigen sich bei vielen praktizierenden Zahnärztinnen und Zahnärzten die eigenen Grenzen auf, gerade wenn es um die Verknüpfung von Theorie, also aktueller Studienlage, und Praxis im Sinne der Alltagstauglichkeit in der eigenen Behandlung geht. Umso interessanter ist es für die meisten Kolleginnen und Kollegen, an Kongressen oder Fortbildungen teilzunehmen, die genau diese beiden Aspekte miteinander verknüpfen.
Eine solche Möglichkeit bietet der aktuelle IFG Online-Kongress mit dem Schwerpunkt Endodontie. Die Besonderheit: Der Kongress findet aufgrund der aktuellen Pandemie online statt. Online, das bedeutet immer verfügbar, rund um die Uhr und so oft die Teilnehmenden wollen, natürlich mit altbekannter Rednerkompetenz und abschließender Zertifizierung.
Einflussfaktoren, Erfolgs- und Überlebensquoten
In kurzen Sequenzen von ca. 45 Minuten (nicht länger als die neue Folge der Lieblingsserie auf den bekannten Streaming-Portalen) bringen verschiedene Vortragende verschiedenste Aspekte der Endodontie näher – immer nach dem Motto „Fit für die Praxis“. Schon im ersten Teil ging es praxisnah zur Sache. Beginnend mit den Grundlagen der Endodontie führte Prof. Michael Hülsmann durch die verschiedenen Einflussfaktoren auf den Erfolg der endodontischen Behandlung. Bildlich wie akustisch wies er auf den Unterschied zwischen Erfolgsquoten und Überlebensquoten hin, schlüsselte verschiedene Einflussfaktoren auf die Prognose einer endontischen Behandlung in Schemata auf und unterstrich den Dualismus zwischen Generalisten und Spezialisten.
Von Bildgebung bis restaurative Versorgung
Darauf aufbauend erläuterten PD Dr. Dan-Krister Rechenberg und Dr. Thomas Clauder Möglichkeiten der Diagnostik und der Bildgebung, immer praktische Bezüge für die zahnärztliche Praxis im Blick wie die Schmerzdiagnostik bei der Anamneseerhebung. Prof. Matthias Zehnder erläuterte die Wichtigkeit von Desinfektion des Wurzelkanals und gab seinen Zuschauern praktischerweise direkt ein mögliches Spülkonzept aus drei Materialien an die Hand. Aber auch die post-endodontische Versorgung kommt in diesem Format nicht zu kurz: Prof. Bernd Haller und Prof. Daniel Edelhoff informierten im ersten Kongressteil über Möglichkeiten und Grenzen.
Das Einbeziehen von niedergelassenen Kollegen wie Dr. Clemens Bargholz zum Thema Problemlösungen in der endodontischen Behandlung oder weiterführend Dr. Josef Diemer mit Ausführungen zur Revisionsbehandlung brachte Vorträge, die gespickt waren mit Tipps für die eigene Behandlung. Bargholz beispielsweise unterstrich die Wichtigkeit der Zugangskavität in der primären sowie sekundären Behandlung und erläuterte die korrekte Vorgehensweise anhand von einfach verständlichen Schemata.
Das „cracked tooth sydrome“ wurde strukturiert durch Prof. Thomas Attin aufgearbeitet, beginnend mit Fragestellungen, die jede praktizierende Zahnärztin, jeder praktizierende Zahnarzt kennt: Wann ist denn nun eine Krone indiziert und wie diagnostiziere ich eine Fraktur richtig? Praktikable Tipps wie beispielsweise eine erhöhte Sondierungstiefe entlang des Frakturspalts helfen auch hier, die Theorie in praktische Erfahrung umzuwandeln.
Traumata und komplexe Fälle
Das Themengebiet der Traumata wurde durch Prof. Gabriel Krastl intensiv beleuchtet, insbesondere das adäquate Handeln nach verschiedenen Traumata beispielweise einer horizontalen Fraktur oder einer Dislokation mit entsprechenden Behandlungsprognosen. Ohne zu viel zu verraten: Die Trepanation oder die Extraktion sind nicht immer universell der Weg zum Erfolg.
Abgerundet wurde Teil 1 des Kongresses durch die Darstellung komplexer endodontischer Fälle durch Dr. Ralf Schlichting und ein Exkurs in die Möglichkeiten und Limitationen der Milchzahnendodontie. Prof. Jan Kühnisch führte hier übersichtlich durch die besondere klinische Problematik bei den Jüngsten, zeigte Grenzen auf und erklärte das Verfahren einer Pulpotomie in seinen einzelnen Arbeitsschritten. Abschließend führte Sabine Schmidt durch den Abrechnungsdschungel verschiedener endodontischer Maßnahmen.
Endodontie „on demand“ mit Zertifizierung
Am Ende der Modulreihe besteht die Möglichkeit der Zertifizierung mittels eines Fragebogens zu den verschiedenen Vorträgen. Überzeugend dargestellt und einfach in der Handhabung, ist ein solches Kongressformat ein zukunftsweisendes Konzept und erspart den Teilnehmenden durch die Wiederholungsmöglichkeiten unbeantwortete Fragen. Und falls zu Hause, auf dem Weg in die Praxis oder in der Freizeit etwas dazwischen kommt kann, einfach pausiert und zu einem späteren Zeitpunkt wieder eingestiegen werden – Endodontie „on demand“ eben, wann immer man möchte. Teil 2 des Endo-Kongresses ist Mitte September 2020 online gegangen und steht noch bis Ende Dezember dieses Jahres zum Registrieren und Abrufen zur Verfügung.
ZÄ Isabel Scharfenberg, Köln