Seiten: 24-26, Sprache: DeutschSchütt, Sabine / von Baehr, VolkerMöglichkeiten der LabordiagnostikLokale Entzündungen im Mund-Kieferbereich bleiben oft lange Zeit unerkannt. Das liegt nicht nur an der ungenügenden Darstellung in konventionellen Röntgenbildern, sondern auch an den Besonderheiten des Immunsystems in der Mundhöhlen- und Kieferregion. Die Mundhöhle hat zwar aufgrund der prädestinierten Lage als Haupteintrittspforte für Fremdantigene eine ausgeprägte immunologische Kontrollfunktion (große regionale Lymphknotenansammlungen), zeigt aber lokal eine geringe inflammatorische Potenz. Entzündungsläsionen v. a. an den Zahnwurzeln aber auch im Kieferknochen bleiben daher oft lange Zeit schmerzfrei, sind mit eher geringen Schwellungen assoziiert, werden durch Granulationsgewebe räumlich begrenzt und zumindest teilweise abgekapselt. Derartige, oft lange Zeit tolerierte, Entzündungsläsionen können am vitalen Zahn entstehen, häufiger sind sie jedoch an oder in der Nähe devitaler Zähne zu finden, denn in totem Gewebe laufen keine geregelten immunologischen Abwehrmechanismen ab. Zudem stellt der devitale Zahn selbst die Quelle der entzündungsauslösenden Bakterien und ihrer Stoffwechselprodukte dar. Die Tatsache, dass die Entzündungsherde für den Patienten schmerzfrei und tolerabel sind, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch diese Entzündungsherde Quelle und Trigger einer latenten systemischen Entzündung sein können. In diesem Zusammenhang spricht man meist von "silent inflammation". Die immer wieder kritisch geführten Diskussionen über "Herderkrankungen" müssen insofern unter einem neuen Gesichtspunkt betrachtet werden.