OriginalarbeitSprache: DeutschDer spätantike Arzt Caelius Aurelianus berichtet, Herophilos von Chalcedon und Herakleides von Tarent, zwei hochangesehene Autoritäten der antiken Heilkunst, hätten darauf hingewiesen, dass Menschen an der Extraktion eines Zahnes versterben können. Da es sich hier kaum um die hinlänglich bekannten Risiken jedes chirurgischen Eingriffes am menschlichen Körper handeln dürfte, muss ein besonders dramatischer Behandlungszwischenfall gemeint sein. Vieles spricht dafür, dass hier ein früher Hinweis auf das so genannte Buddenbrook-Syndrom vorliegt. Kardial bedingte Schmerzen projizieren sich in den Kinn- und Kieferbereich, besonders den linken Unterkiefer. Der Betroffene sucht einen Zahnarzt auf, der eine Behandlung vornimmt, in deren Verlauf oder Folge der Patient unvorhergesehener Weise verstirbt. Der Begriff "Buddenbrook-Syndrom" zählt infolge seiner Herleitung von Thomas Buddenbrook, der bekannten Romanfigur Thomas Manns, zu den so genannten literarischen Syndromen, ist aber hauptsächlich auf den deutschsprachigen Raum beschränkt. Caelius Aurelianus wendet sich offensichtlich einerseits gegen einen übereilten zahnärztlichen Aktionismus. Vor allem aber dient sein Verweis auf die herausragenden Autoritäten dazu, den Zahnarzt vor möglichen Vorwürfen bei tödlichen Behandlungszwischenfällen zu schützen.