Seiten: 139-155, Sprache: DeutschChristgau, MichaelEine ÜbersichtGingivale Rezessionen sind bei einem großen Anteil unserer Patienten vorzufinden. Neben anderen möglichen ätiologischen Faktoren wird eine traumatische Zahnputztechnik als die Hauptursache für ihre Entstehung angesehen, insbesondere, wenn ein dünner parodontaler Biotyp vorliegt. Auch wenn gingivale Rezessionen in der Regel nicht die Prognose der betroffenen Zähne gefährden, verursachen sie dennoch ästhetische Probleme, Hypersensibilitäten sowie mögliche Zahnhartsubstanzverluste im zervikalen Bereich. Das Ziel der plastischen Deckung von Rezessionen ist die Schaffung einer gesunden, langfristig stabilen und ästhetisch ansprechenden Weichgewebesituation mit einer möglichst vollständigen Wurzelbedeckung bei gleichzeitig guter Farbanpassung an das umliegende Gewebe, harmonischem Gingivaverlauf und Ausbleiben von sichtbarem Narbengewebe. In der Vergangenheit wurden zahlreiche Therapieverfahren für die plastische Deckung von Rezessionen beschrieben, wobei Verschiebelappentechniken sehr früh eine zentrale Bedeutung erlangten. Alle derzeit verfügbaren systematischen Übersichtsarbeiten zeigen, dass bei der Behandlung von singulären Rezessionen der koronale Verschiebelappen (KVL) das effektivste Verfahren darstellt. Darüber hinaus können die Ergebnisse noch signifikant verbessert werden, wenn zusätzlich ein autologes subepitheliales Bindegewebetransplantat (BGT) oder Schmelz-Matrix-Proteine (SMP) verwendet werden. Auf dem heutigen Stand der Wissenschaft gilt die Kombination von koronalem Verschiebelappen mit einem Bindegewebetransplantat als der Goldstandard bei der Deckung singulärer Rezessionen mit Verschiebelappen. Dieses Verfahren ermöglicht im Vergleich zu allen anderen Verfahren die höchste Rate an kompletten Wurzeldeckungen und die mit Abstand beste Langzeitstabilität der Heilungsergebnisse. Für die Therapie der sehr häufig anzutreffenden multiplen benachbarten Rezessionen fällt die vorhandene wissenschaftliche Evidenz bisher deutlich geringer aus. Aber auch hier deutet vieles darauf hin, dass neben den Tunneltechniken der koronale Verschiebelappen, idealerweise auch wieder in Kombination mit einem autologen Bindgewebetransplantat, vorhersagbare und ästhetisch ansprechende Ergebnisse liefert, insbesondere, wenn auf vertikale Inzisionen verzichtet werden kann. Der Ersatz der Bindgewebetransplantate durch xenogene Kollagenmatrices verkürzt zwar die Operationszeit und reduziert auch die Morbidität für die Patienten durch den Wegfall der Transplantatentnahme am Gaumen, jedoch konnten mit den verfügbaren Kollagenmaterialien bisher noch nicht ähnlich gute und stabile Resultate erzielt werden wie mit den autologen Bindgewebetransplantaten.
Schlagwörter: plastische Parodontalchirurgie, gingivale Rezessionen, Verschiebelappen, Review