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Stiche können allergische Reaktionen hervorrufen und infektionsauslösende Erreger übertragen

Klein, aber oho: Kriebelmücken sind auf dem Vormarsch. Ihre Stiche können Allergien auslösen und neue Infektionskrankheiten auslösende Erreger übertragen.

(c) Vinicius R. Souza/shutterstock.com

Forschende der Goethe-Universität und des Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrums in Frankfurt haben erstmalig die räumlichen Verbreitungsmuster von Kriebelmücken in Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen modelliert. In der im renommierten Fachjournal „Science of the Total Environment“ erschienenen Studie zeigt das Forschungsteam, dass in Deutschland Kriebelmücken in drei Gruppen eingeteilt werden können, die sich in ihren Verbreitungsmustern und ökologischen Ansprüchen unterscheiden. Die Forschenden warnen davor, dass insbesondere die medizinisch relevanten Arten durch den voranschreitenden globalen Klima- und Landnutzungswandel vermehrt auftreten könnten.

Medizinisch relevante Sorten im Vormarsch

Sie sind nur zwei bis sechs Millimeter groß, ihr Aussehen ähnelt dem harmloser Stubenfliegen, doch ihre Stiche sind sehr unangenehm: Kriebelmücken (Simuliidae). Weibliche Tiere raspeln mit scharfen „Zähnchen“ die Haut des Wirts auf und nehmen anschließend den sich dort bildenden Blutstropfen zu sich. „Durch die von den Mücken in die Wunde eingetragenen gerinnungshemmenden und betäubenden Substanzen können die Stiche schwerwiegende allergische Reaktionen auslösen, oder es kann zu bakteriellen Sekundärinfektionen kommen“, erklärt Prof. Dr. Sven Klimpel vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum, der Goethe-Universität Frankfurt, dem LOEWE-Zentrum für Translationale Biodiversitätsgenomik (TBG) und dem Fraunhofer IME Gießen und fährt fort: „Kriebelmücken sind in der Lage, durch ihren Stich Infektionskrankheiten auslösende Erreger zu übertragen.“ Der bekannteste durch Kriebelmücken übertragene Erreger ist der auf dem afrikanischen Kontinent heimische Nematode Onchocerca volvulus, welcher Onchozerkose („Flussblindheit“) auslösen kann. Laut WHO erlitten durch die Krankheit weltweit mehr als 1,15 Millionen Menschen einen Sehverlust.

Tieflandarten profitieren vom anthropogenen Wandel

Erstautorin Sarah Cunze von der Goethe-Universität Frankfurt erläutert: „Etwa 98 Prozent der insgesamt 2.000 Kriebelmückenarten ernähren sich von Blut. Dies ist für die Entwicklung ihrer Eier unerlässlich. In Deutschland wurden bisher 57 Kriebelmückenarten beschrieben. Anhand von 1.526 Datensätzen aus Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen haben wir die zwölf häufigsten dort heimischen Arten in drei biogeografische Gruppen unterteilt: Arten, die an Gewässeroberläufen leben sowie über verschiedene Landschaften weit verbreitete Arten und Tieflandarten.“

Originalveröffentlichung:
Sarah Cunze, Jonas Jourdan, Sven Klimpel (2024): Ecologically and medically important black flies of the genus Simulium: Identification of biogeographical groups according to similar larval niches, Science of The Total Environment, Volume 917, 2024, 170454, https://doi.org/10.1016/j.scitotenv.2 024.170454

Für die drei Gruppen sagen die Forschenden unterschiedliche Populationstrends unter dem voranschreitenden globalen Klima- und Landnutzungswandel voraus: Die Gruppe der Arten mit einem Verbreitungsschwerpunkt in den Gewässeroberläufen wird aufgrund steigender Temperaturen und zunehmender chemischer Belastung der Gewässer als potenziell gefährdet eingeschätzt. Arten der dritten Gruppe, zu denen insbesondere auch veterinär- und humanmedizinisch relevante Kriebelmückenarten zählen, zeichnen sich durch breitere Nischen und somit eine höhere Toleranz gegenüber anthropogenen Veränderungen aus. Diese Arten könnten durch den anthropogenen Wandel gefördert werden und ausgehend von ihrem bisherigen Verbreitungsschwerpunkt in größeren Flüssen des Tieflandes in Zukunft häufiger auftreten.

Besonders aggressives Stechverhalten

Medizinisch relevante Arten zeichnen sich durch ein besonders aggressives Stechverhalten gegenüber Säugetieren und Menschen aus und treten häufig in sehr hoher Zahl auf. „Nachbarländer wie beispielsweise Polen reagieren auf dieses Massenauftreten, welches durch einen synchronisierten Schlupf der aquatisch lebenden Larven gefördert wird, damit, dass Vieh in Gebieten mit bekanntermaßen hohem Vorkommen während der betreffenden Zeiträume nur im Stall gehalten oder nur nachts auf die Weide gelassen wird. Zukünftige höhere Temperaturen könnten zu verkürzten Entwicklungszeiten, zu mehr Generationen pro Jahr und damit insgesamt zu einem häufigeren Auftreten von Kriebelmücken führen“, fügt Cunze hinzu.

Rolle als Infektionsüberträger erforschen

In weiteren Arbeiten möchte das Team seine Ergebnisse mit empirischen Tests untermauern sowie durch Labortests klären, inwieweit Simuliiden-Arten in der Lage sind, bestimmte Infektionskrankheiten auslösende Erreger unter den derzeit in Europa herrschenden Bedingungen zu übertragen.

Bibliografía: Universität Frankfurt am Main Bunte Welt Menschen Nachrichten

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