Anfang März 2024 hieß es zum 17. Mal „Herzlich willkommen“ zum beliebten Wintersymposium der Deutsche Gesellschaft für Orale Implantologie e.V. (DGOI) in Zürs am Arlberg. Mit rund 100 Teilnehmenden war das viertägige Symposium wieder einmal ausgebucht. Das Gipfelthema „Smart, sicher, vorhersehbar – Diagnostik, Chirurgie und Prothetik. Ein Update 2024“ sprach sowohl langjährig erfahrene Implantologen wie auch auffällig viele junge Kollegen an. Die mehr als 25 namhaften Referenten boten ein umfangreiches Update. Dabei ging es sowohl „back to the roots“ mit bewährtem Wissen als auch um zukunftsorientierte Behandlungslösungen.
„Wir DGOI-ler sind Praktiker“
Prof. Dr. Daniel Grubeanu, Präsident der DGOI, und Kongresspräsident Prof. Dr. Fred Bergmann, Past-Präsident der DGOI, hatten ein spannendes Programm mit Vorträgen und Workshops zu den Themen Weichgewebe, Biomaterialien, Hartgewebe, Prothetik und Praxismanagement zusammengestellt. „Wir DGOI-ler sind Praktiker und unterstützen mit unseren Fortbildungen vor allem die praktische Seite der Implantologie“, betonte Grubeanu in seiner Begrüßung die klare Ausrichtung der DGOI.
Impulse zur direkten Umsetzung
Das kam bei den Teilnehmenden sehr gut an. So wurde das Programm mit Vorträgen und den morgendlichen Workshop-Sessions als „vom Praktiker für den Praktiker gemacht“ gelobt. Denn sowohl die Auswahl der Themen wie auch deren praxisorientierte Darstellung mit wissenschaftlichen Updates in den Praktiker-Vorträgen sei gut nachvollziehbar gewesen. Unabhängig von ihrem fachlichen Niveau nahmen die Teilnehmenden viele konkrete Impulse für die direkte Umsetzung mit in die eigenen Praxis. Ebenfalls positiv bewertet wurde die freundschaftliche Atmosphäre, die einen offenen, kollegialen Austausch auf Augenhöhe ermöglichte. Davon profitierten auch die jüngeren Kollegen.
Tipps für die Gestaltung des Emergenzprofil
„Back to the roots“ ging es beispielsweise mit praxisnahen Tipps für die Gestaltung des Emergenzprofils. Wichtig sind Aspekte wie 3-D-Position des Implantats und – bei entsprechender Indikation – ein Hart- sowie Weichgewebeaufbau. So wurden auch die emergenzprofil-basierte Augmentation und der Einsatz des Hilfsmittels Gingivaformer zur Unterstützung des Weichgewebes thematisiert.
Um voraussagbar zu einer harmonischen Frontzahnästhetik mit optimalen Weichgewebeverhältnissen zu gelangen, wurde das Digital Smile Design als Modul für das Backward-Planning vorgestellt. Mit den Aufnahmen von Intraoralscanner, CT oder DVT und Face-Scan lässt sich schon heute ein virtueller Zwilling des Patienten erstellen.
An bis zu 56 Prozent aller Implantate bildet sich innerhalb von fünf Jahren eine Mukusitis/Periiimplantitis. Daher wurde auch für die „Regeneration und Periimplantitis“ sensibilisiert.
Empfehlung: regelmäßiges parodontales Screening
Um eine parodontale Regeneration am Zahn zu erzielen, seien die Guidelines der aktuellen S3-Leitlinie „Die Behandlung von Parodontitis Stadium I bis III“ zu beachten. Um Mukositis/Periimplantitis vorzubeugen beziehungsweise frühzeitig zu erkennen, ist ein regelmäßiges parodontales Screening empfehlenswert. Im Rahmen einer Periimplantitis-Behandlung werden die Implantate gesäubert und poliert, denn eine glatt polierte Implantatoberfläche ermöglicht eine Abheilung des Gewebes – jedoch findet keine Regeneration statt.
Biologisierung von Membranen und Implantaten
Umfassend erläutert wurde die Systematik von PRP; PRF und PRGF sowie deren Einsatz in Kombination mit Hyaluronsäure und der alleinige Einsatz von Hyaluronsäure in der Implantologie. Klar ist: Das Weichgewebe profitiert von PRP, PRF und PRGF mehr als der Knochen. Sinn mache die Biologisierung von Membranen und Implantaten. So wurden positive Effekte beschrieben, wenn das Implantat vor der Implantation in PRGF getränkt wird. Dies beeinflusst die Zellproliferation positiv. Bei der Verwendung von Hyaluronsäure ist darauf zu achten, ob es sich um eine vernetzte oder unvernetzte Hyaluronsäure handelt.
Detailliert vorgestellt wurde auch die Schalentechnik mit allogenen Materialien. Wichtig bei dieser Technik ist das Anfrischen des Knochens, damit das Blut aus dem Knochen die Einheilung der allogenen Schalen fördern kann. Zukünftig kann die Herstellung eines rein plasma-stabilisierten Augmentats (Kieler Sushi) interessant sein als mögliche Alternative zur Schalentechnik, da dieses Augmentat ohne Schalen formstabil ist.
Hartgewebe erhalten
Therapiemöglichkeiten mit digitalen Workflows haben klinische Vorteile: weniger Arbeitsschritte, höhere Genauigkeit, Weichgewebefreundlichkeit, bessere prothetische Ergebnisse und Chairside Workflow. Näher diskutiert wurden zum Beispiel die Herausforderungen einer digitalen Abformung des zahnlosen Kiefers und eine Bohrschablone für ein Keramikimplantatsystem, die nach dem Smop/2ingis-System modifiziert wurde.
Im Fokus stand auch das Implantat in der ästhetischen Frontzahnregion. Dabei ging es um Sofort- versus Spätimplantation und den analogen versus digitalen Workflow. So stellten Referenten ihre Vorgehensweise vor, zum Beispiel: Einzelzahnimplantate ohne Sofortversorgung werden digital geplant, aber überwiegend analog implantiert. Einzelzahnimplantate mit Sofortversorgung werden digital geplant und auch geführt inseriert.
Vorgestellt wurde auch eine Fünfjahres-Anwenderbeobachtung an keramischen Bonelevel-Implantaten: Bei den Patienten, die über die Jahre hinweg strikt im Recall waren, konnte kein Knochenverlust festgestellt werden, sondern eher mehr Knochen.
Out of the box
Ganzheitliche Zahnmedizin war ein Thema, das im Rahmen der freien Vorträge diskutiert wurde, zum Beispiel: Mittels digitalem Smile Design kann die optimale Implantatposition auch unter kieferorthopädischen Aspekten ermittelt werden. Das heißt: Welche Zahnfehlstellung muss im Hinblick auf eine optimale Implantatposition korrigiert werden? Bei komplexeren Fällen mit Knochenaufbau und bei Patienten mit Parodontitis ist diese ganzheitliche Planung eine innovative Behandlungsoption. Auch Abrechnungstipps und rechtliche Anforderungen an die Patientenaufklärung sowie Behandlungsdokumentation standen in diesem Vortragsblock auf dem Programm.
Fazit
Die Kombination von Mainpodium und Workshops sowie Table-Clinics, die an den Vormittagen in Zusammenarbeit mit Industriepartnern der DGOI stattfanden und bei denen die Teilnehmer die Themen aus dem Mainpodium praktisch vertiefen konnten, kamen wieder sehr gut an. Jeder nahm für sich Ideen und Impulse für die direkte Umsetzung im Praxisalltag mit nach Hause. Hoch motiviert verabschiedeten sich dann auch viele Teilnehmer mit den Worten „bis zum nächsten Jahr“.
Das 18. Wintersymposium findet vom 15. bis 20. März 2025 statt.
Eva-Maria Hübner, Pulheim
Zu den Referenten des DGOI Wintersymposiums 2024 gehörten: Dr. Vasilos Alevizakos, Berlin; Prof. Dr. Fred Bergmann, Viernheim; Dr. Luis Bessa, Portugal; Dr. Christian Buhtz MSc, Hamburg; Dr. Torsten Conrad, Bingen am Rhein; Dr. Daniel Engler-Hamm, München; Dr. Ertan Erdogan, Hamburg; Dr. Sven Görrissen MSc, Kaltenkirchen; Prof. Dr. Daniel Grubeanu, Trier; Dr. Marc Hansen, Dortmund; Zahntechnikermeisterin Ramona Hench, München; Dr. Harald Hüskens, Uedem; Dr. Moritz Kneer, Schweiz; Melanie Langmaack, Hamburg; Dr. Dr. Nico Laube, Frankfurt am Main; Dr. Christian Maischberger, München; Dr. Franz-Jochen Mellinghoff MSc PhD, Ulm; Dr. Chaimongkon Peampring, Thailand; Dr. Kay Pehrsson, Herne; Dres. Friedemann und Andreas Petschelt, Lauff an der Pegnitz; Dr. Andrea Savo, Nürnberg; Prof. Dr. Dr. Ralf Smeets, Hamburg, Dr. Haki Tekyatan, Simmern; Dr. Karl-Ulrich Volz, Schweiz; Dr. Stephanie Wirnharter, Aichach.