Als „Master Online Parodontologie“ wurde er 2007 an der Universität Freiburg implementiert. In den vergangenen 15 Jahren hat der heutige „Master of Science in Parodontologie und Implantattherapie“ zahlreiche Weiterentwicklungen erlebt. Insgesamt 106 Absolventinnen und Absolventen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, den Niederlanden und sogar Kasachstan und Französisch-Guyana haben das Studium seither erfolgreich abgeschlossen und durch ihre Teilnahme geprägt. 39 Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind derzeit noch aktive Studierende. 2016 wurden die Inhalte des Studiengangs zudem komplett überarbeitet und auf den neuesten Stand von Wissenschaft und Forschung gebracht. Prof. Dr. Petra Ratka-Krüger hatte damals die Idee zu dem außergewöhnlichen Angebot und leitet den Studiengang bis heute. In einem Interview spricht sie über den bisherigen Weg des Masterstudiengangs und künftige Ziele.
In diesem Jahr feiert der Masterstudiengang Parodontologie und Implantattherapie der Universität Freiburg 15-jähriges Jubiläum. Frau Professor Ratka-Krüger, dieser berufsbegleitende Studiengang ist Ergebnis Ihrer Bemühungen. Mit welchen Gefühlen begleiten Sie dieses Ereignis?
Prof. Dr. Petra Ratka-Krüger: Mit großer Freude und auch Stolz. Es waren 15 bewegende Jahre und ein sehr gutes Gefühl, dass diese Form der Weiterbildung so gut angenommen wurde und wir jedes Jahr mit einer neuen Kohorte von Studierenden starten konnten. Schön ist auch zu sehen, wie sich dieser Studiengang immer weiterentwickelt hat, um den Bedürfnissen der Kolleginnen und Kollegen gerechter zu werden, ohne das erforderliche Theoriewissen zu vernachlässigen. Erwähnen möchte ich auch noch mein tolles Team, ohne das ich niemals so weit gekommen wäre.
Sie haben im Rahmen dieses Studiengangs bereits mit Webinaren und Online-Fortbildungen gearbeitet, als die deutsche Arbeitswelt noch weit entfernt von Homeoffice und E-Learning war. Erinnern Sie sich noch an die Anfänge: Welche Ideen und Ansätze standen damals im Mittelpunkt der Überlegungen?
Ratka-Krüger: E-Learning als begleitendes Lehrelement zu Präsenzveranstaltungen war bereits vor unserem Masterstudiengang ein Element der Freiburger Universitätslehre. So wurde der Studiengang von Beginn an von Seiten des universitären Rechenzentrums professionell begleitet und unterstützt.
Zudem hatte ich selbst eine Ausbildung in Hochschuldidaktik und E-Learning absolviert. Als dann im Rahmen eines Förderprogramms des Landes Baden-Württemberg eine zeitgemäße Weiterbildung auf wissenschaftlichem Niveau ausgeschrieben wurde, habe ich mich angesprochen gefühlt. Mir erschien gerade die Kombination aus Online und Präsenz ideal als berufsbegleitende Fortbildung für Zahnärzte.
Welches waren die schwersten Hürden, die es zu nehmen galt?
Ratka-Krüger: Am Schwierigsten empfand ich es, diesen Studiengang in der Universität Freiburg zu implementieren. Zunächst hatten wir die Idee, nahmen dann an der Ausschreibung des Ministeriums teil und stellten unser Konzept und unsere Inhalte vor. Wir konnten die Gutachter überzeugen und absolvierten erfolgreich das zweistufige Auswahlverfahren. Am Ende waren wir der einzige medizinische Studiengang, der gefördert wurde. Wir waren am Ziel, doch damit standen wir eigentlich ganz am Anfang, denn nun begann die Arbeit. Wir hatten Erfahrung in der Entwicklung von Lerninhalten, was uns noch fehlte, war das Projektteam.
Wie sahen die nächsten Schritte aus?
Ratka-Krüger: Wir entwickelten das Curriculum, stellten das entsprechende Personal ein und bündelten die Kompetenzen. Es gab Bereiche, von denen wir als Hochschullehrende damals keine Ahnung hatten: Datenschutz, Vertragswesen, Marketing. Auch die Akkreditierung stellte uns vor große Herausforderungen, denn wir mussten etwas beschreiben, was zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht vorlag. Doch wir starteten den ersten Studiengang fristgerecht mit 14 Studierenden, und wir wurden ohne Auflagen akkreditiert.
Worin liegen, neben der digitalen Ausrichtung, die grundlegenden Unterschiede dieses Studiengangs im Vergleich zu anderen Angeboten?
Ratka-Krüger: Im Vergleich zu anderen Masterstudiengängen, die hauptsächlich in Präsenz durchgeführt werden, studieren unsere Teilnehmenden in einer Kombination aus betreuten Online- und Präsenzphasen. Die Theorie wird online vermittelt, die Präsenzphasen konzentrieren sich auf praktische Übungen. Mittels einer einfach zu bedienenden Lernplattform, die rund um die Uhr zur Verfügung steht, können Lernzeiten individuell und flexibel gestaltet werden – ein deutliches Alleinstellungsmerkmal unseres Studiengangs. Dadurch lassen sich auch Praxisausfall und Reisekosten stark reduzieren. Das Lehrmaterial ist multimedial aufbereitet und garantiert ein abwechslungsreiches Lernen. Auch persönliche Betreuung wird bei uns groß geschrieben. Geschulte Teletutoren, die selbst DG PARO-Spezialistinnen und Spezialisten für Parodontologie sind, begleiten eine Studierendengruppe über ihr ganzes Studium hinweg. Regelmäßig stattfindende virtuelle Klassenzimmer (zweiwöchig) mit allen Teilnehmenden des Jahrgangs und zusätzliche Gruppensprechstunden mit mir fördern den Austausch. Für dieses innovative Lehrkonzept wurde der Studiengang übrigens mit dem Thieme-Innovationspreis für hervorragende Didaktik ausgezeichnet.
Schließlich hat der digitale Teil des Studiengangs, der übrigens auch Grundlage für die Weiterentwicklung der grundständigen Lehre war und ist, der Universität während der Coronazeit sehr geholfen, Vorlesungen und Seminare rasch auf ein Onlineangebot umzustellen.
Für wen ist dieser Master-Studiengang Ihrer Ansicht nach geeignet?
Ratka-Krüger: Für alle interessierten Zahnärztinnen und Zahnärzte, die erste Berufserfahrung gesammelt haben und nach einer flexiblen Lösung suchen, beispielsweise neben der Praxisgründung oder Familie, sich im Fachgebiet Parodontologie weiterzubilden und einen Masterabschluss zu erlangen. Der Studiengang richtet sich aber auch an bereits erfahrene Kolleginnen und Kollegen, die ihr Wissen in der Parodontologie vertiefen möchten, und den Anspruch haben, auf hohem Niveau zu arbeiten. Der hohe Digitalisierungsgrad unseres Masterstudiums ermöglicht es, auch aus dem Ausland den Masterabschluss zu erlangen.
Können Sie Schwerpunkte und Verlauf der insgesamt acht Module kurz umreißen?
Ratka-Krüger: Der Masterstudiengang „Parodontologie und Implantattherapie“ vermittelt in acht aufeinander abgestimmten Modulen und einem Abschlussmodul alle theoretischen und praktischen Inhalte der Parodontologie. Im Modul 1 werden die Grundlagen der Ätiologie und Epidemiologie vermittelt, außerdem wird das Behandlungskonzept vorgestellt und im Modul 2 um die Inhalte der Anatomie sowie Histologie mit Präparationsübungen am humanen Präparat ergänzt. Modul 3 thematisiert die Mikrobiologie inklusive Pathologie, Immunologie und Pharmakologie. Zusammen bilden sie das Gerüst für die folgenden Module Prophylaxe und Behandlungskonzept (Modul 4) und Chirurgische PA-Therapie (Module 5 und 6). Insbesondere die Parodontalchirurgie wird in zwei Präsenzen sehr intensiv vermittelt, sodass auch bis dahin chirurgisch Unerfahrene in die Lage versetzt werden, parodontalchirurgische Eingriffe selbstständig durchzuführen. Ein Höhepunkt sind die Operationen an ausgewählten Patientinnen und Patienten, die unter enger Betreuung in der zweiten Chirurgie-Präsenz stattfinden.
Seit der letzten grundlegenden Aktualisierung nach zehn Jahren Masterstudiengang bietet der Studiengang zudem die Module Ästhetik und Funktion (Modul 7) sowie Implantologie (Modul 8) an. Während der gesamten Studiendauer müssen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sechs Fälle dokumentieren, werden dabei auch in Fotografie angeleitet und verfassen am Ende eine wissenschaftliche Arbeit (Masterthese).
Der Praxisbezug wird ausreichend gewährleistet?
Ratka-Krüger: Im Rahmen der Präsenzphasen wird das Üben der praktisch-operativen Fähigkeiten ausgiebig praktiziert. Unter den Alumni haben wir kürzlich eine repräsentative Umfrage gestartet, ich darf der offiziellen Veröffentlichung vorgreifen, wenn ich ein Ergebnis daraus benenne: Eine wesentliche Anzahl der Umfrageteilnehmer und -teilnehmerinnen bestätigte die Kompetenzsteigerung durch die Teilnahme am Studiengang. Sie gaben an, sich sicherer im Umgang mit ihren Patientinnen und Patienten zu fühlen, weniger Komplikationen in den Behandlungsabläufen zu haben und durch den Erwerb eine Alleinstellung gegenüber anderen Praxen zu haben.
Welche Entwicklungen haben sich in den vergangenen 15 Jahren ergeben?
Ratka-Krüger: Unser Curriculum hat sich kontinuierlich weiterentwickelt. Wir haben mit der Implantologie und der Ästhetik komplett neue Module integriert. Da auch nach dem Master das „lifelong learning“ nicht aufhört, haben wir das Alumniprogramm ins Leben gerufen, das von PD Dr. Johan Wölber geleitet wird, und in dem alle Absolventinnen und Absolventen jede vierte Woche einen Online-Vortrag von renommierten Referentinnen und Referenten präsentiert bekommen und einmal im Jahr an einer Präsenzveranstaltung teilnehmen können – lebenslang.
Der Studiengang Master Parodontologie und Implantattherapie ist aus insgesamt acht Einzelmodulen und einem Abschlussmodul aufgebaut, in denen die verschiedenen Themenbereiche auf dem Weg zu Ihrer Spezialisierung behandelt werden. Voraussetzungen: Ein erfolgreich abgeschlossenes Studium der Zahnmedizin an einer deutschen Hochschule (oder ein gleichwertiger Abschluss); die zahnärztliche Approbation; mind. zwei Jahre Berufserfahrung und eine aktuelle Anstellung in einer Praxis oder Klinik. Die Kosten belaufen sich auf 29.000 Euro (Zahlung in halbjährlichen oder jährlichen Raten möglich). Weitere Informationen finden Sie unter: www.masterparo.de.
Darüber hinaus befinden wir uns in der Gründung des „Praxisbasierten Forschungsnetzwerks Parodontologie“ – einer wissenschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Alumni des Masters und der Klinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie. Zum einen bietet das die Möglichkeit, Forschung unter wirklichen Praxisbedingungen durchzuführen, zum anderen können die Absolventinnen und Absolventen in der Praxis wissenschaftlich tätig sein.
Diese Entwicklung hat uns besonders gefreut und überrascht, da so viele von ihnen plötzlich großes Interesse an Wissenschaft hatten und auch aktiv publiziert haben. Auch die Einzelmodule im Studiengang sind eine Neuerung. Nur wenige sind sich sofort sicher, direkt einen Master-Titel anzustreben. So gibt es nun über die Einzelmodule die Möglichkeit, sich gezielt in einem Modul fortzubilden und auch erstmal in den Master „hineinzuschnuppern“. Die bereits besuchten Kurse können aber angerechnet werden, wenn man sich doch noch für den Master-Abschluss entscheidet.
Das Gespräch führte Cornelia Schwarz