ÜbersichtenDOI: 10.3238/dzz.2014.0658Sprache: DeutschHannig, M. / Hannig, C. / Rupf, S. / Wolff, D. / Kensche, A.Die Aggregation von Mikroorganismen zu komplexen symbiotischen Gemeinschaften in Form der Biofilme gilt allgemein als die erfolgreichste mikrobielle (Über-)Lebensform [22, 33]. Der Begriff "Biofilm" bezeichnet das an Oberflächen bzw. an Grenzflächen auftretende Vorkommen adhärenter mikrobieller Populationen, eingebettet in eine extrazelluläre polymere Matrix. Diese wird zu großen Teilen von den Mikroorganismen selbst synthetisiert und besteht aus Polysacchariden, Proteinen, Glycolipiden sowie bakterieller DNA. Die individuelle Zusammensetzung der Biofilmmatrix variiert entsprechend der vorhandenen Mikroorganismen und Umweltbedingungen, ist jedoch essenzielle Voraussetzung für die Bildung einer dynamischen, dreidimensionalen Biofilmstruktur. Die Bildung der extrazellulären Matrix ermöglicht den Mikroorganismen sowohl die feste Adhäsion an Oberflächen als auch die intermikrobielle Kohäsion als Grundlage der Bildung synergistischer Mikrokolonien. Bakterien im Biofilm weisen phänotypische Charakteristika auf, die sich von denen der planktonischen Lebensform deutlich unterscheiden. Verglichen mit ihrer planktonischen Lebensform profitieren die Mikroorganismen im immobilisierten Zustand des Biofilms von einer erhöhten Retention metabolisch relevanter Komponenten wie Enzymen und Nährstoffen im Biofilm, was ihnen eine erhöhte Flexibilität im Hinblick auf das oftmals stark variierende Substratangebot verleiht. Darüber hinaus haben diverse Studien gezeigt, dass die Organisation prokaryontischer Zellen in Biofilmen ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber pH-Wert-Schwankungen, antibakteriellen Agenzien (Antibiotika, Desinfizentien) und mechanischen Abscherkräften erhöht [39, 133]. Da Bakterien an allen Grenzflächen adhärieren können, sofern Wasser und Nährstoffe vorhanden sind, ist die Biofilmbildung ubiquitär. Genetische Regulations- und Selektionsmechanismen ermöglichen prokaryontischen Zellen eine bemerkenswerte Adaptationsfähigkeit in Abhängigkeit von den Umweltbedingungen. Darüber hinaus zeigen Biofilme entsprechend der besonderen Merkmale des besiedelten Lebensraumes (Temperatur, Sauerstoff, Abscherkräfte) charakteristische strukturelle Anpassungsmechanismen. Dies hat erhebliche Konsequenzen für die Medizin und Zahnmedizin, aber auch die Werkstoff- und Ingenieurwissenschaften. So ist beispielsweise die Oberflächenmodifikation verschiedener medizinisch relevanter Implantatmaterialien nach wie vor Schwerpunkt zahlreicher kostenintensiver Studien [34, 111].
Schlagwörter: Biofilm, Karies, orales Mikrobiom, mikrobielle Diversität.