Im März 2024 startet ein neuer, berufsbegleitender Masterstudiengang Kieferorthopädie und Aligner-Therapie. Entwickelt wurde er von Expertinnen und Experten der Ibiz academy und der Hochschule Fresenius. Wie auf einer Online-Pressekonferenz am 7. Dezember 2023 erläutert wurde, ist das das derzeit einzige Masterstudium zum Master of Science Kieferorthopädie mit dieser Ausrichtung auch auf die Aligner-Therapie in Deutschland.
Der viersemestrige Studiengang steht Zahnärztinnen und Zahnärzten und Fachzahnärzten für Kieferorthopädie offen, die ihr Wissen auf diesen Gebieten vertiefen und akademisch-wissenschaftlich absichern möchten.
Zusatzqualifikationen „enorm wichtig“
„Ich bin davon überzeugt, dass es für Zahnärztinnen und Zahnärzte heute enorm wichtig ist, Zusatzqualifikationen zu erwerben und ständig weiter zu lernen”, erklärt Dr. Banafsheh Nairizi, M.Sc., die Initiatorin der Ibiz academy, einer neuen Bildungseinrichtung in der Zahnmedizin. Die Zahnmedizin gehöre, so die Zahnärztin weiter, zu jenen Fächern, die sich mit großer Geschwindigkeit entwickeln – angetrieben von neuen Konzepten und technischen Innovationen. Digitale Konzepte spielen dabei eine besonders bedeutsame Rolle – und sie prägen vor allem die Kieferorthopädie und die Alignertherapie. Sie selbst hat einige Curricula und Masterstudiengänge, auch in Kieferorthopädie, absolviert, wie sie im Gespräch berichtete.
Studiengang schließt Lücke in der Weiterbildung.
Diese rasante Entwicklung in der Zahnmedizin treffe jedoch auf Defizite in der Fort- und Weiterbildung. Das Interesse gerade an der Fort- und Weiterbildung in Kieferorthopädie sei seit Jahren hoch. Viele Zahnärztinnen und Zahnärzte wollen in ihren Praxen auch Leistungen aus diesen Bereichen anbieten oder tun dies bereits, vermissen aber eine berufsbegleitende, wissenschaftsbasierte und praxisorientierte Weiterbildung, die ihnen Trittsicherheit gibt.
Zu wenig Plätze zur Weiterbildung zum Fachzahnarzt für KfO
Die etablierte Weiterbildung zum Fachzahnarzt/Fachzahnärztin für Kieferorthopädie biete dafür viel zu wenige Plätze an Universitäten und Lehrpraxen, die Nachfrage könne dort nicht befriedigt werden. Wie der Kieferorthopäde Prof. Dr. mult. Ralf J. Radlanski, Berlin, in der Pressekonferenz berichtete, leide die Kieferorthopädie an den Universitäten in der personellen und finanziellen Ausstattung auch unter den Neubewertungen mit der neuen Approbationsordnung Zahnmedizin. Da die Kieferorthopädie dort nur ein kleiner Fachbereich unter vielen sei, reichten die Kapazitäten nicht aus.
Auch die technische Ausstattung entspreche mitunter nicht dem, was innovative Praxen zur Verfügung hätten. Die Ausrichtung der Weiterbildung zum FZA für Kieferorthopädie an den Universitäten berücksichtige zudem stärker Aspekte der Arbeit in Forschung und Wissenschaft.
In der Praxis werde aber vor allem die interdisziplinäre Zusammenarbeit in der Versorgung der Patientinnen und Patienten gefordert. Es gebe vonseiten der Patienten mehr Nachfrage nach kieferorthopädischen Behandlungslösungen, explizit nach Alignern, auch durch Social Media. Entsprechend groß sei der Fortbildungsbedarf bei den Kolleginnen und Kollegen, so Nairizi.
Partner Hochschule Fresenius mit neuem Campus
Diese Lücke wollen die Initiatoren des neuen Studiengangs schließen. In der Hochschule Fresenius haben Dr. Nairizi und ihre Mitstreiter Dr. Udo Windsheimer (Crailsheim), Prof. Dr. iur. Heinrich Hanika (Deidesheim) sowie PD Dr. Dr. Roman Rahimi-Nedjat (Mainz) eine geeignete Partnerin, um den Studiengang zu etablieren. „Wir sehen in diesem Angebot ein relevantes und spannendes Studium”, erklärt Prof. Dr. Thomas Knepper, Vizepräsident der Hochschule Fresenius. Der Studiengang passe zum Leitbild der Hochschule: Lehre, Forschung, Praxis. „Für unsere Hochschule ist dieser Studiengang auch der ideale Einstieg in diesen Bereich durch die Kooperation mit einem sehr guten, renommierten Praxispartner.”
Studiengang verbindet Praxis und Wissenschaft.
Der neue Masterstudiengang vermittelt in insgesamt 18 Modulen, verteilt auf vier Semester, das erforderliche Basiswissen für das Fach, hat aber einen besonderen Fokus auf der digitalen Kieferorthopädie und der Alignertherapie. „Darum ist er auch eine Option für Kieferorthopäden und Kieferorthopädinnen, die ihr Knowhow bei den digitalen Entwicklungen ausbauen und vertiefen wollen”, erklärt Dr. Windsheimer, der wissenschaftliche Leiter der Ibiz academy und Leiter des Studiengangs.
Windheimer berichtete, dass die praktische Anwendung, aber auch die wissenschaftliche Forschung zu Alignern in der Kieferorthopädie im Ausland vielfach weiter sei als in Deutschland. Man wolle den Studierenden auch dieses Fachwissen zugänglich machen. Sowohl er als auch Radlanski bestätigten, dass sie heute die ganz überwiegende Zahl der Fälle mit Alignern behandele. Vieles, was bislang mit Brackets gelöst wurde, sei heute bei entsprechendem Wissen auch mit Alignern möglich. Aber alle Verfahren hätten nach wie vor ihre Berechtigung und seien wichtig. Viele Behandlungen seien zudem interdisziplinär ausgerichtet.
Grundlagenwissen bleibt unabdingbar
Er legte im Gespräch, ebenso wie Nairizi und Radlanski, großen Wert darauf, dass der Studiengang zunächst das wichtige theoretische Wissen für die Kieferorthopädie vermittle. Dies sei die absolut nötige Grundlage für dieses komplexe Thema und auch für die scheinbar einfachere Behandlung mit Alignern unabdingbar.
Online, auf dem Campus Wiesbaden und in der Praxis
Die Module finden sowohl online als auch als Präsenzveranstaltungen auf dem neuen Campus Wiesbaden der Hochschule Fresenius statt. Hinzu kommen Kurse in den Kliniken der Dozierenden. Hier werden gemeinsam klinische Fälle analysiert und Schritt für Schritt behandelt und unter Supervision eigene Fälle diskutiert. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer können so auch verschiedene digitale Tools und Anbieter in der Kieferorthopädie kennenlernen.
Für den Studiengang gibt es keine festen Industriepartner, so Windsheimer. Vielmehr soll den Studierenden so neutral wie möglich die ganze Breite zum Beispiel der Aligner-Anbieter vermittelt werden. Dies sei schon dadurch gegeben, dass die meisten klinischen Dozenten wie er selbst mit verschiedenen Systemen arbeiteten und unterschiedliche Präferenzen hätten.
Interdisziplinärer Ansatz von großem Vorteil für die Praxis
Die Hospitationen vermittelten ebenso wie gegebenenfalls Übungen am Phantomkopf und am Modell die nötigen technischen und manuellen Skills. „Auch die klassischen Brackets werden behandelt und gelehrt“, so Nairizi. Ihr liegt insbesondere der interdisziplinäre Ansatz am Herzen. In vielen anderen Fachgebieten seien kieferorthopädisches Wissen und interdisziplinäres Denken sehr wichtig, so in der Kinderzahnheilkunde, in der Parodontologie und in der Prothetik. Daher könnten Praktikerinnen und Praktiker für ihre gesamte zahnärztliche Arbeit vom Master of Science Kieferorthopädie und Aligner-Therapie profitieren.
Unternehmerisches Denken und Management
Ebenfalls auf dem Lehrplan stehen unternehmerisches Denken und Management. Der Studiengang vermittelt nicht nur aktuelles Wissen über einen bestimmten Bereich der Zahnmedizin: „Die Determinanten für Zahnarztpraxen haben sich in den letzten Jahren deutlich verändert”, sagt Professor Hanika. „Um weiterhin qualitativ hochwertige Leistungen anbieten zu können, müssen Zahnmedizinerinnen und Zahnmediziner unternehmerisch denken und handeln.” Es genüge nicht mehr, so der Rechtswissenschaftler und Dozent im Studiengang, nur auf ein gutes zahnmedizinisches Angebot zu setzen, da allein dadurch eine ertragsreiche Praxis nicht gesichert werden könne. Daher bearbeitet Professor Hanika mit den Studierenden des Studiengangs auch Themen wie etwa Praxismanagement, Gesundheitsökonomie, KI und Robotik, übergreifende digitale Prozesse in der Zahnmedizin und nicht zuletzt auch Rechtsfragen. Einige wissenschaftliche Masterthesen der Studierenden werden solche Aspekte ebenfalls behandeln.
Curricula und Weiterbildungen werden angerechnet
Curricula im Bereich Kieferorthopädie von Fachgesellschaften sowie eine Weiterbildung zum Fachzahnarzt Kieferorthopädie können teilweise oder in Gänze zeitlich angerechnet werden. Darüber hinaus können für die Veranstaltungen im Rahmen des Studiengangs Fortbildungspunkte nach den Richtlinien von DGZMK und BZÄK erlangt werden.
Anmeldung ab sofort möglich, Teilnehmerzahl nicht begrenzt
Die Anmeldung für den Studiengang ist ab sofort auf der Homepage der Hochschule Fresenius möglich. Die Teilnehmerzahl ist nicht begrenzt, so die Initiatoren. Man rechne mit 40 bis 50 Studierenden pro Durchgang. Die Fresenius-Hochschule sei am neuen Campus in Wiesbaden bestens ausgestattet und könnte auch zwei parallele Gruppen betreuen, hieß es Insgesamt zwölf Dozentinnen und Dozenten werden im Masterstudiengang unterrichten. Mehr Informationen dazu gibt es auf der Homepage der Ibiz academy. (MM)