Die Vertragszahnärzteschaft stehe bereit, um Flüchtlinge aus der Ukraine schnell und unbürokratisch in Deutschland zu versorgen. Das betonte der Vorsitzende des Vorstands der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV), Dr. Wolfgang Eßer, anlässlich einer außerordentlichen Vertreterversammlung (VV) der KZBV. Die Delegierten beschlossen dazu einstimmig eine Resolution, in der sie auch den Angriff auf die Ukraine verurteilten.
„Diese beispiellose Aggression Russlands gegen die Ukraine ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit und durch nichts zu rechtfertigen! Das brutale und völlig rücksichtslose Vorgehen gegen ein souveränes Land und dessen Zivilbevölkerung erschüttert uns und macht uns tief betroffen. Ich spreche für den gesamten Berufsstand, wenn ich sage, dass wir uns solidarisch mit allen Bürgern der Ukraine erklären. Wir verurteilen den russischen Angriff aufs Schärfste und fordern Präsident Putin und die russische Staatsführung erneut auf, sämtliche Kriegshandlungen sofort zu stoppen, sich umgehend aus der Ukraine zurückzuziehen und ihre staatliche Souveränität wieder vollumfänglich herzustellen.“ Tod und Leid friedvoller Menschen werde billigend in Kauf genommen, um machtpolitische Ziele zu erreichen, sagte Eßer in der als Hybridformat veranstalteten außerordentlichen VV.
Versorgung der Geflüchteten in Deutschland gewährleisten
„Die medizinische und humanitäre Versorgung der Bevölkerung wird durch die Aggressoren gezielt behindert. Hunderttausende sind auf der Flucht vor Bomben und Terror. Wir erwarten Millionen von Menschen, die in Angst um ihr Leben vor der Gewalt des russischen Angriffskriegs in die europäischen Nachbarländer und auch nach Deutschland fliehen. Tausende sind bereits hier und benötigen dringend unsere Hilfe. Das Leid, das diese Menschen erfahren, ist groß. Viele sind traumatisiert und benötigen medizinische Versorgung. Als Vertragszahnärzteschaft werden wir unseren Teil dazu beitragen, dass diese Versorgung in Deutschland gewährleistet ist.“
Aufruf an die Zahnärzteschaft, gemeinsam und unbürokratisch helfen
Eßer appellierte an die Vertragszahnärzteschaft, gemeinsam und unbürokratisch überall dort zu helfen, wo Hilfe benötigt wird. „Das gilt für uns als Heilberuf insbesondere für die zahnmedizinische Versorgung. Zum anderen bitte ich alle Zahnärztinnen und Zahnärzte, dem Spendenaufruf der KZBV zu folgen und das Hilfswerk der deutschen Zahnärzte mit finanziellen Mitteln zu unterstützen. Zudem bitte ich Sie zu prüfen, ob Sie – soweit dies erforderlich sein sollte – Flüchtende zumindest übergangsweise bei sich zu Hause, bei Verwandten und Freunden aufnehmen und beherbergen können, bis organisierte staatliche Hilfen greifen.“ Die KZBV und die KZVen hatten bereits Anfang März einen Spenden- und Hilfsaufruf für die Ukraine an die Vertragszahnärzte gerichtet.
Kommunikationshilfen für die ärztliche und zahnärztliche Behandlung
Als Hilfen für die Kommunikation mit Patienten mit Sprachbarrieren verweist die Bundeszahnärztekammer auf ihr Piktogrammheft für die zahnärztliche Behandlung. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung stellt Informationsmaterial rund um die Corona-Schutzmaßnahmen und die Corona-Schutzimpfungen zur Verfügung. Ein großer Teil der ukrainischen Bevölkerung und damit auch der von dort Geflüchteten ist noch nicht geimpft.
Die KZV Westfalen-Lippe und die Zahnärztekammer Westfalen-Lippe haben eine ganze Reihe von Unterlagen für die zahnärztliche Behandlung von fremdsprachigen Patienten erstellt (inzwischen auch ukrainisch).
Alle Informationen zur Behandlung von Geflüchteten aus der Ukraine hat die KZBV auf einer eigenen Themenseite zusammengestellt.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung informiert über die Übergangslösung für die ärztliche Behandlung Geflüchteter aus der Ukraine, die Behandlungsscheine erhalten sollen.
Ärzte, die selbst aktiv im Ausland in der Hilfe für die Ukraine tätig werden wollen, können sich bei der Bundesärztekammer registrieren.
Regelungen zum Krankenversicherungsschutz zügig erwartet
Eßer begrüßte, dass die Europäische Union bereits eine Massenzustromrichtlinie beschlossen habe, die als regulativer Rahmen für eine EU-weite, koordinierte Aufnahme der Geflüchteten aus der Ukraine dient. „Ein zentraler Aspekt ist dabei die medizinische Versorgung und der Anspruch auf Krankenversicherungsschutz.“ Die Bundesregierung sei dabei, die erforderlichen Rahmenbedingungen für die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht zu schaffen.
„Wir stehen im engen Austausch mit dem Bundesgesundheitsministerium, um alle nötigen Vorkehrungen zu treffen, schutzsuchende Menschen flächendeckend, schnell und unbürokratisch in unseren Praxen zu versorgen.“ Er erwarte eine rasche finale Klärung der noch offenen Fragen aus dem BMG. Für entsprechende Maßnahmen sagte Eßer der Regierung im Namen der KZBV und der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen umfassende Unterstützung zu. Bis zur finalen Klärung des Vorgehens sollten in den Praxen und KZVen pragmatische Lösungen zum Erheben der persönlichen Daten und der Dokumentation der Behandlung genutzt werden, wie das auch schon in der Flüchtlingswelle 2015 erfolgreich praktiziert worden sei, erklärte Eßer auch in der Diskussion in der VV.
Einstimmig verabschiedete Resolution
Zum Überfall auf die Ukraine verabschiedete die Vertreterversammlung der KZBV einstimmig nach einer kurzen Diskusssion eine Resolution, in der sie den brutalen Angriffskrieg Russlands entschieden verurteilt und den Gesetzgeber darum bittet, kurzfristig die notwendigen Rahmenbedingungen zur bundesweiten unbürokratischen zahnmedizinischen Versorgung der Geflüchteten zu schaffen. Der Volltext der Resolution kann auf der Website der KZBV abgerufen werden.
Einberufen worden war die außerordentliche Vertreterversammlung wegen dringend zu entscheidender Fragen hinsichtlich des Umbaus des Kölner Zahnärztehauses an der Universitätsstraße, in dem die KZBV nach dem Umzug der Bundeszahnärztekammer nach Berlin Anfang der 2000er-Jahre allein ihren Sitz hat. Die Umbau- und Ertüchtigungsmaßnahmen an der Kölner Immobilie werden bereits seit einigen Jahren diskutiert. Die Öffentlichkeit war während der Diskussion dieses Tagesordnungspunkts ausgeschlossen.
Mit Material der KZBV.
Aktualisiert am 15. März 2022 um die neue Themenseite der KZBV zur Behandlung der Geflüchteten.