Alle in Gesundheitseinrichtungen beschäftigten Menschen müssen bis zum 15. März 2022 einen vollständigen Impfschutz/Immunitätsnachweis beibringen oder ein ärztliches Attest vorlegen, dass sie aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können. Diese Pflicht resultiert aus dem geänderten Infektionsschutzgesetz (IfSG), das seit 12. Dezember 2021 in Kraft ist. Was passiert, wenn Beschäftigte in einer Zahnarztpraxis diesen Nachweis nicht erbringen? Die Bundeszahnärztekammer hat jetzt auf ihrer Internetseite die Informationen zur Impfpflicht in der Zahnarztpraxis konkretisiert.
Die Impfpflicht betrifft nicht nur die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einer Zahnarztpraxis, sondern auch die Praxisinhaberinnen und -inhaber, wenn sie in der Praxis tätig sind. Ob alle in der Praxis Beschäftigten – zum Beispiel auch das Personal in der Abrechnung/im Homeoffice, die in einem Praxislabor beschäftigten Zahntechniker oder die Reinigungskräfte und IT-Fachleute unter die Nachweispflicht fallen, sei je nach Praxis individuell zu beurteilen: „Ob diese Personen – wie der Gesetzeswortlaut vermuten lässt – ebenfalls der Nachweispflicht unterliegen, ist je nach den konkreten Umständen in der Zahnarztpraxis zu beurteilen. Das Bundesministerium für Gesundheit stellt als Beurteilungsspielraum klar, dass der Gesetzeswortlaut weit gefasst ist, sodass es grundsätzlich nicht darauf ankommt, ob die in einer Zahnarztpraxis tätige Person einen direkten Kontakt zum Patientenstamm hat.“ Nur wenn sicher kein Kontakt zu Patienten und zu Beschäftigten mit Patientenkontakt gegeben sei und „wegen des Charakters der ausgeübten Tätigkeit sicher ausgeschlossen werden kann, kann eine Tätigkeit in der Zahnarztpraxis verneint werden“, so die BZÄK. Damit wäre dann kein Nachweis erforderlich.
Situation von Beschäftigten in Praxislaboren
Besonders Beschäftigte in Praxislaboren sind unsicher, ob sie unter die Impfpflicht fallen. Der Verband der Deutschen Zahntechniker-Innungen (VDZI) schreibt dazu auf seiner Internetseite: „Nach § 20a IfSG fallen Zahnarztpraxen explizit unter die Reglung (§ 20a Abs. 1 S. 1 Lit h IfSG), dies umfasst alle dort tätigen Personen und ist unabhängig von Anstellungsverhältnis o.ä. zu sehen, sondern faktisch, wenn die Tätigkeit nicht nur zeitlich ganz vorübergehend ist (nicht nur jeweils wenige Minuten, sondern über einen längeren Zeitraum). Das heißt der Zahntechniker, der in der Praxis tätig wird, fällt regelmäßig ebenfalls unter die Regelung.“
Bei gewerblichen Laboren verneint der VDZI eine Impfpflicht: „Das gewerbliche zahntechnische Labor selbst ist in der Aufzählung des § 20a Abs. 1 S. 1 IfSG nicht enthalten und fällt unseres Erachtens nach mangels Patientenkontakt auch nicht ableitbar unter die Regelung.“ Offen bleibt hier allerdings die Frage, wie gewerbliche Labore mit Patientenkontakt in der Praxis/im eigenen Labor zum Beispiel zur Farbnahme, Besprechungen der Behandlungsplanung etc. die Impfpflicht handhaben sollen. Hier wird von Fachanwälten angenommen, dass die Zahntechniker dann ab 16. März 2022 geimpft sein müssen.
Arbeitsrechtliche Konsequenzen nicht direkt mit Nachweis verbunden
Häufig gefragt: Können/müssen Beschäftigte, die diese Nachweise nicht erbringen, gekündigt werden? Dazu gibt die BZÄK folgende Einschätzung: „Der Gesetzgeber verbindet keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen mit dem Fall, dass bis zum Ablauf des 15. März 2022 kein entsprechender Nachweis vorgelegt worden ist. Erst wenn ein behördliches Tätigkeits- beziehungsweise Beschäftigungsverbot tatsächlich auch ausgesprochen worden ist, sind arbeitsrechtliche Konsequenzen regelmäßige Folge. Zwar lassen sich arbeitsrechtliche Maßnahmen auch vor einem entsprechenden Verbot je nach Einzelfall begründen, zwingend sind diese bis zu einem behördlichen Tätigkeits- beziehungsweise Beschäftigungsverbot jedoch nicht. Eine Weiterbeschäftigung von nicht geimpftem Personal ist also auch nach dem 15. März 2022 jedenfalls solange möglich, bis die zuständige Behörde ein Tätigkeits- beziehungsweise Beschäftigungsverbot ausspricht.“
Die BZÄK schreibt zu den arbeitsrechtlichen Konsequenzen: „Erst das Gesundheitsamt kann gegenüber den betroffenen Personen ein Verbot aussprechen, die Zahnarztpraxis zu betreten, oder in der Zahnarztpraxis tätig zu sein. In diesen Fällen entfällt dann regelmäßig der Vergütungsanspruch für die betroffenen Arbeitnehmenden. Ebenso ist dann regelmäßig eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtmäßig.“ Für die Zeit nach dem 16. März bis zu einer Entscheidung der Behörden seien arbeitsrechtliche Maßnahmen wie Abmahnungen oder Kündigungen denkbar, allerdings sollte rechtlicher Rat eingeholt werden, so die BZÄK. Es sei nicht auszuschließen, dass die Behörden „aus welchem Grund auch immer“ von einem behördlichen Tätigkeitsverbot absehen.
Meldung an die Behörden ist Pflicht
Immer wieder kommt aus Praxen und von Beschäftigten der Hinweis, dass die Namen derjenigen, die keinen Nachweis vorlegen können, aus Datenschutzgründen ja nicht weitergegeben werden dürfen (oder dass man sie deshalb nicht weitergeben wolle). Dem widerspricht die BZÄK: Die „Praxisleitung ist durch Paragraf 20a IfSG in beiden Fällen gesetzlich verpflichtet und berechtigt, personenbezogene Daten an die zuständige Behörde zu übermitteln. Artikel 9 Absatz 2 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) lässt darüber hinaus eine Datenverarbeitung in solchen Fällen auch bei Gesundheitsdaten zu.“
Nach dem Gesetz dürfen nach dem 16. März 2022 keine Arbeitnehmer mehr eingestellt werden, die den Immunitätsnachweis beziehungsweise ein befreiendes ärztliches Attest nicht vorlegen können.
Noch nicht eindeutig geklärt scheint die Frage, wie die Meldepflicht bei nicht geimpften Praxisinhaberinnen und -inhabern gehandhabt werden soll. Darauf weist zumindest die Justitiarin des Virchow-Bunds, Andrea Schannath, im Interview mit dem Ärztenachrichtendienst (änd.de) hin. Es sei laut Gesetz nicht vorgesehen, dass diese sich selbst beim Gesundheitsamt als nicht geimpft melden müssten. Allerdings könne das Gesundheitsamt von ihnen einen Nachweis verlangen, die Überprüfung der Impfpflicht sei deren Aufgabe, nicht die der Kammern, so ihre Einschätzung. Diese könnten allerdings tätig werden, wenn Ärzte gefälschte Impfnachweise oder falsche Bescheinigungen zur Kontraindikation vorlegten oder ausstellten.
Impfquoten unterschiedlich
Die Impfquoten unter Zahnärztinnen und Zahnärzte und bei den Beschäftigten in den Praxen sind regional anscheinend sehr unterschiedlich. Die Zahnärztekammer und die Kassenzahnärztliche Vereinigung in Sachsen haben Anfang Januar 2022 in einem Schreiben an den sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer und die sächsische Gesundheitsministerin Petra Köpping vor den Auswirkungen der beschlossenen Impfpflicht auf die (vertrags-)zahnärztliche Versorgung gewarnt.
Aktualisiert am 17. Januar 2022 um 10.45 Uhr um die Aussagen der Justitiarin des Virchow-Bunds. -Red.