Seiten: 419, Sprache: DeutschHaessler, D. / Zöller, Joachim E.Das Ziel kieferchirurgisch-implantatprothetischer Rekonstruktionen ist bei hoch- und höchstgradigen Kieferkamm- und Kieferbasisatrophien im Oberkiefer die dentoalveoläre Rekonstruktion. Es soll die Frage beantwortet werden, bis zu welchem Atrophiegrad lokale, augmentative Maßnahmen ausreichen oder ab welcher Kieferkammresthöhe eine knöcherne vertikale Rekonstruktion des Oberkiefers zur Verminderung der interalveolären Distanz notwendig wird. Um biomechanische Nachteile infolge ungünstiger Hebelwirkung mit frühzeitigem Implantatverlust durch Überlastung der Implantat-Knochen-Grenze zu vermeiden, ist es erforderlich, orientierende Parameter zur Indikation sowohl für die beidseitige Sinusliftoperation als auch für die Le-Fort-I-Operation mit Beckenknocheninterponat zu beachten. Nach unserer Erfahrung wird bei einer Kieferkammresthöhe im Seitenzahnbereich von weniger als 5 mm und einer vertikalen Knochenausdehnung anterior von weniger als 10 mm eine Kaudalisierung der Oberkieferbasis mit Beckenknocheninterponat notwendig. Hierdurch werden die Voraussetzungen geschaffen, um neben der Insertionsmöglichkeit einer ausreichenden Implantatlänge von im Minimum 13 mm eine Verminderung der Hebelwirkung der Suprakonstruktion zu erzielen. Stehen vertikal mehr als 5 mm im Seitenzahnbereich und mehr als 10 mm im Frontzahnbereich an implantationsfähiger Knochenhöhe zur Verfügung, kann durch eine Sinusliftoperation und durch periimplantäre Augmentationsplastiken ein ausreichendes Knochenlager geschaffen werden. Aufgrund unserer Ergebnisse wird empfohlen, sowohl bei der subantralen Augmentation mit Knochenersatzmaterialien als auch bei der Augmentation mit kortikospongiösen Blocktransplantaten aus dem Beckenkamm oder dem Kinnbereich die Implantation erst sekundär durchzuführen. Während des Zweiteingriffs können zusätzliche Extensionsplastiken wie z. B. Bone-Splitting oder Onlayplastiken eingesetzt werden, um die Implantatposition entsprechend den prothetischen Erfordernissen zu optimieren. Die Phase der allmählichen Implantatbelastung sollte genutzt werden, um die vertikale Kieferrelation mit Hilfe der Interimsprothetik schrittweise der natürlichen Physiognomie anzupassen. Die gleichzeitig erzielbare, implantatprothetische Unterstützung der Oberlippe führt zur Verbesserung der extraoralen Ästhetik.
Schlagwörter: Sinusliftoperation, Le-Fort-I-Operation, Implantatprothetik, Hydroxylapatit, allmähliche Implantatbelastung