Im April 2022 empfahl die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) laut einer Meldung im Ärzteblatt, viruzides Gurgeln und viruzides Nasenspray stärker in die Prävention einer SARS-CoV-2-Infektion einzubeziehen. Es sollten alle infrage kommenden hygienischen Maßnahmen ausgeschöpft werden, um die Bevölkerung und insbesondere stark exponierte Personen wie medizinisches Personal zu schützen.
Dabei sollte auch das bisher zu wenig beachtete Präventionspotenzial der viruziden Antiseptik im Nasen-Rachen-Raum als einfach durchführbare Präventionsmaßnahme den ihm zukommenden Stellenwert in der Öffentlichkeit bekommen und empfohlen werden, so die DGKH.
Schützt gegen Grippeviren gleich mit
Die Expertengruppe weist darauf hin, dass Gurgeln lange Zeit zur Verringerung von Infektionne der oberen Atemwege und zur Behandlung bakterieller oder viraler Infektionen eingesetzt wurde. Dies sei jedoch in Europa „aus der Mode gekommen“. Ein entscheidender Vorteil antiseptischer Maßnahmen bestehe aber darin, dass sich bei nachgewiesener Wirksamkeit einer Gurgellösung oder eines Nasensprays gegen SARS-CoV-2 die Wirkung gegen alle Varianten des Virus richte und zugleich auch andere respiratorische behüllte Viren wie Influenzaviren erfasse, so die Autoren. „Da die anfängliche Viruslast auch Einfluss auf den Schweregrad der Erkrankung nach der Infektion hat, kann durch viruzide Antiseptik an den Eintrittspforten sogar eine sich manifestierende Infektion im Krankheitsverlauf gemildert werden“, heißt es in den Empfehlungen.
Gurgeln in anderen Ländern und Kontinenten
Im Unterschied zu Europa hat das tägliche Gurgeln mit Kochsalzlösung in Japan und in Korea zur Infektionsprävention respiratorischer Infektionen eine lange Tradition. Das Gurgeln wurde während der H1N1-Schweinegrippe-Pandemie 2009 vom japanischen Ministerium für Gesundheit, Arbeit und Wohlfahrt verstärkt propagiert und wird seit der COVID-19-Pandemie ausdrücklich der Bevölkerung zur täglichen Durchführung empfohlen.
„Die Eintrittspforte für SARS-CoV-2 ist der Nasen-Rachen-Raum. Dabei ist die Viruslast bei der Deltavariante im Nasopharyngealabstrich [6], bei der Omikronvariante im Speichel höher [7], so dass beide Bereiche in die viruzide Antiseptik einbezogen werden müssen. Vermutlich kann die Infektion auch über das Auge stattfinden, sofern Tröpfchen direkt auf das Auge gelangen [8, 9]. Da ein großer Teil der Infizierten das Virus bereits vor Auftreten erster Symptome freisetzt, sind Schutzmaßnahmen sinnvoll, die die Viruslast an den Eintrittspforten reduzieren, das heißt, im Nasen-Rachen-Raum, da die Wahrscheinlichkeit des Angehens der Infektion mit dem Ausmaß der Exposition zunimmt.“ (DGKH)
In vitro wurde die viruzide Wirksamkeit gegen Sars-CoV-2 für PVP-Jodlösung nachgewiesen sowie für Mund- beziehungsweise Gurgelwässer auf Basis ätherischer Öle (Listerine Cool Mint) oder mit Zusatz von Ethanol, Dequaliniumchlorid/Benzalkoniumchlorid (zum Beispiel Dequonal), Phenoxyethanol/Octenidin (Octenisept).
Mundwässer auf Basis von Wasserstoffperoxid, Polihexanid, Chlorhexidingluconat (CHG )oder Octenidin ohne Phenoxyethanol erwiesen sich als nicht ausreichend wirksam. Eine (geringere) viruzide Wirksamkeit wurde bei grünem Tee, Granatapfel- und Aroniasaft festgestellt und bei Salbeiextrakt aufgrund seiner guten Wirksamkeit gegen Herpes labialis vermutet. Bei Nasenspray wird neben kochsalzhaltigen Präparaten auch ein Carragelose-Präparat (Algovir) präventiv empfohlen. Weitere Informationen, auch zur Präexpositionsprophylaxe für Patienten in der Praxis, gibt es in den DGKH-Empfehlungen.