Bislang ist der Einsatz der Magnetresonztomographie (MRT) in der Zahnmedizin auf experimentelle Arbeiten und spezielle Studien und Fälle an Universitätskliniken und großen Kliniken mit MRT-Geräten beschränkt. Dem MRT wird aber insgesamt eine große Bedeutung für die Zukunft der Bildgebung in der Zahnmedizin zugeschrieben. Jetzt wurde in Freiburg ein Modell und Prototyp eines erstens Geräts speziell für die zahnmedizinische Anwendung vorgestellt.
Auf dem Europäischen Kongress für Radiologie in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde vom 12. bis 14. Juni in Freiburg i.Br. haben Dentsply Sirona und Siemens Healthineers das weltweit erste zahnmedizinische Magnetresonanztomographiesystem (ddMRI, dental-dedicated MRI) einem internationalen Publikum von Forschern und führenden Wissenschaftlern vorgestellt. Das ddMRI-System MAGNETOM Free.Max Dental Edition1 wurde in einem gemeinsamen Forschungsprojekt von Siemens Healthineers und Dentsply Sirona entwickelt. Die beiden Unternehmen arbeiteten mit renommierten zahnmedizinischen Universitäten2 weltweit zusammen, um die orale Diagnostik durch die Etablierung der MRT in der Zahnmedizin entscheidend voranzubringen.
Mehrwert für die zahn-, kiefer- und gesichtschirurgische Diagnostik
Die Arbeit mit ddMRI werde einen Mehrwert für die zahn-, kiefer- und gesichtschirurgische Diagnostik bringen, ist man bei Entwicklern und Wissenschaftlern überzeugt. Sie ergänze die bereits etablierten bildgebenden Verfahren, indem sie nun auch Kontraste des Weichgewebes darstellt und damit bislang Unsichtbares sichtbar machen kann. Informationen über Weichgewebe, Nerven und Entzündungsaktivitäten können zur Früherkennung von Erkrankungen im Mundraum beitragen und Über- oder Unterversorgung vermeiden.
Strahlungsfreie Bildgebung, weitere Strukturen werden sichtbar
Gemeinsam mit einem Team von Forschern und renommierten Wissenschaftlern aus Nordamerika und Europa2 demonstrieren Dentsply Sirona und Siemens Healthineers die möglichen Vorteile der ddMRI sowohl bei der präventiven als auch bei der therapeutischen Zahnmedizin. Erste klinische Studien hätten das große Potenzial der MRT für die strahlungsfreie Bildgebung bei Indikationen wie der Extraktion des dritten Molaren, in der Endodontie, bei Kiefergelenksbeschwerden und Parodontitis sowie in der Kieferorthopädie gezeigt.3
Auf die Zahnmedizin zugeschnittene Technologie
Das nun vorgestellte MRT-System MAGNETOM Free.Max Dental Edition1 ist mit einer dedizierten zahnmedizinischen Empfängerspule ausgestattet, die darauf abzielt, eine einfache Patientenpositionierung für die Dentalbildgebung zu ermöglichen und eine hervorragende Bildqualität zu liefern, heißt es. Spezielle, auf zahnmedizinische Indikationen zugeschnittene Scan-Protokolle sollen die MR-Bildakquisition vereinfachen. Eine automatische Fokusansicht für die dentale Anatomie ist darauf ausgelegt, Behandelnden die relevanten Strukturen zielgerichtet zu visualisieren. All dies ermöglicht einen kompletten Arbeitsablauf für den Patienten (Positionierung im Behandlungsraum, Scan- und Reinigungszeit) von 20 Minuten oder weniger.4 Der Ablauf ist vergleichbar mit einer zahnärztlichen Volumentomographie (DVT).
Geringerer Platzbedarf als übliche MRT
Mit seinem deutlich geringeren Platzbedarf von 24 m² und einer innovativen, nahezu heliumfreien5 Kühltechnologie kann das System zudem die Anforderungen an die Infrastruktur im Vergleich zu konventionellen MRT-Systemen erheblich reduzieren und so eine einfachere Installation ermöglichen. MAGNETOM Free.Max Dental Edition1 soll, so die Ankündigung, zunächst vornehmlich bei zahnmedizinischen Ausbildungseinrichtungen und Universitäten weltweit Anwendung finden. Aktuell ist es noch ein Prototyp – das Produkt befindet sich laut Dentsply Sirona noch in der Entwicklung und ist noch nicht kommerziell verfügbar.
Großes Potenzial für die Diagnostik
„Ich sehe in diesem neuen bildgebenden Verfahren ein großes Potenzial für die dento-maxillofaziale Diagnostik“, sagte Professor Dr. Rubens Spin-Neto, DDS, PhD, Dr. odont., von der Sektion für orale Radiologie, Abteilung für Zahnmedizin und Mundgesundheit an der Universität Aarhus in Dänemark. „Mehr zu sehen, indem man zusätzliche Informationen zu einer DVT-Aufnahme, zum Beispiel der Weichteile, erhält, bedeutet, dass man Patienten gezielter und unter Umständen erfolgreicher behandeln kann.“
Zusammen mit Prof. Dr. Donald Tyndall hielt Prof. Dr. Rubens Spin-Neto einen Vortrag über MRT in der dentomaxillofazialen Radiologie auf der ECDMFR 2024 in Freiburg. Darin erläuterten sie ausführlich die physikalischen Grundlagen der MR-Bildgebung sowie die Konzepte, die die zahnmedizinische MRT definieren, und zeigten Fälle, in denen 2D-Röntgen- und DVT-Aufnahmen mit der zahnmedizinischen MRT verglichen wurden, um die Unterschiede und den Mehrwert der ddMRI in den entsprechenden Bildern zu verdeutlichen.
Einbindung in die digitale Cloud-Plattform von Dentsply Sirona
„Mit der Erschließung einer hochmodernen bildgebenden Diagnostiktechnologie für den Dentalbereich zum Nutzen der Patienten haben wir einen neuen Meilenstein erreicht“, sagte Max Milz, Group Vice President Connected Technology Solutions bei Dentsply Sirona, während eines Pressegesprächs in Freiburg. „Wir sind sehr dankbar für die hervorragende Zusammenarbeit mit Siemens Healthineers, die es uns nun ermöglicht, Zahnärzten und ihren Patienten die diagnostischen Möglichkeiten der MRT zugänglich zu machen. Auch unsere Cloud-Plattform DS Core wird ddMRI unterstützen, da Zahnärzte die Plattform nutzen können, um Patientenfälle mit überweisenden Zahnärzten zu teilen.“
„Bei Siemens Healthineers ist es unser erklärtes Ziel, Pionierarbeit im Gesundheitswesen zu leisten. Die Entwicklung eines MRT für die Zahnmedizin bedeutet die Erschließung eines neuen klinischen Feldes, und wir freuen uns, diesen wichtigen Schritt mit unserem Partner Dentsply Sirona zu unternehmen“, betonte Andreas Schneck, Leiter Magnetresonanztomographie bei Siemens Healthineers. „Als Marktführer in der MRT sind wir in der Lage, die modernste Hardware in Kombination mit digitalen Technologien wie künstlicher Intelligenz für eine hochwertige Bildrekonstruktion und präzise, schnellere Diagnosen anzubieten.“
1 Das Produkt befindet sich noch in der Entwicklung und ist noch nicht kommerziell verfügbar. Die zukünftige Verfügbarkeit kann nicht garantiert werden.
2 Prof. Dr. Spin-Neto, DEN; Prof. Dr. Tyndall, USA; Prof. Nixdorf, USA; Prof. Dr. Dr. Haßfeld, GER; Prof. Dr. Schulze, CH; PD Dr. Probst, GER; Prof. Dr. Dr. Probst, GER; Dr. Scheifele, GER
3 Dental-dedicated MRI, a novel approach for dentomaxillofacial diagnostic imaging: technical specifications and feasibility | Dentomaxillofacial Radiology | Oxford Academic (oup.com)
4 M. van de Stadt-Lagemaat, M. Hellinger, C. Krellmann, M. Keil, J. Thöne, G. Krüger, K. Kettless, K. Burzan, R. Spin-Neto, A. Greiser; Siemens Healthineers AG, Erlangen, Germany, Siemens Healthcare A/S, Ballerup, Denmark, Sirona Dental Systems GmbH, Bensheim, Germany, Aarhus; University, Department of Dentistry and Oral Health, Aarhus, Denmark: Abstract on tailoring the examination workflow in dental-dedicated MRI. Ein Abstrakt kann hier angefordert werden: kim.burzan@dentsplysirona.com.
5 MAGNETOM Free.Max ist mit der Dry-Cool-Technologie ausgestattet, mit der über die gesamte Lebensdauer des Geräts hinweg nur 0,7 Liter flüssiges Helium zur Magnetkühlung benötigt werden.