Der implantatgetragene Zahnersatz hat sich in den vergangenen Jahrzehnten als zuverlässige Therapieoption bei zahnlosen und teilbezahnten Patienten erwiesen, wie die Langzeitüberlebensraten und Erfolgsraten beweisen1,2. Gemäß dem letzten „World Workshop on the Classification of Periodontal and Peri-Implant Diseases and Conditions“ 2017 spricht man von periimplantärer Gesundheit, wenn klinische Entzündungszeichen, insbesondere Bluten auf Sondieren (BaS) und Suppuration, fehlen (Abb. 1)3. Dennoch stellen Erkrankungen wie die periimplantäre Mukositis und Periimplantitis, die im Laufe der Jahre wiederholt und unterschiedlich definiert wurden4,5, ernsthafte Komplikationen dar. Auf dem „World Workshop on the Classification of Periodontal and Peri-Implant Diseases and Conditions“ 2017 wurden Definitionen vorgeschlagen6–8, die die Autoren Siro De Ry, D.D.S. Andrea Roccuzzo, Prof. Anton Sculean und Prof. Giovanni E. Salvi in ihrem Beitrag für die Implantologie 2/20 vorstellen und nichtchirurgische Behandlungsoptionen diskutieren.
In keiner anderen Disziplin der Zahnmedizin schreitet die Entwicklung so schnell voran wie in der Implantologie. Ziel der Zeitschrift ist es, dem Fortbildungsangebot im Bereich der Implantologie durch die Veröffentlichung praxisbezogener und wissenschaftlich untermauerter Beiträge neue und interessante Impulse zu geben und die Zusammenarbeit von Klinikern, Praktikern und Zahntechnikern zu fördern. Mehr Infos zur Zeitschrift, zum Abo und zum Bestellen eines kostenlosen Probehefts finden Sie im Quintessenz-Shop.
Periimplantäre Mukositis
Die Periimplantäre Mukositis ist eine mit Biofilm assoziierte Entzündung des periimplantären Weichgewebes ohne periimplantären Knochenverlust6. Die klinischen Hauptmerkmale sind: Bluten und/oder Suppuration beim Sondieren mit leichter Kraft (0,2–0,3 N) bei fehlender oder vorhandener erhöhter Sondierungstiefe im Vergleich zu früheren Untersuchungen, kein krestaler Knochenverlust, außer Knochenniveauveränderungen, welche aus dem anfänglichen Knochenumbau resultieren (Abb. 2). Dabei sollte beachtet werden, dass die visuellen Entzündungszeichen, zum Beispiel Erythem, Schwellung und/oder Suppuration, variieren können und eine periimplantäre Mukositis um Implantate mit variablem Knochenniveau bestehen kann.
Periimplantitis
Periimplantitis ist ein mit Biofilm assoziierter pathologischer Zustand, der in Geweben um Implantate auftritt und durch eine Entzündung in der periimplantären Mukosa und einen darauffolgenden fortschreitenden Verlust von unterstützendem Knochen gekennzeichnet ist7. Als klinische Hauptmerkmale werden angeführt: Bluten und/oder Suppuration beim Sondieren mit leichter Kraft (0,2–0,3 N), eine erhöhte Sondierungstiefe im Vergleich zu früheren Untersuchungen, das Vorhandensein von krestalem Knochenverlust, unabhängig von Knochenniveauveränderungen aufgrund des anfänglichen Knochenumbaus (Abb. 3).
Prävalenz periimplantärer Erkrankungen
Die weltweite Prävalenz periimplantärer Erkrankungen wurde umfassend untersucht. Eine systematische Literaturübersicht berichtete über eine Prävalenz der periimplantären Mukositis von 43 Prozent (Spanne: 19 bis 65 Prozent) sowie der Periimplantitis von 22 Prozent (Spanne: 1 bis 47 Prozent)9. Aufgrund der derzeit großen Bandbreite der berichteten Prävalenzen, welche die große Heterogenität der angewandten klinischen und radiologischen Schwellenwerte der Krankheitsdefinition widerspiegelt, scheint eine adäquate Schätzung dieser Erkrankungen jedoch schwierig9.
Behandlung
Der erste Ansatz bei der Behandlung periimplantärer Erkrankungen hat sich von der klassischen Parodontalbehandlung einschließlich Scaling und Wurzelglättung hin zu Interventionen entwickelt, die auf die Entfernung des periimplantären Biofilms und des Granulationsgewebes ausgerichtet sind10. Die ersten diagnostischen und therapeutischen Ansätze wurden vor mehr als 20 Jahren von Lang und Mitarbeitern zusammengefasst, die das Protokoll der „Cumulative Interceptive Supportive Therapy“ (CIST) – auf Deutsch AKUT (Auffangende Kumulative Unterstützende Therapie) – vorschlugen. Dieses kumulative Protokoll umfasst eine Abfolge von nichtchirurgischen Eingriffen (A: mechanische Reinigung, B: antiseptische Therapie, C: Antibiotikatherapie), gefolgt von chirurgischen Eingriffen (D) und der Explantation als letzter therapeutischer Schritt (E)11. Trotz der Anwendung mehrerer unterschiedlicher Behandlungsoptionen wurde über eine große Diskrepanz zwischen der Wirksamkeit der nichtchirurgischen Therapie an Zähnen und Zahnimplantaten berichtet10. Es wird jedoch allgemein empfohlen, dass Kliniker grundsätzlich versuchen, vor einem chirurgischen Eingriff an Zahnimplantaten zunächst nichtchirurgische Verfahren durchzuführen. Die bisherigen Erkenntnisse über die klinische Wirksamkeit nichtchirurgischer Maßnahmen sind in den Leitlinien der deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde zusammengefasst12. Ziel der vorliegenden Übersichtsarbeit ist es, die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zur nichtchirurgischen Behandlung periimplantärer Erkrankungen aufzuzeigen.
Klinische Ansätze zur Behandlung der periimplantären Mukositis
Aufgrund der reversiblen Natur der periimplantären Mukositis13–15 stützen sich die vorgeschlagenen Strategien zur Behandlung der Weichgewebeentzündung auf das Paradigma der Infektionskontrolle. Um die Gesamtmenge an Biofilm zu reduzieren und somit die klinischen Entzündungszeichen zu beseitigen, wurden insbesondere die im Folgenden aufgezeigten drei Schlüsselschritte untersucht.
Entfernung des periimplantären Biofilms
Herkömmlich wird die periimplantäre Oberflächendekontamination mit einer Kombination aus Handinstrumenten (Titan-, Kunststoff-, Karbonfaser- und teflonüberzogene Küretten)16 und mechanischen Instrumenten (abrasive Pulverstrahlsysteme, Gumminäpfe) durchgeführt, wobei die Ergebnisse hinsichtlich einer Überlegenheit der einen gegenüber der anderen Modalität widersprüchlich sind17. Dies wurde durch eine sechsmonatige, vergleichende multizentrische Studie an 141 Implantaten bestätigt, in der ebenfalls kein statistisch signifikanter Unterschied in Bezug auf die Reduktion von periimplantären Weichgewebeentzündungen (BaS-Differenz) zwischen den vier untersuchten Verfahren (Schallplastikspitzen, Titanküretten, Pulverstrahlgeräte mit Glycinpulver oder Gumminäpfe und Polierpaste) gezeigt werden konnte18.
Zu anderen Ergebnissen kam eine Gruppe, die die Wirksamkeit eines luftabrasiven Glycinpulvers und eines manuellen Debridements mit Kunststoffküretten und anschließender lokaler Spülung mit einer 0,1-prozentigen CHX-Lösung bei 88 Implantaten in 46 Patienten verglich. Bei der Reevaluation nach sechs Monaten wurde ein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen hinsichtlich der mittleren Sondierungstiefe (ST) (1,87 SA 0,38 vs. 2,70 SA 0,37) und BaS (20,83 SA 30,99 vs. 70,45 SA 26,32) zugunsten des Pulverstrahlgeräts mit Glycinpulver gefunden19. Riben-Grundstrom und Mitarbeiter verglichen die Ergebnisse nach Anwendung entweder eines Glycin-Pulverstrahlgeräts oder eines Ultraschallinstruments mit kunststoffbeschichteter Spitze in einer randomisierten klinischen Studie mit 37 Implantaten bei 37 Patienten mit 3 unterschiedlichen Oberflächen. Zum Zeitpunkt der Auswertung nach 12 Monaten wurden ähnliche klinische Resultate sowohl bei den Prozentsätzen der Stellen mit ST ≥ 4 mm (13 Prozent versus 20 Prozent) als auch bei den BaS-positiven Stellen (12,1 Prozent versus 18,6 Prozent) mit beiden Geräten berichtet. Daher kamen die Autoren zum Schluss, dass beide Geräte die Entzündung und die Anzahl der periimplantären Taschen wirksam reduzieren, wenngleich eine vollständige Heilung der Krankheit in beiden Gruppen schwierig zu erreichen war20.
Ferner wurde in einer sechsmonatigen randomisierten kontrollierten Studie die Wirksamkeit einer Chitosan-Bürste zur mechanischen Dekontamination periimplantärer Oberflächen mit klinischen Entzündungszeichen (ST > 4 mm, BaS, kein nachweisbarer marginaler Knochenverlust) und von Titanküretten verglichen. Ein statistisch signifikanter Unterschied zugunsten der Chitosan-Bürste wurde nur in der frühen Einheilungsphase nach 2 und 4 Wochen festgestellt, nach sechs Monaten wurde dieser Vorteil nicht mehr beobachtet21.
Implantat-Oberflächendesinfektion mit adjuvanten Mitteln: Laser, Natriumhypochlorit, Chlorhexidingluconat, Probiotika, Schmelzmatrix-Proteine
Aufgrund der Schwierigkeiten bei der Entfernung von periimplantären Biofilmen und ordnungsgemäßen Dekontamination von Implantatoberflächen wurden in den vergangenen Jahren mehrere Hilfsstoffe und Hilfsmittel auf dem Dentalmarkt eingeführt. Zu den untersuchten neuen Methoden gehört das Diodenlasern. Im Einzelnen wurden die antibakterielle22 und die Dekontaminationswirkung23 des Diodenlaserns sowohl in vitro als auch in vivo untersucht. Diese Studien kamen zu ähnlichen Ergebnissen wie eine weitere, retrospektive Studie, in der 27 Patienten mit 125 Zahnimplantaten mit einer mechanischen Reinigung, einer adjuvanten Diodenlaser-Anwendung und anschließenden lokalen CHX-Gel-Anwendung behandelt wurden. Hier zeigte sich ein statistisch signifikanter Unterschied (p < 0.0001) sowohl hinsichtlich der mittleren Sondierungstiefen-Reduktion zwischen der Testgruppe (TG) (2,66 SD 1,07 mm) und der Kontrollgruppe (KG) (0,94 SD 1,13 mm) als auch hinsichtlich der endgültigen Prozentsätze der Stellen mit positivem BaS zwischen beiden Gruppen (TG: 4,95 Prozent, KG: 59,72 Prozent)24. Diese positiven Ergebnisse konnten jedoch in einer kürzlich durchgeführten dreimonatigen klinischen randomisierten kontrollierten Studie von Aimetti und Mitarbeitern mit 220 Patienten, die eine periimplantäre Mukositis an je einem Implantat aufwiesen, nicht bestätigt werden. Die dreimalige Diodenlaser-Anwendung als adjuvante Behandlung bei den Patienten der Testgruppe führte nicht zu statistisch signifikanten klinischen Vorteilen im Vergleich zur Kontrollgruppe mit mechanischer Reinigung allein25.
Die Verwendung eines Natriumhypochlorit-Gels (NaOCl) als Ergänzung zur mechanischen Reinigung allein bei der Behandlung der periimplantären Mukositis wurde kürzlich von Iorio-Siciliano und Mitarbeitern untersucht. Die sechsmonatige, dreifach verblindete placebokontrollierte Studie kam zu dem Ergebnis, dass eine fünfmalige Applikation von NaOCl-Gel für 30 Sekunden vor der mechanischen Reinigung mit einem Ultraschallscaler ST und BaS im Vergleich zur mechanischen Reinigung allein nicht statistisch signifikant verbesserte. Außerdem deuten die Ergebnisse darauf hin, dass ein vollständiger Rückgang der periimplantären Entzündung bei 45 Prozent der Test- und 32 Prozent der Kontrollimplantate erreicht wurde26.
Die Verwendung von Chlorhexidindigluconat als chemischen Zusatzstoff zur Verbesserung der Biofilmkontrolle in Verbindung mit einer nichtchirurgischen Parodontaltherapie ist umfassend untersucht worden27,28. Folglich wurde auch die Anwendung von Chlorhexidindigluconat auf Implantaten mit periimplantärer Mukositis untersucht. In einer kontrollierten randomisierten doppelblinden klinischen Studie wurde den 22 Patienten der Testgruppe mit periimplantärer Mukositis (an 61 Implantaten) nach mechanischer Reinigung mit Kunststoffküretten eine 0,12-prozentige CHX-Lösung in die periimplantären Taschen appliziert29. Zusätzlich wurde den Patienten zweimal täglich über eine Dauer von zwei Wochen eine CHX-Mundspülungen verschrieben. Im Rahmen der sechsmonatigen Untersuchung wurde kein klinischer Unterschied zwischen der antiseptischen und der Placebolösung in Bezug auf die Anzahl der BaS-positiven Stellen festgestellt29.
Zu anderen Ergebnissen kam eine 12-wöchige randomisierte kontrollierte Studie, die über den klinischen Vorteil einer einzigen Prophylaxesitzung mit adjuvanter Applikation von 0,2.prozentigem CHX-Gel berichtete. Die 19 Patienten der Testgruppe wiesen nach 4 und 12 Wochen einen statistisch signifikant geringeren Prozentsatz an Resttaschen (ST > 4 mm) auf als die 18 Patienten der Kontroll-Gruppe (33 Prozent vs. 55 Prozent, p < 0,05), obgleich ein Drittel der Implantate bei der Schlussauswertung immer noch BaS-positiv war30.
Ebenso wurde der Nutzen der zusätzlichen Anwendung einer Lösung mit 0,03 Prozent Chlorhexidingluconat und 0,05 Prozent Cetylpyridiniumchlorid bei der Behandlung der periimplantären Mukositis geprüft31–33. Die Mundspüllösung zeigte gute klinische Resultate32 und weniger Nebenwirkungen, als mit der Anwendung einer reinen CHX-Spülung verbunden sind33. In einer Studie mit 12-monatiger Verlaufskontrolle von Pulcini et al. war die zweimal täglich angewandte Lösung bei den meisten der untersuchten klinischen Parameter (Plaqueindex, ST, marginales Knochenniveau) mit Ausnahme der Veränderungen der bukkalen BaS-Werte (47 Prozent vs. 23 Prozent, p = 0,022) nicht wirksamer als die Placebospülung. Die Autoren betonten aber erneut, dass bei 58 Prozent der untersuchten Implantate in der Testgruppe eine vollständige BaS-Auflösung erreicht werden konnte31.
Unter den adjuvanten Hilfsmitteln zur Behandlung der periimplantären Mukositis wird in jüngster Zeit die Verwendung von Probiotika auf der Grundlage ihrer Verabreichung in der nichtchirurgischen Parodontaltherapie befürwortet34,35. Insbesondere berichteten Flichy-Fernández und Mitarbeiter über die positiven Auswirkungen der adjuvanten Anwendung von Tabletten mit Lactobacillus reuteri (Dosierung: 1 x 30 Tage) auf 23 Implantate mit periimplantärer Mukositis36. Die adjuvante Verabreichung von Probiotika führte nach 6 Monaten zu einer zusätzlichen PD-Reduktion von 1,09 +/– 0,90 mm im Vergleich zur Placebogruppe. Diese Ergebnisse sind jedoch mit Vorsicht zu interpretieren, da die BaS-Werte als primäres Ergebnis der periimplantären Mukositistherapie nicht veröffentlicht wurden. Zudem konnten die vorliegenden Befunde nicht durch neuere randomisierte kontrollierte Studien bestätigt werden. Eine Wirkung von adjuvanten Probiotika bei der Behandlung der periimplantären Mukositis wurde in den neueren Studien nicht nachgewiesen37,38.
Nach den vielversprechenden Ergebnissen von Froum et al.39 hinsichtlich des Einsatzes von Schmelzmatrix-Proteinen (EMD) zur ergänzenden Behandlung von Periimplantitis haben Kashefimehr et al.40 den Einsatz von EMD bei Zahnimplantaten mit periimplantärer Mukositis untersucht. Nach submukosaler mechanischer Reinigung führte die adjuvante EMD-Applikation zu statistisch signifikant seichteren Sondierungswerten (Median: 3,0 vs. 5,0 mm) sowie niedrigeren BaS-Prozentsätzen (25 Prozent vs. 75 Prozent) beim dreimonatigen Follow-up40. Die durchschnittlichen Ergebnisse der aktuellen klinischen Vergleichstudien zu den unterschiedlichen Interventionen bei periimplantärer Mukositis sind in Tabelle 1 zusammengefasst.
Vom Patienten angewandte Mundhygienemaßnahmen
Zusätzlich zu den professionell angewandten mechanischen und adjuvanten Verfahren sind optimale, vom Patienten selbst durchgeführte Biofilm-Kontrollverfahren bei der Behandlung der periimplantären Mukositis von entscheidender Bedeutung. Hier scheint es keine Evidenz für die Überlegenheit der elektrischen gegenüber der manuellen Zahnbürste zu geben. Ebenso scheint die Wirksamkeit einer zweimal täglichen Anwendung einer antiseptischen Spülung durch den Patienten sehr gering zu sein41. Auch die Anwendung eines CHX-Gels bei der Behandlung periimplantärer Weichgewebeentzündungen zeigte keine klaren Vorteile42.
Klinische Ansätze zur Behandlung der Periimplantitis
Aufgrund der irreversiblen Natur der Periimplantitis, die durch einen fortschreitenden marginalen Knochenverlust als Folge der Entzündung gekennzeichnet ist, stützen sich die nichtchirurgischen Eingriffe auf die folgenden Schritte:
Periimplantäre Biofilmentfernung
Mechanische Dekontaminationsmethoden der Implantatoberfläche werden als entscheidend für die Ausheilung der Entzündung betrachtet. Aufgrund zahlreicher Unterschiede zwischen Zähnen und Implantaten (hinsichtlich der Makro- und Mikroeigenschaften der Oberflächen) ist allgemein anerkannt, dass die Chancen für eine effektive mechanische Reinigung und Dekontamination periimplantärer Oberflächen wesentlich geringer sind als bei den Oberflächen an Zähnen. Dementsprechend wurden verschiedene Hilfsmittel zur mechanischen Reinigung periimplantärer Oberflächen eingeführt. Zu einigen liegen Studiendaten vor.
In einer sechsmonatigen multizentrischen Fallserie wurde eine neue oszillierende Chitosan-Bürste an 63 Patienten mit der Diagnose einer milden Periimplantitis (definiert als marginaler Knochenverlust von 1–2 mm) getestet. Obwohl die Ergebnisse auf eine statistisch signifikante Verbesserung der ST- und BaS-Werte zwischen Ausgangs- und Folgeuntersuchung hindeuten, können aufgrund des Fehlens einer Kontrollgruppe keine definitiven Schlüsse gezogen werden43. Ein weiteres Studienprotokoll verglich die Wirksamkeit einer Monotherapie mit einem Pulverstrahlgerät, das Glycin enthielt, und einer mechanischen Reinigung mittels Karbonküretten und Chlorhexidindigluconat44. Bei der Endauswertung nach 12 Monaten wurden keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen hinsichtlich Plaqueindex, ST, Schleimhautrezession und klinischem Attachment gefunden, jedoch waren die BaS-Werte in der Glycinpulvergruppe niedriger. Insgesamt gibt es trotz der großen Vielzahl von Verfahren, die für die mechanische Reinigung von Implantatoberflächen vorgeschlagen werden, nur wenig Forschung bezüglich der Wirksamkeit solcher Geräte. Daher lassen sich keine klaren klinischen Empfehlungen geben, welches Mittel gewählt werden sollte, um eine professionelle mechanische Reinigung um Implantate durchzuführen.
Zusätzliche Hilfsmittel zur mechanischen Reinigung: Laser, fotodynamische Therapie (PDT), Natriumhypochlorit
Obwohl über einen potenziellen Nutzen der fotodynamischen und Lasertherapie bei Implantaten mit Periimplantitis berichtet wurde45, liegen widersprüchliche Ergebnisse zu ihrer Verwendung als adjuvante Therapie bei der mechanischen Reinigung vor46. In einer einzigen retrospektiven Kohortenstudie mit 15 Probanden und 23 Implantaten mit sandbestrahlter und säuregeätzter (SLA) Oberfläche berichteten Mettraux et al. über vielversprechende 2-Jahres-Ergebnisse hinsichtlich der Reduktion der Sondierungstiefen und der Suppuration. Dennoch wurde keine vollständige Ausheilung der Entzündung erreicht, nach der Behandlung waren immer noch 43 Prozent der Stellen BaS-positiv47. Ähnliche Ergebnisse wurden von Bassetti und Mitarbeitern berichtet, die eine 12-monatige randomisierte kontrollierte Studie durchführten, um den Effekt einer zweimaligen adjuvanten PDT- Anwendung zu testen. Die Testgruppe zeigte keinen statistisch signifikanten Unterschied hinsichtlich der BaS-Werte im Vergleich zu der mit Minozyklinhydrochlorid-Mikrosphären behandelten Kontrollgruppe (1,74 +/− 1,37 vs. 1,55 +/− 1,26)48.
Der adjuvante Nutzen eines Natriumhypochlorit-Gels gegenüber alleiniger mechanischer Reinigung wurde in einer randomisierten kontrollierten Studie mit einem Split-Mouth-Design an 16 Patienten getestet49. Bei der Evaluierung nach drei Monaten wurden in beiden Gruppen im Vergleich zur Ausgangssituation signifikante Verbesserungen hinsichtlich der BaS-positiven Stellen sowie der ST-Reduktion beobachtet. Da jedoch kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen festgestellt wurde, lautet der Schluss, dass die mechanische Reinigung mit adjuvanter Applikation von Natriumhypochlorit bei der Reduktion von klinischen periimplantären Entzündungszeichen als ebenso wirksam wie die konventionelle nichtchirurgische mechanische Reinigung allein anzusehen ist.
Eine der größten Herausforderungen bei der Prüfung der Wirksamkeit sind kombinierte mechanische und chemische Behandlungsverfahren. Kürzlich wurde in einer 12-monatigen retrospektiven Fallserie über signifikante Verbesserungen hinsichtlich der ST- und BaS-Reduktion und des röntgenologischen Knochengewinns nach wiederholter Anwendung eines kombinierten Therapiekonzepts, bestehend aus mechanischer Reinigung, subgingivaler Chlorhexidinspülung und systemischen Antibiotika, berichtet50. Zwar zeigte der Einsatz dieses kombinierten nichtchirurgischen Protokolls nach einem Jahr positive Ergebnisse. Aufgrund des Fehlens einer Kontrollgruppe kann jedoch nicht auf eine Überlegenheit dieser Behandlungsmethode gegenüber der mechanischen Reinigung allein geschlossen werden50. Weitere Details zu den aktuellen klinischen Vergleichsstudien sind in Tabelle 2 zusammengefasst.
Limitationen
Die in der analysierten Fachliteratur gefundenen Studien der zurückliegenden fünf Jahre weisen mehrere wesentliche Limitationen auf, die vergleichende Aussagen schwierig machen. Erstens wurde eine zwar homogene Definition der periimplantären Mukositis, jedoch sehr heterogene Definition der Periimplantitis festgestellt. Um in der Zukunft dieser Problematik gerecht zu werden, wurde bei dem „World Workshop on the Classification of Periodontal and Peri-Implant Diseases and Conditions“ ein Konsensus über die Definitionen von periimplantärer Mukositis und Periimplantitis getroffen. Zweitens bleibt weiterhin umstritten, was als primärer Studienparameter beim Management der periimplantären Mukositis zu erachten ist (BaS- oder ST-Reduktion), obwohl die meisten Studien eine genügende Fallzahlkalkulation zeigen. Drittens wurde in den meisten Studien die Rolle der Implantatoberflächeneigenschaften nicht berücksichtigt, obwohl mehrere Implantatsysteme mit unterschiedlichen Oberflächenrauigkeiten behandelt wurden. Abschließend ist festzuhalten, dass trotz der zunehmenden Evidenz, die der Bedeutung einer adäquaten Breite (> 2 mm) von keratinisierter und befestigter periimplantärer Mukosa zugrunde liegt51, die Eigenschaften der Weichgewebebedingungen in den eingeschlossenen Studien nur unzureichend beschrieben wurden.
Schlussfolgerungen
Auf der Grundlage des aktuellen Stands der Evidenz haben sich nichtchirurgische Ansätze bei der Behandlung periimplantärer Erkrankungen als wirksam erwiesen, um Anzeichen wie Bluten auf Sondieren zu reduzieren, auch wenn die vollständige Auflösung der Entzündung noch immer nicht prognostizierbar ist. Der routinemäßige Einsatz des Lasers zur Behandlung der periimplantären Mukositis scheint nicht gerechtfertigt zu sein52, gleichwohl die adjuvante Anwendung des Lasers kurzfristig zu einer stärkeren Reduktion der BaS führen kann. Darüber hinaus sollte bei fortgeschrittenen periimplantären Läsionen die Anwendung nichtchirurgischer Protokolle darauf abzielen, die Entzündungszeichen zu minimieren und somit das Weichgewebe für eine zusätzliche Therapie, einschließlich rekonstruktiver und resektiver Chirurgie, vorzubereiten. Die Aufnahme des Patienten in ein maßgeschneidertes unterstützendes Betreuungskonzept scheint obligatorisch zu sein, um die periimplantären Zustände vor und nach der Behandlung zu überwachen.
Interessenkonflikt: Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.
Einverständniserklärung: Für die Durchführung der vorliegenden Studie war keine Einverständniserklärung erforderlich.
Finanzielle Unterstützung: Die Studie wurde selbst finanziert und keiner der Autoren hat eine externe Finanzierung erhalten.
Ein Beitrag von Siro P. L. De Ry, D. D. S. Andrea Roccuzzo, Prof. Anton Sculean, Prof. Giovanni E. Salvi, alle Bern, Schweiz
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