Bislang standen vor allem die Betriebsausgaben im Fokus der Betriebsprüfung bei Zahnärzten. Das ändert sich zurzeit gravierend. In einem ersten Beitrag wurde die Umsatzsteuer als ein neuer Schwerpunkt bei Betriebsprüfungen beleuchtet. Diesmal geht es um die Überprüfung der erklärten Einnahmen, wobei das Finanzamt die zahnärztlichen Abrechnungsprogramme besonders intensiv unter die Lupe nimmt.
Sind die erklärten Einnahmen vollständig?
Zahnärzte verfügen heute über eine Vielzahl von Einnahmequellen. Wenn sie eine vertragsärztliche Zulassung haben, erhalten sie Zahlungen von den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen. Die Privatliquidationen besitzen ebenfalls einen hohen Stellenwert. Dazu kommen Einnahmen etwa aus der Tätigkeit für Studien, aus Vortrags- und Autorentätigkeit sowie für Ehrenämter.
Wie kontrolliert der Betriebsprüfer, über welche Einnahmequellen ein Zahnarzt verfügt? Ähnlich wie schon bei der Umsatzsteuer wird der Prüfer auch hier als Ausgangspunkt Internetrecherchen nutzen. Er schaut sich zuerst die auf der Homepage des Zahnarztes angebotenen Leistungen an. Daneben interessiert er sich besonders für die Vorstellung des Praxisinhabers. Gibt es Hinweise auf Veröffentlichungen des Zahnarztes? Werden Mitgliedschaften und Vorsitze in Verbänden angegeben? Weitere Anhaltspunkte liefern Internetsuchmaschinen. Erstellt der Zahnarzt Gutachten? Verkauft er zusätzlich gesundheitsfördernde Produkte?
Vor Ort in der Praxis begutachtet der Prüfer die Briefköpfe von Rechnungen des Zahnarztes an Patienten. Sind in den Rechnungen unterschiedliche Bankverbindungen angegeben? Haben alle Bankverbindungen Eingang in die Finanzbuchhaltung gefunden?
Der Prüfer kann sich vom Zahnarzt umfangreiche Unterlagen zur Kontrolle der Einnahmenseite vorlegen lassen. Er fordert die vollständigen KZV-Abrechnungen, Rechnungsausgangsbücher sowie Listen über offene Posten und erbrachte, aber noch nicht abgerechnete Leistungen an und wertet diese aus.
Abrechnungsprogramm wird detailliert ausgewertet
Der Betriebsprüfer macht sich schon im Amt mit der Praxissoftware vertraut. Falls im Internet Demoversionen und Bedienungsanleitungen verfügbar sind, testet er die Software auf Manipulationsmöglichkeiten. Dabei stehen die Prüfer auch im Erfahrungsaustausch untereinander.
Vor Beginn der Prüfung fordert der Betriebsprüfer den Zahnarzt auf, die relevanten Daten auf einem Datenträger zur Verfügung zu stellen, weil er sie dann in die Prüfsoftware der Finanzverwaltung („IDEA“) einlesen und nach verschiedenen Kriterien auswerten kann. Ihn interessiert beispielsweise, ob alle erbrachten Leistungen im Abrechnungsprogramm erfasst worden sind. Dazu überprüft er die fortlaufende Nummerierung der geschriebenen Rechnungen. Treten Lücken in der Rechnungsnummerierung auf, die nicht erklärt werden können, vermutet der Prüfer, dass Rechnungen erstellt und die berechneten Beträge vom Zahnarzt bar vereinnahmt wurden, aber die Rechnung danach wieder gelöscht und das Geld in der Gewinnermittlung des Zahnarztes nicht als Einnahme erfasst wurde.
Intensiv untersucht werden auch die stornierten Rechnungen. Hier dürfte der Prüfer insbesondere die Gründe für die Stornierungen kritisch beleuchten. Genauer hinterfragen wird er außerdem die Plausibilität von Zeiträumen, in denen keine oder deutlich weniger Rechnungen geschrieben wurden.
Prüfer sucht nach Unstimmigkeiten zwischen Betriebsausgaben und Erlösen
Der Betriebsprüfer wird auch die Daten aus der Finanzbuchhaltung, die ihm zur Verfügung gestellt wurden, intensiv auswerten. Er untersucht beispielsweise die als Betriebsausgaben geltend gemachten Aufwendungen auf Unstimmigkeiten. Wurden Ausgaben für Bleaching-Material steuerlich geltend gemacht, aber keine Erlöse aus Bleichbehandlungen erklärt? Sind das eingekaufte Cerec-Material sowie die Anzahl der gefertigten Inlays, Kronen und Implantate stimmig?
Hinterfragt wird darüber hinaus die Nutzung der medizinischen Geräte. Passen die angeschafften Geräte und deren „Laufzeit“ zu den erklärten Erlösen?
Fremdlaborrechnungen werden kontrolliert
Fremdlaborrechnungen werden hinsichtlich der Patienten kontrolliert. Wurden Fremdlaborleistungen für Patienten bezogen, für die keine Leistungen erbracht worden sind? Der Prüfer wird auch einen Blick auf die von dem Zahnarzt besuchten Fortbildungsveranstaltungen werfen. Passen diese zu den erklärten Einnahmen?
Der Prüfer analysiert, ob das Verhältnis der Einnahmen zu den Ausgaben der Zahnarztpraxis stimmig erscheint. Wie hoch sind die Erlöse bei Vergleichspraxen mit ähnlicher Kostenstruktur? Dazu zieht der Prüfer Daten aus verschiedenen Quellen heran, wie etwa das KZBV-Jahrbuch, Erhebungen des Statistischen Bundesamtes zur Kostenstruktur bei Zahnarztpraxen und die GOZ-Analyse der Bundeszahnärztekammer.
Gute Vorbereitung und Dokumentation geben Sicherheit
Zahnärzte sollten auf eine Betriebsprüfung vorbereitet sein. Es ist ratsam, die Gründe für das Stornieren von Rechnungen in der Praxis zeitnah und nachvollziehbar zu dokumentieren. Die Ausgangsrechnungen müssen fortlaufend nummeriert werden. Wurden bestimmten Patienten Preisnachlässe gewährt, sollte dies dokumentiert und möglichst vom Patienten gegengezeichnet werden.
Inzwischen reagieren auch Hersteller von Praxissoftware auf diese neue Entwicklung. So bietet beispielsweise die Praxissoftware „ivoris“ (Fa. Computer konkret, Falkenstein) die Möglichkeit des elektronischen Exports der für die Betriebsprüfung relevanten Daten (zum Beispiel abgerechnete Leistungen) aus der Praxissoftware. Zahnärzte sollten ihren Softwareanbieter darauf ansprechen, ob die von der Praxis genutzte Software den Datenexport für den Betriebsprüfer ermöglicht.
Aber nicht jede Betriebseinnahme ist auch steuerpflichtig. Führen Sie als Zahnarzt beispielsweise in Schulen oder Kindergärten Gruppenprophylaxe durch, können diese Einnahmen ganz oder teilweise steuerfrei sein. (Mehr Informationen zum Thema Ehrenamt und Steuerfreiheit finden Sie auf unserer Website).
Prof. Dr. Johannes G. Bischoff, Steuerberater, vereidigter Buchprüfer, Köln
Prof. Dr. Johannes G. Bischoff, Steuerberater und vereidigter Buchprüfer, ist seit 1985 geschäftsführender Mehrheitsgesellschafter der Unternehmensgruppe Prof. Dr. Bischoff & Partner mit Sitz in Köln, Chemnitz und Berlin. Mit rund 100 Mitarbeitern berät das Unternehmen bundesweit mehr als 1.000 niedergelassene Zahnärzte und mittelständische Unternehmen in steuerlichen, rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Belangen. Kontakt zum Autor unter info@bischoffundpartner.de. Zum Thema Betriebsprüfungen werden auch Fortbildungen angeboten, mehr Informationen auf der Internetseite des Unternehmens.
Dieser Beitrag erschien zuerst in der Zeitschrift „Die Quintessenz“, Ausgabe 2/2017.