Derzeit wird implantatgetragener festsitzender Zahnersatz überwiegend aus Materialien wie Metallkeramik und Zirkonoxid gefertigt. Diese beiden Materialien weisen jedoch typische Schwachpunkte auf. Ein Abplatzen der Verblendkeramik, ein sprödes Bruchverhalten, eine verminderte Ästhetik durch sichtbares Metall oder kontaktallergische Reaktionen auf die Metalllegierung werden beobachtet.
Einsatz für Hochleistungspolymere
Angesichts der Materialeigenschaften und des zunehmenden Patientenwunsches nach metallfreien Restaurationen rücken Hochleistungspolymere als Alternative in den Vordergrund. Ein neuer Ansatzpunkt in der implantatgetragenen Prothetik ist die Verwendung von thermoplastischen Materialien, unter anderem aus der Werkstoffklasse der Polyaryletherketone (PAEK), die eine Reihe von Untergruppen beinhaltet. Polyetheretherketon (PEEK) und Polyetherketonketon (PEKK) sind die bekanntesten Vertreter. Sie unterscheiden sich durch die Anzahl der Ether- bzw. Ketogruppen. Hervorragende mechanische Eigenschaften und hohe Biokompatibilität erweitern ihren Einsatzbereich. Zu den prothetischen Indikationen zählen bisweilen Gerüste für festsitzenden und herausnehmbaren Zahnersatz, Klammern, Implantate, Abutments und provisorische Versorgungen.
Eignung für festsitzende Versorgungen im Fokus
Das Team der Werkstoffkundeforschung der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik des Klinikums der LMU hat Untersuchungen zur Stabilität von PEEK als Gerüstmaterial für implantatgetragenen Zahnersatz durchgeführt. Im März 2022 wurden die Ergebnisse im „Journal of the Mechanical Behavior of Biomedical Materials“ veröffentlicht. Das Hauptaugenmerk dieser Untersuchung lag auf den Bruchlastwerten von festsitzendem Zahnersatz. Aus zwei unterschiedlich gefüllten PEEK-Materialien (ca. 20 Prozent und 30 Prozent anorganische TiO2-Füllstoffe) wurden Brückengerüste hergestellt und mit drei verschiedenen Techniken verblendet. Die Bruchlast wurde vor und nach künstlicher Alterung untersucht.
Die Untersuchung
Die Gerüste aus PEEK mit ca. 20 Prozent Füllstoffanteil wurden aus Rohlingen gefräst (n=60, BioHPP, bredent), die Gerüste aus PEEK mit ca. 30 Prozent Füllstoffanteil wurden aus PEEK Pellets und Granulat gepresst (n=60, experimentelles BioHPP, bredent). Die viergliedrigen Brücken mit Freiendglied wurden vom ersten Prämolaren bis zum zweiten Molaren gefertigt. Der erste Prämolar und erste Molar dienten dabei als implantatgestützte Pfeiler. Im Bereich des zweiten Prämolaren und des zweiten Molaren wurden ein Brücken- bzw. Freiendglied konstruiert (siehe Abbildung 1).
Die hier vorgestellten Ergebnisse stützen sich auf die folgende Untersuchung: Micovic Soldatovic D, Liebermann A, Huth K, Stawarczyk B. Fracture load of different veneered and implant-supported 4-UNIT cantilever PEEK fixed dental prostheses. J Mech Behav Biomed Mater. 2022;129:105173. doi:10.1016/j.jmbbm.2022.105173.
Im Hinblick auf die optischen Eigenschaften erscheint PEEK opak und ist für monolithische Restaurationen aus ästhetischen Gesichtspunkten ungeeignet. Die notwendige Verblendung von PEEK- Gerüsten erfolgt vorwiegend mit Kompositen. Unterschiedliche Vorgehensweisen sind dabei möglich. In dieser Untersuchung wurden drei Verblendtechniken von PEEK- Gerüsten untersucht: (1) konventionelle Verblendung, (2) digitale Verblendung und (3) vorgefertigte Verblendungen.
Die Durchführung
Die formkongruenten viergliedrigen Brücken wurden hochglanzpoliert und anschließend adhäsiv auf den Titanabutments befestigt. Die Hälfte jeder Untergruppe (pro Gerüstwerkstoff und Verblendtechnik) wurde initial untersucht, während die andere Hälfte im Kausimulator (SD Mechatronik, Feldkirchen-Westerham, Deutschland) künstlich gealtert wurde, um eine klinische Verwendung von etwa fünf Jahren zu simulieren. Die Bruchlastmessungen wurden in einer Universalprüfmaschine (Zwick1445, Zwick/Roell, Ulm, Deutschland) durchgeführt, indem eine vertikale Kraft mit einer Traversengeschwindigkeit von 1 mm/min aufgebracht wurde. Ein Abfall von 10 Prozent unter der Höchstlast wurde als Versagenskriterium definiert. Während der Alterung und der Bruchlastmessungen wurden speziell entwickelte Antagonisten eingesetzt, um die Last auf jede Einheit der viergliedrigen Brücke zu übertragen.
Die Ergebnisse der Untersuchung verdeutlichen, dass sowohl der Füllstoffgehalt im PEEK-Material als auch die Verblendtechnik die Bruchlastwerte beeinflussen. PEEK mit einem Füllstoffgehalt von 30 Prozent erzielte höhere Bruchlastwerte als PEEK mit einem Füllstoffgehalt von 20 Prozent. Hinsichtlich der Verblendtechniken erwies sich die Verwendung von vorgefertigten Veneers als am belastbarsten, gefolgt von der digitalen und der konventionellen Verblendung.
Untersuchung der Frakturen
Anschließend wurden die Frakturtypen mit einem Digitalmikroskop (Keyence, Osaka, Japan) analysiert. Das Frakturmuster wurde als vollständig (sowohl Gerüst- als auch Verblendmaterial frakturiert), adhäsiv (Fraktur zwischen Gerüst- und Verblendmaterial) und kohäsiv (Fraktur innerhalb des Verblendmaterials) klassifiziert. Es wurden jedoch keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen festgestellt.
Die vorgelegten Ergebnisse zeigen, dass implantatgetragene viergliedrige Freiendbrücken aus PEEK mit einem höherem Füllstoffgehalt eine höhere mechanische Stabilität erreichen. Die Wahl der Verblendtechnik beeinflusst die Bruchlastwerte erheblich und wirkt sich damit auf die Langzeitstabilität der Restauration aus.
Fazit
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine Erweiterung des Indikationsbereichs von PEEK-Compounden (siehe Freiendbrückenglied in dieser Untersuchung) denkbar ist. Alle implantatgetragenen PEEK-Freiendbrücken durchliefen die künstliche Alterung der Kausimulation ohne Einbußen in ihrer mechanischen Stabilität. Die vielversprechenden Eigenschaften von PEEK-Compounden deuten auf ein umfassenderes Einsatzspektrum in der modernen Prothetik hin. Weiterführende Untersuchungen sind hier notwendig.