Muss der Zahnarzt ein Loch im Zahn infolge von Karies mit einer Füllung versehen, stehen ihm je nach Indikation verschiedene Füllungsmaterialien zur Verfügung. Eines davon ist Amalgam. „In Deutschland machen Amalgam-Füllungen seit Jahren nur noch einen Anteil von rund 10 Prozent bei der Versorgung von Zähnen mit einer Füllung aus“, veranschaulicht Prof. Dr. Franz-Xaver Reichl, Leiter der Abteilung Dental-Toxikologie an der Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie der Universität München und Leiter des Internationalen Beratungszentrums für die Verträglichkeit von Zahnmaterialien. „Zukünftig wird sich dieser Anteil sogar noch verringern.“
Das hat in erster Linie mit der unbefriedigenden Ästhetik von silberfarbenem Amalgam zu tun. Patienten entscheiden sich heute eher für zahnfarbene Kunststofffüllungen. Zudem ist die Gesamtzahl der Füllungen in Deutschland in den vergangenen Jahren um etwa 40 Prozent zurückgegangen. Denn verstärkte zahnärztliche Prophylaxemaßnahmen haben zu einem deutlichen Rückgang von Karies und zu gesünderen Zähnen und Mund geführt.
Nur defekte Amalgamfüllungen entfernen
Amalgam ist ein Gemisch aus Silber, Kupfer, Zinn und Quecksilber. Es gehört zu den ältesten und am besten erforschten dentalen Werkstoffen. „Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen gibt es keine gesundheitlichen Risiken durch Quecksilber aus Zahnfüllungen für den Körper. Moderne Amalgamfüllungen setzen so gut wie kein Quecksilber im Mund frei“, erklärt Reichl. Daher sollten intakte Amalgamfüllungen auch nicht ohne Anlass entfernt werden. Denn beim Austauschen der Zahnfüllung kann tatsächlich Quecksilber freigesetzt werden.
Bewährt und gut verträglich
Insgesamt konnte bisher keine Studie den Nachweis für die These erbringen, dass Amalgamfüllungen in einem ursächlichen Zusammenhang mit degenerativen Erkrankungen, anderen Erkrankungen oder sonstigen unspezifischen Symptomen stehen. Seltene Effekte wie auch bei anderen Materialien für Füllungen sind zum Beispiel allergische Reaktionen des Körpers. In der Regel vertragen Patienten Amalgamfüllungen mit dem darin enthaltenen Quecksilber problemlos. „Bei der Versorgung von Zähnen sind Allergien durch Kunststoffe bei Patienten heutzutage sogar häufiger zu beobachten als durch verschiedene Metalle“, erklärt Reichl.
Zum vorbeugenden Gesundheitsschutz dürfen Quecksilber enthaltende Amalgamfüllungen laut Quecksilber-Verordnung EU-weit nicht bei Milchzähnen, Kindern unter 15 Jahren und Schwangeren oder Stillenden zum Einsatz kommen. Es sei denn, der Patient weist spezifische medizinische Erfordernisse auf, die eine Füllung der Zähne mit Amalgam zwingend notwendig machen. Da Amalgam sehr belastbar und gut zu verarbeiten ist, findet es insbesondere im Seitenzahnbereich des Gebisses Verwendung – auch für größere und schwer zugängliche Defekte. Im Durchschnitt hält eine Amalgamfüllung länger als zehn Jahre. Vorteil für GKV-Patienten: Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die gesamten Kosten der Zahnfüllung.
Umweltgerechte Entsorgung von Amalgam
Zahnmedizinische Einrichtungen, die Dentalamalgam verwenden beziehungsweise extrahierte Zähne mit Amalgamfüllungen entsorgen, müssen Amalgam und das darin enthaltene Quecksilber fachgerecht beseitigen. Dies gilt auch für das Abwasser einer Praxis.
EU-weit müssen Zahnärzte laut EU-Quecksilber-Verordnung seit dem 1. Januar 2019 mit Amalgam-Abscheidern, also speziellen Geräten zur Rückhaltung und Sammlung von Amalgampartikeln, ausgestattet sein. Diese Amalgam-Entsorgung erstreckt sich auch auf Amalgam-Rückstände im Abwasser einer Praxis. Zudem müssen Zahnärzte sicherstellen, dass die Entsorgung der Amalgam-Abfälle im Rahmen einer Zahnbehandlung durch zugelassene Abfall-Bewirtschaftungsanlagen oder Abfall-Wirtschaftsunternehmen erfolgt. Darüber hinaus dürfen Zahnärzte Amalgam EU-weit nur noch in vordosierter, verkapselter Form bei der Behandlung verwenden und nicht mehr in loser Form. In Deutschland sind Amalgamabscheider bereits seit Anfang der 1990er Jahre für Zahnärzte verpflichtend vorgeschrieben und Amalgam-Abfälle werden gesammelt sowie fachgerecht entsorgt. Dieser Stoffkreislauf schont Abwasser und Umwelt.
Amalgamfüllungen schrittweise verringern
Insgesamt soll die Verwendung von Amalgamfüllungen mit Quecksilber bei Zahnbehandlungen schrittweise verringert werden. Umgesetzt wird dies durch verstärkte zahnmedizinische Vorsorge und der daraus hervorgehenden besseren Mundgesundheit der Bevölkerung sowie Einschränkung der Nutzung von Amalgamfüllungen bei bestimmten Personengruppen. Darüber hinaus hat die EU-Kommission angekündigt, im Jahr 2022 einen Gesetzentwurf vorzulegen, der einen Ausstieg aus der Nutzung von Dentalamalgam festlegt. „Die Europäische Union will die Verwendung von Amalgam vor allem aus Gründen des Umweltschutzes einschränken", schlussfolgert Reichl.