Seit einigen Jahren nehmen immer mehr Zahnärzte „Abformungen“ mit Intraoralscannern vor. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) hat jetzt entschieden, dass diese nicht als Bema Nr. 7a zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung abgerechnet werden können (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29. März 2023, AZ: L 7 KA 9/19).
Die zuständige Kassenzahnärztliche Vereinigung hatte bei einer zahnärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft (Kieferorthopädie) die Abrechnung für zwei Quartale um 3.544,99 Euro gekürzt. Es ging dabei um insgesamt 95 Fälle, bei denen keine klassischen analogen Abformungen und Modelle erstellt wurden, sondern digitale Intraoralscans durchgeführt wurden. Dies fiel offenbar dadurch auf, dass keine Material- und Laborkosten abgerechnet wurden.
Bema nur streng nach Wortlaut anzuwenden
Diese Kürzung wurde in zweiter Instanz nun vom LSG bestätigt. Das Gericht wandte die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) an. Danach sind Bema-Positionen streng nach ihrem Wortlaut und nicht analog anzuwenden. Eine „Abformung“ setze eine konventionelle Abformung mit einem selbst aushärtenden Material voraus.
Gericht verweist auf GOZ und Bewertungsausschuss
Das Gericht wies noch darauf hin, dass den Zahnärzten eine Abrechnung nach der GOZ-Nummer 0065 möglich sei. Im Übrigen sei es Aufgabe des Bewertungsausschusses, Intraoralscans in den Bema aufzunehmen. In diesem Zusammenhang warfen die Richter auch die Frage auf, ob es sich bei einem Intraoralscan ohne Befundung um eine nur Zahnärzten vorbehaltene zahnheilkundliche Behandlung handelt.
Frage der zahnheilkundlichen Behandlung
Im Urteilstext heißt es dazu: „Es ist damit Aufgabe des Bewertungsausschusses für die zahnärztliche Leistungen, sich mit dem ohne Zweifel als sinnvoll zu erachtenden und sich schon in der Hochschulausbildung auswirkenden technischen Fortschritt zu befassen und ihn gegebenenfalls im Bema zu spiegeln. Dabei wird der Bewertungsausschuss auch zu erwägen haben, dass es sich nach der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf (Urteil vom 19. Mai 2020, Az.: 20 U 127/19, zitiert nach juris, dort Rdnr. 69) berufsrechtlich bei dem Intraoralscan ohne gleichzeitige Befunderhebung um keine den Zahnärzten vorbehaltene zahnheilkundliche Behandlung (§ 1 Abs. 3 ZHG) handelt, da von dem reinen Scanvorgang weder eine unmittelbare noch eine mittelbare Gefahr ausgeht und er keine zahnärztlichen Fachkenntnisse voraussetzt (andere Auffassung: Bundeszahnärztekammer in einer „Richtlinie“ vom Januar 2020).“
Dr. Wieland Schinnenburg, Zahnarzt und Rechtsanwalt, Hamburg
Dr. Wieland Schinnenburg studierte Zahnmedizin und Jura und war bis Ende 2017 als Zahnarzt in eigener Praxis in Schleswig-Holstein tätig. Parallel arbeitete er als Rechtsanwalt und Mediator in Hamburg und ist in diesem Bereich weiter aktiv.
Schinnenburg ist FDP-Mitglied und war unter anderem Vizepräsident der Hamburgischen Bürgerschaft. Nach der Bundestagswahl 2017 war er für eine Legislaturperiode bis Oktober 2021 Mitglied des Deutschen Bundestags und in dieser Zeit Mitglied des Gesundheits- und des Rechtsausschusses und Drogenpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion.