Die Fälle von Periimplantitis steigen stetig im Zusammenhang mit der Anzahl an Patienten, welche mit Implantaten versorgt werden. Fast jedes zweite Implantat weist dabei entzündliche Veränderungen auf, jedes vierte bis fünfte hat bereits unwiderruflich tragenden Knochen verloren. Aufgrund der hohen Progressionsrate und der schlechten Resonanz auf aktuelle Therapiekonzepte ist eine frühe Diagnostik im Bereich periimplantärer Läsionen elementar. Der aktuelle Markt verfügt über eine Vielzahl von Testungen, welche weitreichende Möglichkeiten in diesem Feld versprechen. In ihrem Artikel für die Implantologie 02/20 stellen die Autoren Annika Therese Kröger und Prof. Dr. Moritz Krebschull einige Konzepte vor und diskutieren deren klinische Relevanz.
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Dentale Implantate haben sich in den vergangenen Jahrzehnten als vorhersagbare, zuverlässige und erfolgreiche Alternative im Falle des Zahnersatzes durchgesetzt. Doch die steigende Zahl der gesetzten Implantate geht mit einer erhöhten Prävalenz von periimplantären Infektionen einher. Der entzündliche Prozess um die Implantate, kombiniert mit Knochendestruktion (Periimplantitis), ist bei bis zu 22 Prozent der Patienten zu finden, die periimplantäre Mukositis, die entzündliche Veränderung des umgebenden Weichgewebes, gekennzeichnet durch Blutungen auf Sondierung, bei knapp 45 Prozent1. Klinisch zeigen sich Ähnlichkeiten zur Parodontitis: beide Erkrankungen kennzeichnen sich durch Destruktion des tragenden Knochens und Inflammation des umgebenden Gewebes2. Jedoch zeigt die Periimplantitis signifikant höhere Progressionsraten3 sowie auch eine zelluläre Komposition der Läsionen, und ihre anatomischen Eigenschaften unterscheiden sich (Abb. 1 und 2). Zwar findet man in beiden Situationen sich ähnelnde Strukturen, wie das Saum- und das Sulkusepithel, jedoch unterscheiden sich bei genauerer Betrachtung die Gewebe bezüglich der vaskulären Versorgung und des kollagenen Faserapparats4. In der seit 2018 geltenden Klassifikation der Parodontalerkrankungen entschieden sich die beteiligten Experten dafür, periimplantäre Infektionen getrennt von der Parodontitis zu nennen und sie so zu einer eigenständigen Kategorie zusammenzufassen5,6. Beide Erkrankungen teilen sich bestimmte Risikofaktoren wie mangelhafte Mundhygiene und unzureichende Nachversorgung. Auch erhöht eine parodontale Vorerkrankung das Risiko für die Entstehung einer Periimplantitis7−10. Die Bedeutung weiterer bekannter Risikofaktoren der Parodontitis, wie des Rauchens und des Diabetes mellitus, sind im Zusammenhang mit der Periimplantitis noch nicht vollends geklärt10.
Durch den ständigen Wandel und neue Erkenntnisse zu den Pathomechanismen, welche der Periimplantitis zugrunde liegen, entwickeln sich natürlicherweise ebenfalls neue diagnostische Möglichkeiten (Abb. 3a bis c). Im Folgenden werden einige molekular- und mikrobiologische Testungen vorgestellt und hinsichtlich ihrer Relevanz bei Periimplantitis diskutiert.
Hintergründe zu den molekular- und mikrobiologischen Tests
Momentan gibt es eine Vielzahl an mikro- und molekularbiologischen Testungen, die Einzug in den Praxisalltag gehalten haben. Im Folgenden werden die gängigsten Methoden vorgestellt und deren Hintergründe beleuchtet. Ihre Relevanz im klinischen Alltag und ihr Einfluss auf Therapieentscheidungen werden diskutiert.
Bakterielle Nachweise und mikrobiologische Testungen
Die Bakterienkultur ist die vermeintlich klassische Methodik zum Nachweis von Keimen. Das Bakterienspektrum, das dieses Verfahren nachweisen kann, beschränkt sich jedoch auf die kultivierbare Spezies. Anaerobe Keime, die bei der dysbiotischen Erkrankung Periimplantitis besonders im fortgeschrittenen Stadium eine wichtige Rolle spielen11, sind durch diese Technik nur schwer nachweisbar. Ebenso werden nichtkultivierbare Keime, die auch wichtige Pathogene sein können, nicht identifiziert. Heutzutage ist das Anwendungsfeld von Bakterienkulturen sehr geschrumpft, die Methodik hat so gut wie keine klinische Relevanz mehr. Lediglich zum Nachweis von Resistenzen wird sie heute noch eingesetzt. Zur Diagnostik von periimplantären Infektionen sind Kulturen obsolet.
Mittlerweile wurden neue Techniken entwickelt, um ein umfassenderes Bild der Zusammensetzung von Mikrobiomen zu erlangen. DNA-Sondentests sind mikrobiologische Untersuchungen, die in der Praxis am häufigsten angewendet werden. Submukosale Plaqueproben werden dabei im Labor durch Real-Time-PCR (polymerase-chain-reaction) auf sogenannte Markerkeime untersucht. Trotz der großen Beliebtheit dieser Methodiken zeigt sich kein diagnostischer Wert und eine therapeutische Konsequenz bleibt aus. Das Spektrum, das durch diese Untersuchungen abgedeckt wird, bildet nur einen Bruchteil der real vorhandenen Keime ab. Somit ist eine mikrobiologische Testung nicht sinnvoll12. Neue Verfahren, wie die Hochdurchsatz-Sequenzierung, auch NGS-Sequenzierung oder „Next-Generation-Sequencing“ genannt, haben den Vorteil, ein Gesamtbild der mikrobiologischen Komposition darstellen zu können. Sie sind weitestgehend unabhängig von Kultivierbarkeit, anaerobischen/aerobischen Anforderungen oder der Häufigkeit von Keimen. Insbesondere das 16s-rRNA-Sequenzierungsverfahren, das sich allein auf bakterielle Bestandteile der Proben beschränkt, hat in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen11,13−17. Allein in der Zeit von 2001 bis 2007 wurden durch diese Technik mehr als 215 neue Bakterienspezies entdeckt. Dabei bildete der Mundraum neben dem Gastrointestinaltrakt das wichtigste Reservoir dieser neuen Spezies18. Mittels 16s-rRNA-Sequenzierung können neben einzelnen Pathogenen Änderungen der Mikrobiomzusammensetzung (Dysbiosen) identifiziert werden. Dysbiose spielt bei einer Vielzahl von Erkrankungen eine entscheidende Rolle, unter anderem bei Autismus, Diabetes mellitus und Adipositas19−21. Aber auch bei oralen Erkrankungen wurde mit dem 16s-rRNA-Sequenzierungsverfahren Dysbiose nachgewiesen: bei der Parodontitis und der Periimplantitis11,22,23. Die Praxisrelevanz solcher NGS-Sequenzierungen bleibt jedoch aus. Die Kosten sind hoch und die Laborarbeiten sind zeit- und technikintensiv.
BANA-Test
Der BANA-Test nutzt die Benzoyl-arginin-naphthylamid-Hydrolyse zum Nachweis von Trypsin in subgingivaler Plaque. Trypsin ist ein Enzym, das von den typischen parodontal-pathogenen Keimen Treponema denticola, Tannerella forsythia und Porphyromonas gingivalis produziert wird24. Somit dient der BANA-Test zur Einschätzung der Aktivität parodontal-pathogener Keime. Zum Nachweis der Periimplantitis hat der BANA-Test ebenfalls bereits Anwendung gefunden25. Hier soll er zum einen der Früherkennung der Periimplantitis dienen, zum anderen der Kontrolle des Therapieerfolgs nach nichtchirurgischer Therapie26,27. Ursprünglich fungierte der BANA-Test als Entscheidungshilfe bei Parodontitis, ob eine systemische Antibiotikagabe sinnvoll sei. Dieser Anwendungsbereich ist obsolet, da mit der seit November 2018 veröffentlichten S3-Leitline die Indikationen einer adjuvanten systemischen Antibiotikagabe klar definiert sind12.
Bei allen Testverfahren, die sich ausschließlich auf die mikrobielle (Teil-)Zusammensetzung des parodontalen Biofilms reduzieren, ist die Übertragbarkeit auf periimplantäre Situationen fraglich28. Die Vergleichbarkeit des Keimspektrums parodontaler und periimplantärer Läsionen bleibt umstritten. Es gibt eine Vielzahl an Publikationen, die sich mit dem Mikrobiom periimplantärer und parodontaler Läsionen beschäftigen. Allesamt bestätigen die Anwesenheit bekannter parodontal-pathogener Keime, jedoch weisen alle ebenso signifikante Unterschiede im vorhandenen Keimspektrum auf11,13,15,17.
Biomarkerbasierte Tests
Matrix-Metalloproteinasen (MMP) sind Enzyme, welche Kollagene spalten und so zu Gewebeabbau führen können. Im gesunden Gewebe befinden sich Auf- und Abbau im Gleichgewicht. Bei entzündlichen Veränderungen wandern neutrophile Granulozyten ein und die Expression von MMPs wird angeregt29. Der Subtyp MMP-8 hat sich als Entzündungsmarker durchgesetzt, da Tests, die sich auf dieses Enzym konzentrieren, eine bessere Sensitivität und Spezifität aufweisen30 und ihre hohe Relevanz bei Gewebeabbau nachgewiesen wurde31.
Die Art des Nachweises ist jedoch von höchster Relevanz, da MMP-8 in aktiver und inaktivierter Form vorliegen kann. Nur die aktive Form, kurz auch aMMP-8 genannt, weist auch einen destruktiven Prozess auf. Zwar ist der Nachweis der aktiven Form durch enzymspezifische Antikörper möglich, inwieweit die auf dem Markt erhältlichen Tests dies jedoch umsetzen, ist nicht vollends geklärt30.
Ebenso wird die Bestimmung der MMP-8-Konzentration beeinflusst von der Analyseflüssigkeit. Lokale Flüssigkeiten, wie zum Beispiel Sulkusflüssigkeit bei parodontalen Taschen mit erhöhten Sondierungstiefen, sind weniger anfällig für Einflüsse. Jedoch können speichel- oder mundspüllösungsbasierte Konzepte falsch-positive Ergebnisse aufweisen, da die Erhöhung der MMP-8-Konzentration auch systemische Gründe haben kann32.
Zwar lässt der aMMP-8-Test eine zuverlässige Aussage über individuelle aktive Entzündungsvorgänge für spezifische Läsionen zu, jedoch bleibt eine daraus resultierende Konsequenz für den Behandler und den Patienten aus. Das Therapiekonzept ändert sich nicht. Die Testung liefert somit zwar mehr Informationen für alle Beteiligten, wobei deren Wert in der Praxis jedoch offen bleibt. Weiter verspricht der aMMP-8-Test die Möglichkeit des sogenannten stuhlseitigen Monitorings33. Bei Patienten, die eine positive Entwicklung klinischer Parameter nach subgingivaler Instrumentierung aufwiesen (sogenannte Responder), wurden signifikant geringere MMP-8-Konzentrationen festgestellt als bei Nonrespondern (Patienten mit geringer/keiner Verbesserung klinischer Messgrößen nach Therapie). Auch weiterführende Analysen kamen zu dem Schluss, dass die MMP-8-Konzentration als zuverlässiger Biomarker für die Therapierbarkeit und den potenziellen weiteren Attachmentverlust gesehen werden kann34,35. Jedoch kann die Aussage „nichtprogressiver Verlauf“ endgültig nur im Zusammenhang mit klinischen Parametern (und schlussendlich auch Pathogenen) gefällt werden34,36. Deshalb stellt sich auch hier die Frage nach der Rechtfertigung für diese Testung im Rahmen des Kosten-Nutzen-Verständnisses und der klinischen Relevanz, wenn die gleiche Diagnose auch allein durch klinische Befunde gestellt werden kann30.
Immunologische Testungen
Der Interleukin-1(IL-1)-Test ist eine genetische Untersuchung, welche die Entzündungsreaktion des Patienten betrifft. Hierbei wird die genetische Steuerung der IL1-Sekretion betrachtet. Eine Erhöhung der Produktion dieses Entzündungsmarkers weist auf eine generell erhöhte Entzündungsrate des Patienten hin und wird durch einen bestimmten Genotyp (den sogenannten IL-1-Polymorphismus) codiert, der durch diese Testung nachweisbar ist37. Der IL-1-Polymorphismus allein ist dabei kein Risikofaktor für die Entstehung einer Periimplantitis38. Eine allgemeine Hypothese ist, dass Zytokin-Gen-Polymorphismen im Zusammenhang mit weiteren Faktoren (zum Beispiel Rauchen) für ein erhöhtes Risiko stehen, dass periimplantäre Entzündungen auftreten39. Die klinische Relevanz im Bereich einer bereits vorhandenen Periimplantitis bleibt damit aus40. Vor einer Implantation und Versorgung des Patienten kann der Befund dieses Risiko-Genotyps einen Einfluss auf die Entscheidung bei der Planung eines implantatgetragenen Zahnersatzes haben und der Patient über sein erhöhtes Risiko, falls in Kombination mit weiteren Faktoren auftretend, aufgeklärt werden. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es jedoch nur bedingt Literatur bezüglich des Zusammenhangs des IL-1-Polymorphismus und der Ausbildung einer Periimplantitis. Die Aussagen sind zudem sehr heterogen39,41,42, sodass sich kein abschließendes Fazit fassen lässt43.
Zytokin-Nachweise
Der Nachweis bestimmter Zytokine in der periimplantären Sulkusflüssigkeit ist eine weitere Methodik, entzündliche von gesunden periimplantären Situationen zu unterscheiden. Dabei haben sich die Zytokine Interleukin-1β (IL-1β) und Tumornekrosefaktor-α (TNF-α) durchgesetzt. Beide proinflammatorischen Mediatoren sind signifikant mehr in Läsionen vorhanden, welche mit Periimplantitis diagnostiziert wurden44. Jedoch ist diese Diagnose immer nur mit klinischen Parametern zu fällen, sodass diese Nachweise zwar zur Diagnosesicherung hilfreich erscheinen, aber ohne Relevanz für den Praxisalltag bleiben28. Auch fehlt die Möglichkeit, eine periimplantäre Mukositis und Periimplantitis zu unterscheiden44. Der Test allein kann also nur zwischen entzündlich und nicht entzündlich differenzieren.
Titanallergietests
Titanallergien sind im Allgemeinen höchst selten und nicht Basis periimplantärer Entzündungen. Falls Hypersensivitäten aufgetreten sind, wurden zumeist anschließend andere dentale Legierungen als Ursache festgestellt45. Titanallergietestungen durch Lymphozytentransfromationstests sind somit nicht von Relevanz. Jedoch wurde in der Vergangenheit nachgewiesen, dass Titanpartikel (in der Größenordnung von ca. 1 bis 10 µm) im Gewebe vorhanden sind46 und Entzündungsreaktionen auslösen können – Unverträglichkeit oder Fremdkörperreaktion beschreibt diesen Prozess treffender47–51. Der genaue Vorgang hinter dieser Reaktion ist noch nicht bekannt, vermutlich ist das Ausmaß jedoch genetisch bedingt. Ob eine Überempfindlichkeit vorliegt, kann mithilfe eines Titan-Stimulationstests überprüft werden. Hierbei werden Konzentrationen der Entzündungsmarker TNF-α und IL-1β, die von Entzündungszellen nach Kontakt mit Titanpartikeln exprimiert werden, gemessen und eine potenzielle erhöhte Immunantwort nachgewiesen47,49,52. Eine Testung nach Implantation ist wenig sinnvoll, da die Belastung mit Titanpartikeln bereits stattgefunden hat. Falls jedoch vor der Implantation allergische Reaktionen bezüglich dentaler Legierungen bekannt sind, so kann auch eine Allergietestung bezüglich Titan sinnvoll sein, um alternative Versorgungen oder Implantate, die nicht aus Titan gefertigt sind, in Betracht zu ziehen.
Kritische Würdigung der vorliegenden Evidenz
Es gibt zahlreiche Arbeiten, die sich mit der mikrobiologischen Komponente des subgingivalen Biofilms beschäftigen53. Undiskutabel wird der Biofilm als einer der Parameter aufgeführt, mit denen die Ausbildung einer Periimplantitis zusammenhängt, jedoch wird dies lediglich als Assoziation geführt5. So wird deutlich, dass zum jetzigen Zeitpunkt wichtige pathomechanistische Prozesse, die der Periimplantitis zugrunde liegen, noch nicht geklärt sind. Insbesondere genomische Studien, die sich weiter mit der patientenbezogenen Immunantwort beschäftigen, sind vonnöten, um die hohe Destruktionsrate zu erklären. Folglich müssen auch Studien durchgeführt werden, die die Wirtsantwort zu Pathogenen erforschen.
Grundsätzlich besteht das Problem, dass immer wieder auf das Pendant am Zahn – die Parodontitis – zurückgegriffen wird. Schon die Therapieansätze, die auf diese Weise übertragen wurden, erweisen sich bei der Umsetzung in der Periimplantitistherapie als weniger effizient und vorhersagbar. Der Hauptteil der hier genannten diagnostischen Hilfsmittel ist ebenfalls wiederverwertet. Dabei ist fraglich, wie sensitiv und spezifisch diese Testungen tatsächlich für die Periimplantitis sind.
Grundsätzlich stellt sich die Frage des Nutzens einer mikro-/molekularbiologischen Testung. Der klinische Nutzen herkömmlicher mikrobiologischer Untersuchungen, die sich lediglich auf die bakterielle Komposition einer Läsion beschränken, ist fragwürdig. Der Ansatz, eine Diagnostik zu verwenden, die sowohl die Wirtsfaktoren als auch Änderungen in der mikrobiologischen Zusammensetzung identifiziert, wirkt überlegen, da dadurch nicht nur lokale Parameter adressiert werden, sondern auch individuelle patientenabhängige Einflüsse ermittelt werden können. Die Entwicklung – und auch die wissenschaftliche Forschung – entfernt sich vom Fokus auf das individuelle Bakterium. Die Erkenntnis, dass es sich bei der Periimplantitis um plaqueassoziierte pathologische Veränderungen periimplantären Gewebes handelt, die eine Vielzahl von beeinflussenden Faktoren aufweisen, wie um Beispiel Pathogene oder die Immunantwort des Patienten, ist elementar. So ist es nur schlüssig, dass auch unsere Diagnostik in Zukunft diese und zusätzliche Aspekte betrachtet.
Ausblick in die Zukunft
Eine denkbare Alternative, die einen Hauptteil der in dieser Arbeit aufgezählten Nachteile der heutigen erwerbbaren Tests berücksichtigt, wäre eine „Dysbiosetestung“. Das Fortschreiten der Periimplantitis geht mit einer dysbiotischen Veränderung des subgingivalen Mikrobioms einher11 (Abb. 4). Dabei definiert sich die Dysbiose als ein Ungleichgewicht der Zusammensetzung der bakteriellen Flora, die zum einen durch die Zunahme pathogener Keime und zum anderen aufgrund der scheiternden körpereigenen Immunantwort geschieht. Pathogene Keimkomplexe (Abb. 5) konkurrieren mit gesundheitsassoziierten Keimen und gewinnen die Überhand54. Somit könnte eine Dysbiosetestung vieles ermöglichen: eine Beurteilung der Qualität des submukösen Biofilms, ein Monitoring durch wiederholte Testung sowie auch eine Bewertung der Wirtsantwort. Durch einfache Plaqueproben könnten weitreichende Aussagen gefällt werden.
Schlussfolgerungen
Das Feld der mikro- und molekularbiologischen Untersuchungen befindet sich im stetigen Wandel. Momentan gibt es keine Tests, deren Ergebnisse den Therapieverlauf in irgendeiner Weise beeinflussen würden. Aussagen, die sich lediglich auf mikrobiologische oder molekularbiologische Zusammensetzungen beschränken, sind – wie in der Parodontitistherapie – überholt. Die Berücksichtigung der Immunantwort des Patienten und deren Effizienz bei pathogener Belastung sind zentrale Bestandteile von Innovationen. Der ideale Test würde demnach zum einen die Stoffwechselleistung des Patienten und die Qualität der Immunantwort wiedergeben können30 und darüber hinaus Auskunft über pathogene Eigenschaften des Biofilms ermöglichen.
Ferner bleiben weitere Erkenntnisse aus wissenschaftlichen Studien abzuwarten. Ein idealer Test würde bereits vor dem Auftreten einer irreversiblen Destruktion eine prädiktive Diagnose stellen können, um mit entsprechender Prävention bereits die Ausbildung einer Periimplantitis zu verhindern.
Ein Beitrag von Annika Therese Kröger und Prof. Dr. Moritz Krebschull, beide Birmingham, England
Literatur auf Anfrage über news@quintessenz.de