Mit dem Verlust von Hart- und Weichgewebe am Zahnhalteapparat, der physiologischerweise nach Zahnextraktionen auftritt, verschlechtern sich die Voraussetzungen für die folgende Implantatversorgung. Bei schwindendem Kamm- und/oder Alveolenknochen können sowohl eine achsengerechte Positionierung als auch die dauerhafte Stabilität eines Zahnimplantats kompromittiert sein. Zur Minimierung der zwischen Extraktion und Implantatversorgung auftretenden Kammatrophie kommen heute die Methoden der „Ridge Preservation“ (Kammerhalt) zur Anwendung.
Welche klinischen, röntgenologischen und histologischen Ergebnisse mit einem synthetischen und schnell in situ aushärtenden Knochenersatzmaterial erzielt werden können, evaluierte eine Studie anhand von 15 Patienten mit Zahnextraktion und Implantatversorgung. Dabei konnte auf Membranen und Primärwundverschlüsse verzichtet werden.
Prospektive, einarmige Studie an 15 Patienten
Das Einbringen von Knochenersatzmaterial (KEM) in die Alveole eines extrahierten Zahns zählt zu den typischen Prinzipien der „Ridge Preservation“. Die Effektivität dieser Maßnahme wurden nun in einer Studie wissenschaftlich evaluiert1. Zum ersten Mal überhaupt, so die Autoren der Studie, wurden dabei systematisch klinische, radiologische und histologische Ergebnisse der Knochenneubildung nach Zahnextraktion publiziert, die durch ein in-situ-aushärtendes, synthetisches und biphasisches Knochenersatzmaterial (KEM) erzielt wurden (Guidor easy-graft Crystal, bestehend aus 40 Prozent ß-Tricalciumphosphat [ß-TCP] und 60 Prozent Hydroxylapatit).
Guidor easy-graft ist ein modellierbares, „klebriges“ Biomaterial, das direkt aus der Spritze appliziert werden kann. Bei Kontakt mit Blut härtet es innerhalb von Minuten und bildet ein poröses Gerüst, das sich perfekt in die Defektmorphologie einpasst und so für eine exzellente Stabilität des Blutkoagulums zu Beginn der Einheilphase sorgt.
Literatur:
[1] Kakar A et al.: Ridge preservation using an in situ hardening biphasic calcium phosphate (β-TCP/HA) bone graft substitute – a clinical, radiological, and histological study. Int J Implant Dent 2017; 3: 25
In die prospektive, einarmige Studie wurden 15 Patienten mit mandibulärer oder maxillärer Zahnextraktion eingeschlossen, bei denen in Folge eine Single-Implantatversorgung geplant war (Patientenalter im Durchschnitt 51,3 Jahre). Die Alveolen wurden post extractionem penibel kürettiert und gespült. Mittels Sonde verifizierte man, dass die Alveolenwand an allen vier Seiten intakt war. Danach wurde das synthetische KEM eingebracht und dessen In-situ-Härtung abgewartet (was innerhalb von Minuten erfolgte). Mit einer Naht wurden die Wundränder leicht adaptiert, ansonsten erfolgte keine Deckung oder Prothesenversorgung.
Stabile Implantate dank 21 Prozent Knochenneubildung
Die Wundheilung verlief in allen Fällen ohne Auffälligkeiten, und bei allen Patienten fand man bei der Evaluation nach vier Monaten komplett verschlossene Weichteile über den Alveolen vor. Die klinische Untersuchung zeigte, dass das Volumen und die Architektur des Kieferkamms bei allen Patienten adäquat erhalten werden konnten. Beim Bohren in den neu entstandenen Knochen zeigte sich klinisch ein guter Widerstand, und die Implantate konnten alle in ihrer exakten 3-D-Position stabil eingebracht werden.
Die ISQ-Messungen objektivierten diese exzellente Stabilität (bei erster Messung im Durchschnitt 70,3, bis zur finalen Versorgung Anstieg auf 73,7; Werte zwischen 60 und 70 gelten als hoch stabil und die Osseointegration des Implantats als sehr wahrscheinlich).
Sowohl vor der Extraktion als auch zum Zeitpunkt der Implantatversorgung wurde ein CBCT durchgeführt (Cone-beam-CT). Es zeigte sich, dass der durchschnittliche Höhenverlust des Kamms bei lediglich 0,79 mm lag. In der histologischen Untersuchung der Biopsien zeigte sich in allen Fällen neu entstandener Knochen mit residualem KEM und gut vaskularisiertes Weichgewebe ohne Inflammation. Es kam zu keinen Nekrosen oder Fremdkörperreaktionen. Im Durchschnitt entstand in den mit dem KEM versorgten Alveolen 21,34 Prozent neuer Knochen. Diese Ergebnisse, so die Autoren, unterstützen den Einsatz eines schnell in situ aushärtenden, synthetischen und biphasischen Knochenersatzmaterials, das aus ß-TCP und Hydroxylapatit besteht, zur Ridge Preservation bei Patienten mit intakten Alveolen nach Zahnextraktion. Insbesondere der Einsatz von Membranen und ein primärer Wundverschluss war bei diesem Vorgehen in der Studie nicht notwendig.